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Bearbeitung, zuletzt am 11.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 5A_623/2021 vom 19.05.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
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5A_623/2021
 
 
Urteil vom 19. Mai 2022
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter von Werdt, Bovey,
 
Gerichtsschreiber Buss.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Betreibungsamt Emmental-Oberaargau, Dienststelle Emmental, Dunantstrasse 7C, 3400 Burgdorf.
 
Gegenstand
 
Zustellung von Zahlungsbefehlen,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
 
des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs-
 
und Konkurssachen, vom 21. Juli 2021 (ABS 21 161).
 
 
 
Erwägung 1
 
A.________ wird für ausstehende Krankenversicherungsprämien und Kostenbeteiligungen betrieben. Gemäss Zustellzeugnis auf den einschlägigen Betreibungsurkunden konnten ihm am 26. April 2021 persönlich zwei Zahlungsbefehle (Nrn. xxx und yyy) des Betreibungsamtes Emmental-Oberaargau zugestellt werden.
A.________ erhob am 12. Mai 2021 Rechtsvorschlag. Mit Verfügung vom 12. Mai 2021 wies das Betreibungsamt den Rechtsvorschlag in den beiden Betreibungen als verspätet zurück.
Mit Eingabe vom 24. Mai 2021 (Postaufgabe am 25. Mai 2021) gelangte A.________ an die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen des Kantons Bern. Er beantragte die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die gültige Erfassung seines Rechtsvorschlages. Sodann verlangte er, dass ihm in Zukunft Zahlungsbefehle in einem neutralen Couvert per Einschreiben zugestellt werden und verlangte die Streichung der Zahlungsbefehlskosten. Mit Entscheid vom 21. Juli 2021 wies die Aufsichtsbehörde die Beschwerde und das Gesuch um Wiederherstellung der Rechtsvorschlagsfrist ab.
Mit Eingabe vom 5. August 2021 (Postaufgabe) hat A.________ Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Der Beschwerdeführer beantragt darin die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und erneuert seine im kantonalen Verfahren gestellten Begehren. Die Vorinstanz und das Betreibungsamt haben auf die Einreichung einer Vernehmlassung verzichtet.
 
Erwägung 2
 
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Die beschwerdeführende Partei hat dazu in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheides massgeblichen Erwägungen plausibel aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2, 115 E. 2). Vor Bundesgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
 
Erwägung 3
 
Die Vorinstanz hat erwogen, angefochten seien die beiden Rückweisungsverfügungen des Betreibungsamts vom 12. Mai 2021, die der Beschwerdeführer seiner Beschwerde beigelegt habe. Hingegen substanziiere der Beschwerdeführer nicht weiter, gegen welche anderen Handlungen des Betreibungsamts sich seine Beschwerde richte. Auf Rügen gegen nicht näher spezifizierte (frühere) Bedarfsrechnungen sei nicht einzutreten. Soweit die Beschwerde im Übrigen an die Hand zu nehmen sei, erweise sie sich als unbegründet. Die offene Übergabe des Zahlungsbefehls sei laut Gesetz nicht nur zulässig, sondern erforderlich, damit die ordnungsgemässe Zustellung bewiesen werden und der Schuldner sogleich gegenüber dem zustellenden Postbeamten Rechtsvorschlag erheben könne. Die offene Zustellung beruhe folglich auf sachlich begründeten Formvorschriften, weshalb sie vom Schuldner zu dulden sei und keine Verletzung von Persönlichkeitsrechten darstelle. Solche Unannehmlichkeiten lägen vielmehr im Wesen der Zwangsvollstreckung. Soweit der Beschwerdeführer eine andere Form der Zustellung wünsche (diskret, in neutralem Couvert), sei sein Begehren abzuweisen. Sodann komme der Zustellbescheinigung auf dem Zahlungsbefehl für ihren Inhalt solange volle Beweiskraft zu, als der Nachweis ihrer inhaltlichen Unrichtigkeit nicht erbracht werden könne. Insofern statuiere das Gesetz eine Vermutung, welche nur durch den Beweis des Gegenteils im Sinne eines Hauptbeweises umgestossen werden könne. Vorliegend lägen den gesetzlichen Erfordernissen von Art. 72 Abs. 2 SchKG entsprechende Zustellzeugnisse vor und die Sendungsverfolgung der Schweizerischen Post lasse ebenfalls eine Zustellung am 26. April 2021 erkennen. Diesen Beweis vermöge der Beschwerdeführer nicht umzustossen. Die Vorbringen des Beschwerdeführers würden sich in der unbelegten Behauptung erschöpfen, er sei zum Zeitpunkt der Zustellung abwesend gewesen und habe die Zahlungsbefehle im Briefkasten vorgefunden. Der Beschwerdeführer habe auch keine weiteren Beweismittel angeboten, mit denen eine fehlerhafte Zustellung dargetan werden könnte. Namentlich habe er nicht durch Zeugen oder Urkunden belegt, an welchem (anderen) Ort er sich zum Zeitpunkt der Zustellung aufgehalten habe. Eine fehlerhafte Zustellung sei damit nicht bewiesen. Nachdem keine Zustellmängel erkennbar seien, bleibe unerfindlich, warum das Betreibungsamt die Betreibungskosten übernehmen sollte.
 
Erwägung 4
 
Wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten und das Bundesgericht dem Beschwerdeführer überdies bereits in einem früheren Verfahren erörtert hat, muss, wer die Zustellbescheinigung auf dem Zahlungsbefehl bestreitet, beweisen, dass diese inhaltlich unrichtig ist (Urteil 5A_418/2017 vom 31. Januar 2018 E. 3.2 mit Hinweisen). Vorliegend räumt der Beschwerdeführer jedoch selbst ein, dass sich seine Ausführungen betreffend die angeblich nicht erfolgte offene Übergabe der Zahlungsbefehle in unbelegten Behauptungen erschöpft haben. Soweit der Beschwerdeführer nun erstmals vor Bundesgericht (und damit ohnehin verspätet) geltend macht, er sei am 25. Mai 2021 ortsabwesend gewesen, ist dies für das vorliegende Verfahren nicht relevant, weil die Zustellung der Zahlungsbefehle Nrn. xxx und yyy gemäss Zustellbescheinigung am 26. April 2021 stattgefunden hat. Auch eine sachbezogene Auseinandersetzung mit den übrigen Erwägungen des angefochtenen Entscheids erfolgt nicht. Stattdessen schildert der Beschwerdeführer seine persönliche, gesundheitliche und finanzielle Situation.
 
Erwägung 5
 
Nach dem Gesagten enthält die Beschwerde keine hinreichende Begründung, weshalb auf sie nicht eingetreten werden kann. Ausnahmsweise rechtfertigt es sich, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Das sinngemässe Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird damit gegenstandslos.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird als gegenstandslos abgeschrieben.
 
4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Betreibungsamt Emmental-Oberaargau und dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 19. Mai 2022
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Escher
 
Der Gerichtsschreiber: Buss