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Bearbeitung, zuletzt am 04.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 6B_569/2022 vom 25.05.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
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6B_569/2022
 
 
Urteil vom 25. Mai 2022
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied,
 
Gerichtsschreiberin Frey Krieger.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
 
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Nichtanhandnahme (versuchter Betrug usw.); Nichteintreten,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 30. März 2022 (SBK.2022.17).
 
 
Das präsidierende Mitglied zieht in Erwägung:
 
 
1.
 
1.1. Am 6. März 2020 verfügte die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer wegen Sachbeschädigung, Vergehen gegen das Waffengesetz und Übertretung des Waffengesetzes sowie die Weiterleitung von sichergestellten Gegenständen (namentlich der Armeepistole des Beschwerdeführers) an die Fachstelle SIWAS der Kantonspolizei Aargau zur Durchführung des Verfahrens nach Art. 31 des Waffengesetzes (WG) i.V.m. Art. 54 der Waffenverordnung (WV).
 
Mit Strafbefehl vom 13. Mai 2020 verurteilte die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau den Beschwerdeführer wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte zu einer Geldstrafe.
 
Am 4. November 2020 verfügte die Fachstelle SIWAS u.a. die Beschlagnahme und Einziehung der sichergestellten Waffe mit Munition, kündigte deren Verwertung sowie eine Rechnungsstellung in der Höhe von Fr. 200.-- für die Aufbewahrung an. Mit Abrechnung vom 8. September 2021 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, zwecks Überweisung des Erlöses aus dem Verkauf der eingezogenen Waffe von Fr. 700.--, abzüglich Aufwänden von Fr. 235.--, eine Bankverbindung anzugeben.
 
1.2. Am 9. November 2021 erstattete der Beschwerdeführer bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen das Polizeikommando Aargau, Fachstelle SIWAS, Aarau, und gegen B.________, c/o PKO Fachstelle SIWAS, Aarau, wegen illegalen Waffenhandels und versuchten Betrugs. Die Bundesanwaltschaft leitete die Strafanzeige an die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau weiter, welche am 5. Januar 2022 die Nichtanhandnahme des Strafverfahrens verfügte. Mit Entscheid vom 30. März 2022 wies die Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des Kantons Aargau die vom Beschwerdeführer gegen die Nichtanhandnahmeverfügung erhobene Beschwerde ab.
 
Der Beschwerdeführer wendet sich an das Bundesgericht und beantragt im Wesentlichen, sowohl der Strafbefehl vom 13. Mai 2020 als auch der "Waffeneinzug" seien aufzuheben und seine Waffe sei "zu verschrotten". Dies mit der Begründung, dass es keine Drohung und Gewalt bzw. keine rechtlich haltbare Begründung für einen "Waffeneinzug" gegeben habe und er vor dem von der Fachstelle SIWAS gefällten Entscheid unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, seine Waffe "verschrotten lassen" zu wollen.
 
2.
 
Anfechtungsobjekt im bundesgerichtlichen Verfahren ist ausschliesslich der angefochtene Entscheid der Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des Kantons Aargau vom 30. März 2022 (Art. 80 Abs. 1 BGG). Nicht zu hören ist daher die inhaltliche Kritik des Beschwerdeführers am Strafbefehl vom 13. Mai 2020, mit welchem er wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte zur Bezahlung einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Fragen zur Rechtmässigkeit der per 4. November 2020 von der Fachstelle SIWAS erlassenen Verfügung wären auf dem verwaltungsrechtlichen Weg zu beurteilen gewesen.
 
 
3.
 
3.1. Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ist der Privatkläger zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung seiner Zivilansprüche auswirken kann. Richtet sich die Beschwerde gegen die Einstellung oder Nichtanhandnahme eines Verfahrens, hat der Privatkläger nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden Zivilansprüche geltend gemacht. In jedem Fall muss der Privatkläger indes im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderung auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderung es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen).
 
Als Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. In erster Linie handelt es sich um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR. Nicht in diese Kategorie gehören Ansprüche, die sich aus öffentlichem Recht ergeben. Öffentlich-rechtliche Ansprüche, auch solche aus öffentlichem Staatshaftungsrecht, können nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden und zählen nicht zu den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG.
 
Die Person, die einen Strafantrag stellt, ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 6 BGG).
 
3.2. Der Beschwerdeführer will "seine Waffe", welche zwischenzeitlich verwertet worden ist, "verschrottet wissen". Dies genügt zur Begründung der Legitimation im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG von vornherein nicht (Art. 42 Abs. 2 BGG). Entscheidend ist indessen ohnehin, dass dem Beschwerdeführer keine Zivilansprüche zustehen, die er adhäsionsweise im Strafverfahren geltend machen könnte. Die von ihm erhobenen Vorwürfe richten sich gegen B.________ von der Fachstelle SIWAS und damit gegen eine Amtsperson wegen angeblich im Amt verübter Delikte. Allfällige Ansprüche gegen Amtspersonen beurteilen sich ausschliesslich nach dem kantonalen Haftungsgesetz und sind deshalb öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. § 1 Abs. 1 des Haftungsgesetzes vom 24. März 2009 [Haftungsgesetz/AG; SAR 150.200]; § 75 der kantonalen Verfassung vom 25. Juni 1980 [SAR 110.000]). Die erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe können sich allenfalls auf öffentlich-rechtliche (Staatshaftungs-) Ansprüche auswirken, nicht aber auf Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG. Der Beschwerdeführer ist in der Sache folglich nicht zur Beschwerde befugt.
 
Bei den zur Anzeige gebrachten Vorwürfen handelt es sich nicht um Antragsdelikte. Eine Beschwerdelegitimation gestützt auf Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 6 BGG fällt daher ausser Betracht, da es nicht um das Strafantragsrecht als solches geht bzw. gehen kann.
 
3.3. Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann der Privatkläger die Verletzung jener Parteirechte geltend machen, die ihm nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung bedeutet. Zulässig sind nur Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht zu hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (sog. "Star-Praxis"; BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5 mit Hinweisen).
 
Anhand des Vorbringens des Beschwerdeführers einer ungenügenden Rechtsmittelbelehrung lässt sich keine Gehörs- oder sonstige Verfassungsverletzung erkennen. Der Beschwerdeführer war in der Lage, den angefochtenen Entscheid rechtzeitig bei der zuständigen Instanz, dem Bundesgericht, anzufechten. Inwiefern ihm aus der angeblich mangelhaften Rechtsmittelbelehrung ein Nachteil erwachsen sein soll, legt er nicht dar. Insofern der Beschwerdeführer eine Gehörsverletzung im Zusammenhang mit der in Rechtskraft erwachsenen Verfügung vom 4. November 2020 geltend macht, ist darauf im vorliegenden Verfahren nicht weiter einzugehen (vgl. oben E. 2).
 
4.
 
Auf die Beschwerde ist mangels Legitimation und wegen ungenügender Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG, Art. 106 Abs. 2 BGG) im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 25. Mai 2022
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Denys
 
Die Gerichtsschreiberin: Frey Krieger