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BGer 8C_624/2021 vom 01.06.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
[img]
 
 
8C_624/2021
 
 
Urteil vom 1. Juni 2022
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
 
Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Abrecht,
 
Gerichtsschreiberin Durizzo.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch B.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich,
 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Hilflosenentschädigung),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Juni 2021 (IV.2020.00207).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. A.________, geboren 2000, wurde von seinen Eltern erstmals im Juni 2004 unter Hinweis auf eine Hirnentwicklungsstörung sowie eine Ataxie bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet. Die Familie war am 23. März 2003 in die Schweiz eingereist und stellte hier ein Asylgesuch. Mit Verfügung vom 12. August 2004 lehnte die IV-Stelle des Kantons Zürich einen Anspruch auf die anbegehrte Früherziehung sowie auf medizinische Massnahmen unter Hinweis auf den fehlenden Versicherungsschutz (ausländische Staatsangehörigkeit: Russland/Tschetschenien) und die bereits vor der Einreise in die Schweiz indiziert gewesenen Massnahmen ab.
A.b. Im Mai 2008 erfolgte eine Neuanmeldung unter Hinweis auf die zwischenzeitliche Anerkennung als Flüchtling. Die IV-Stelle lehnte einen Anspruch auf Hilflosenentschädigung am 27. Januar 2009 sowie, nach erneuter Anmeldung im Juni 2012, am 30. Mai 2013 verfügungsweise ab.
A.c. Nach einer weiteren Anmeldung im Januar 2018 sprach die IV-Stelle A.________ am 20. Juni 2018 ab 1. März 2018 eine ausserordentliche ganze Invalidenrente zu.
A.d. Am 12. Dezember 2019 hob die IV-Stelle die beiden Verfügungen vom 27. Januar 2009 und vom 30. Mai 2013, mit denen sie einen Anspruch auf Hilflosenentschädigung abgelehnt hatte, wiedererwägungsweise auf. Mit Verfügung vom 21. Februar 2020 gewährte sie für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 28. Februar 2018 eine Hilflosenentschädigung für Minderjährige wegen Hilflosigkeit mittelschweren Grades.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 29. Juni 2021 teilweise gut und setzte den Anspruchsbeginn für die von der IV-Stelle zugesprochene Hilflosenentschädigung für Minderjährige auf den 1. Januar 2017 fest.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, die Hilflosenentschädigung für Minderjährige sei ihm bereits ab 1. Januar 2008, eventualiter ab 1. Januar 2013 zuzusprechen. Des Weiteren wird um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersucht.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen).
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4).
2.
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie den Anspruchsbeginn für die Hilflosenentschädigung bei einer Hilflosigkeit mittleren Grades erst auf den 1. Januar 2017 festsetzte. Zur Frage steht dabei, ob der minderjährige ausländische Gesuchsteller bereits zu einem früheren Zeitpunkt die versicherungsmässigen Voraussetzungen erfüllte und, falls ja, inwieweit ein Anspruch auf Nachzahlung besteht.
3.
Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem hier angefochtenen Urteil zugrundeliegende Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar.
 
Erwägung 4
 
4.1. Das kantonale Gericht hat die Bestimmung über den Anspruch auf Hilflosenentschädigung (Art. 42 IVG) zutreffend dargelegt.
Hervorzuheben sind die Spezialbestimmungen des gestützt auf Art. 24 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention, FK; SR 0.142.30) beziehungsweise auf Art. 34quater aBV (heute: Art. 112 BV) erlassenen Bundesbeschlusses über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und Staatenlosen in der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (SR 831.131.11; BGE 136 V 33 E. 3.2). Danach sind Flüchtlinge mit Wohnsitz und Aufenthalt in der Schweiz in Bezug auf die Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung Schweizer Bürgern gleichgestellt (Art. 1 Abs. 1). Praxisgemäss wird für die Anwendung dieser Bestimmung ein positiver Asylentscheid verlangt (BGE 115 V 4 E. 2a). Eine Aberkennung zieht den Übergang vom Flüchtlings- zum Ausländerstatus nach sich, das heisst, es müssen für die Leistungsberechtigung die für (minderjährige) ausländische Staatsangehörige vorgesehenen versicherungsmässigen Voraussetzungen nach den von der Vorinstanz zutreffend dargelegten Art. 6 Abs. 3, Art. 9 Abs. 3 sowie Art. 42bis Abs. 2 IVG erfüllt sein (ZAK 1987 S. 161 ff. E. 2b; Urteil I 470/97 vom 13. Januar 1999 E. 2; Edgar Imhof, Ausländer/innen von ausserhalb der EU/EFTA und Sozialversicherungen - ein Überblick, in: SZS 2006 S. 433 ff., 452).
 
Erwägung 4.2
 
4.2.1. Was die Nachzahlung betrifft, hat die Vorinstanz zunächst zutreffend erkannt, dass die Bestimmung von Art. 88bis Abs. 1 lit. c IVV im vorliegenden Fall keine Anwendung findet. Danach können Renten, Hilflosenentschädigungen und Assistenzbeiträge bei Feststellung einer zweifellosen Unrichtigkeit einer Verfügung zum Nachteil des Versicherten lediglich mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) revidiert werden (BGE 129 V 433 E. 5.2; Urteil 9C_101/2011 vom 21. Juli 2011 E. 5.1). Diese Regelung gelangt jedoch nur bei IV-spezifischen Aspekten zur Anwendung (BGE 110 V 291 E. 3d; 129 V 433 E. 6.1; Urteil 8C_778/2015 vom 29. Februar 2016 E. 4.2 mit Hinweisen). Die hier streitige Frage der Versicherteneigenschaft gilt dagegen als AHV-spezifischer Gesichtspunkt (Meyer/Reichmuth, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], 3. Aufl. 2014, Rz. 2 zu Art. 6 IVG). Art. 88bis Abs. 1 lit. c IVV steht einer Nachzahlung im vorliegen Fall daher nicht entgegen.
4.2.2. Bei Nachzahlungen im Bereich der Invalidenversicherung gelangt, soweit es um einen AHV-spezifischen Aspekt geht, die Regelung von Art. 24 Abs. 1 ATSG beziehungsweise Art. 48 IVG zur Anwendung (SVR 2012 IV Nr. 28 S. 116, 9C_409/2011 E. 4.1.2). Die Vorinstanz hat insoweit zutreffend dargelegt, dass ab 1. Januar 2008 (nach Aufhebung von aArt. 48 IVG: AS 2007 5129 ff., 5141, 5147) für Nachzahlungen gemäss Art. 24 Abs. 1 ATSG eine fünfjährige Verwirkungsfrist zu beachten war (vgl. dazu BBl 2010 1817 ff., 1907; Meyer/Reichmuth, a.a.O., Rz. 1 f. zu Art. 48 IVG; Michel Valterio, Commentaire de la loi fédérale sur l'assurance-invalidité, 2018, N. 1 zu Art. 48 IVG). Seit 1. Januar 2012 gilt gestützt auf die Sonderbestimmung von Art. 48 Abs. 1 IVG (Michel Valterio, a.a.O., N. 3 zu Art. 48 IVG), dass eine Nachzahlung lediglich für die zwölf vorangegangenen Monate erfolgt.
Nach dem klaren Wortlaut betrifft die Bestimmung von Art. 48 Abs. 1 IVG indessen nur den Spezialfall der verspäteten Anmeldung, das heisst, wenn der Versicherte den Anspruch mehr als zwölf Monate nach dessen Entstehung geltend gemacht hat (AS 2011 5659 ff., 5668, 5672; vgl. bereits die früheren Fassungen: BBl 1959 1498 ff., 1512: Auszahlung der Rente ab dem Zeitpunkt der Anmeldung, wenn diese mehr als sechs Monate nach Entstehung des Rentenanspruchs erfolgte; AS 1968 29 ff., 37: auf zwölf Monate beschränkte rückwirkende Auszahlung von Leistungen bei Anmeldung des Anspruchs mehr als zwölf Monate nach dessen Entstehung; Remo Dolf, in: Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts, 2020, N. 33 zu Art. 24 ATSG; Sylvie Pétremand, in: Commentaire Romand, Loi sur la partie générale des assurances sociales, 2018, N. 59 zu Art. 24 ATSG; Michel Valterio, a.a.O., N. 10 zu Art. 48 IVG).
4.2.3. Zu ergänzen ist, dass demgegenüber praxisgemäss namentlich dann eine (wie seit jeher im Grundsatz geltende: BBl 1959 1498 ff., 1511; AS 1968 29 ff., 37) fünfjährige Nachzahlungsfrist zu beachten ist, wenn die Verwaltung ein hinreichend substanziiertes Leistungsbegehren übersehen hat. Eine weitergehende Nachzahlung ist nach dieser Rechtsprechung ausgeschlossen. Die im Sozialversicherungsrecht typischen periodischen Geldleistungen wie namentlich auch die Hilflosenentschädigungen haben gewissermassen eine "Umlage"-Funktion und sollen daher zeitgleich dann zur Ausrichtung kommen, wenn der entsprechende Bedarf besteht. Dies schliesst eine rückwirkende Zusprechung zwar nicht aus. Hingegen wird die grundsätzliche Funktion der Deckung eines laufenden Bedarfs dann verlassen, wenn eine Nachzahlung über einen längeren Zeitraum hinweg zur Frage steht. Letztlich hat die Nachzahlung in einem solchen Fall bloss noch die Funktion der Äufnung eines mehr oder weniger grossen Vermögens, was nicht Aufgabe einer Sozialversicherung ist. Die spätere Nachzahlung von Leistungen unterliegt bei solchen Versehen der Verwaltung daher praxisgemäss einer absoluten Verwirkungsfrist von fünf Jahren, dies rückwärts gerechnet ab dem Zeitpunkt der Neuanmeldung (BGE 121 V 195 E. 5c und 5d; SVR 2013 UV Nr. 16 S. 61, 8C_888/2012 E. 3.3 und 4.3; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 4. Aufl. 2020, N. 36 zu Art. 24 ATSG).
 
Erwägung 5
 
5.1. Die Vorinstanz stellte fest, der Beschwerdeführer habe die materiellen Voraussetzungen für eine Hilflosenentschädigung bereits ab August 2003 zunächst bei leichter, ab Mai 2006 bei mittlerer Hilflosigkeit erfüllt. Daran habe sich seither nichts geändert. Bezüglich der Nachzahlung erwog das kantonale Gericht, dass die IV-Stelle einen Anspruch auf Hilflosenentschädigung - nach den Anmeldungen vom 13. Mai 2008 und vom 22. Juni 2012 - mit den Verfügungen vom 27. September 2009 (richtig: 27. Januar 2009) und vom 30. Mai 2013 rechtskräftig abgelehnt habe, weil die versicherungsmässigen Anspruchsvoraussetzungen gefehlt hätten. Erst im Januar 2018 habe er sich erneut angemeldet. Gestützt auf Art. 48 Abs. 1 IVG seien ihm die von der IV-Stelle anerkannten Hilflosenentschädigungen lediglich ein Jahr rückwirkend ab diesem Zeitpunkt gerechnet, also ab Januar 2017, nachzuzahlen.
5.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er als russischer Staatsangehöriger zwar noch nicht bei seiner Einreise in die Schweiz im März 2003, jedoch nach Anerkennung des Flüchtlingsstatus für seine ganze Familie im Januar 2008 die versicherungsmässigen Voraussetzungen erfüllt habe. Die leistungsablehnenden Verfügungen vom 27. Januar 2009 und vom 30. Mai 2013 seien mit Verfügung vom 12. Dezember 2019 wiedererwägungsweise aufgehoben worden. Er beantragt daher eine Nachzahlung der Hilflosenentschädigung bei einer Hilflosigkeit mittleren Grades bereits ab 1. Januar 2008 beziehungsweise zumindest ab 1. Januar 2013.
 
Erwägung 6
 
6.1. Gestützt auf die grundsätzlich verbindlichen vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen (vgl. E. 1.2) besteht seit Mai 2006 eine Hilflosigkeit mittleren Grades und wurden bereits im Mai 2008 und erneut im Juni 2012 entsprechende Gesuche gestellt.
6.2. Wie die Vorinstanz weiter feststellte, erlangte der Beschwerdeführer am 1. Januar 2008 den Flüchtlingsstatus. Damit bedurfte es ab diesem Zeitpunkt zufolge Gleichstellung der Flüchtlinge mit Wohnsitz und Aufenthalt in der Schweiz mit Schweizer Bürgern keiner besonderen versicherungsmässigen Voraussetzung für die Leistungsberechtigung.
Dass die Familie des Beschwerdeführers später (gemäss Dokumentation der IV-Stelle am 22. Mai 2008) eine Niederlassungsbewilligung erhielt, ändert daran nichts, bewirkt namentlich keinen Übergang zum Ausländerstatus, wie er in diesem Zusammenhang insbesondere bei einem Widerruf des Asyls zu beachten wäre (vgl. oben E. 4.1 a.E.). Es bestand daher ab 1. Januar 2008 grundsätzlich Anspruch auf Hilflosenentschädigung bei einer Hilflosigkeit mittleren Grades.
6.3. Was die Nachzahlung betrifft, erachtete das kantonale Gericht die Bestimmung von Art. 48 Abs. 1 IVG (in der ab 1. Januar 2012 gültigen Fassung) als anwendbar mit der Folge einer Nachzahlung für die dort vorgesehenen zwölf Monate. Sie erwog, der Beschwerdeführer habe die abschlägigen Verfügungen der IV-Stelle vom 27. Januar 2009 und 30. Mai 2013 unangefochten gelassen und in der Folge erst im Januar 2018 erneut eine Hilflosenentschädigung beantragt.
Art. 48 Abs. 1 IVG gilt indessen - wie gezeigt (oben E. 4.2.2 a.E.) - nur für den Spezialfall der verspäteten Anmeldung. Inwiefern hier mit dem im Mai 2008 - nach Erlangung der Versicherteneigenschaft am 1. Januar 2008 - erstmals gestellten Gesuch um Hilflosenentschädigung eine verspätete Anmeldung als Voraussetzung für die Anwendbarkeit von Art. 48 Abs. 1 IVG vorgelegen haben sollte, lässt sich nicht ersehen.
Zudem verkennt die Vorinstanz die Wirkung der wiedererwägungsweisen Aufhebung der beiden Verfügungen vom 27. Januar 2009 und 30. Mai 2013 durch die IV-Stelle. Die Gesuche vom 13. Mai 2008 und vom 22. Juni 2012 harrten in der Folge einer erneuten Beurteilung. Soweit die IV-Stelle eine Hilflosenentschädigung erst ab Januar 2018 gewährte, hat sie deren Geltendmachung bereits im Frühjahr 2008 offensichtlich übersehen. Für die Nachzahlung muss daher die fünfjährige Frist, die in solchen Fällen praxisgemäss zu beachten ist (oben E. 4.2.2), zur Anwendung gelangen. Dem Beschwerdeführer stehen somit rückwirkend für die letzten fünf Jahre, rückwärts gerechnet ab der letzten Anmeldung im Januar 2018, Hilflosenentschädigungen für Minderjährige bei einer Hilflosigkeit mittleren Grades zu. Die IV-Stelle hat ihm die entsprechenden für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 28. Februar 2018 geschuldeten Betreffnisse nachträglich auszurichten.
7.
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden IV-Stelle auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Des Weiteren hat sie dem Beschwerdeführer, der bei Einreichung der Beschwerde noch anwaltlich vertreten war, eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG), im Umfang der eingereichten Kostennote. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist damit gegenstandslos.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Juni 2021 wird insoweit abgeändert, als dem Beschwerdeführer ab 1. Januar 2013 eine Hilflosenentschädigung für Minderjährige basierend auf einer Hilflosigkeit mittleren Grades zugesprochen wird. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdegegnerin hat die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1912.10 zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, Rechtsanwältin Ursula Sintzel (vormalige Rechtsvertreterin), dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 1. Juni 2022
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Wirthlin
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo