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Bearbeitung, zuletzt am 11.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 5A_315/2022 vom 02.06.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
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5A_315/2022
 
 
Urteil vom 2. Juni 2022
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
 
Bundesrichter von Werdt, Schöbi,
 
Gerichtsschreiber Möckli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
 
An der Aa 6, 6300 Zug,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unentgeltliche Rechtspflege im Beschwerdeverfahren (Verkauf eines Grundstücks durch die Beiständin),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Fürsorgerechtliche Kammer, vom 24. März 2022 (F 2021 53/F 2021 54).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
A.________ ist die Tochter von B.________ und C.________, die grössere Schulden haben, jedoch ein Mehrfamilienhaus besitzen. Mit Blick auf die Begleichung der Schulden leitete deren Beiständin den Verkauf der Liegenschaft in die Wege, was die KESB des Kantons Zug genehmigte.
Darauf wandte sich A.________ mit Schreiben vom 26. November 2020 an die KESB mit dem Anliegen, dass der Verkauf der elterlichen Liegenschaft sofort zu stoppen und in Wiedererwägung zu ziehen sei, wobei sie als Tochter und "Mieterin" (ihre Wohnung sei eine Schenkung an sie, einen Grundbucheintrag gebe es nicht) anzuhören sei; ferner beantragte sie die Entlassung der Beiständin. Mit Stellungnahme vom 24. Juni 2021 beantragte sie, mittlerweile anwaltlich vertreten, sämtliche Handlungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Liegenschaft seien sofort zu stoppen, der Beiständin sei die Zustimmung zum Verkauf zu verweigern, der Beiständin sei die Zustimmung für die Umwandlung der bestehenden Festhypotheken in variable Hypotheken zu verweigern, die Beiständin sei zu entlassen und es sei eine neue Beistandsperson durch die KESB zu ernennen.
Mit Entscheiden vom 29. September 2021 wies die KESB die Anträge ab.
B.
Im Rahmen der hiergegen angestrengten Beschwerdeverfahren stellte A.________ ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, welches mit Verfügung vom 19. November 2021 wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerden abgewiesen wurde.
Hiergegen legte A.________ bei der fürsorgerechtlichen Kammer des Verwaltungsgerichtes Beschwerde ein, welche mit Entscheid vom 24. März 2022 abgewiesen wurde.
C.
Gegen diesen Entscheid hat A.________ am 28. April 2022 beim Bundesgericht eine Beschwerde erhoben mit dem Begehren um dessen Aufhebung und Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege in den kantonalen Beschwerdeverfahren betreffend Liegenschaftsverkauf. Ferner verlangt sie auch für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege.
 
1.
Der Beschwerdeweg betreffend die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege folgt demjenigen der Hauptsache (Urteil 5A_435/2021 vom 25. April 2022 E. 1). Die Beschwerde in Zivilsachen steht somit offen (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG).
Der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann nur eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung gerügt werden, für welche das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG), was bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik am Sachverhalt nicht eintritt (BGE 140 III 264 E. 2.3; 141 IV 249 E. 1.3.1).
In rechtlicher Hinsicht hat die Beschwerde eine Begründung zu enthalten, in welcher in gedrängter Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine sachbezogene Auseinandersetzung mit dessen Begründung erfordert (BGE 140 III 115 E. 2; 142 III 364 E. 2.4).
2.
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass sich die offenen Forderungen beider Elternteile auf je rund Fr. 130'000.-- belaufen (davon rund Fr. 55'000.-- offene Rechnungen des Altersheimes und rund Fr. 45'000.-- Steuerrechnungen) und diverse Betreibungen am Laufen sind, dass sie (als einzigen nennenswerten Vermögenswert) über ein Mehrfamilienhaus mit hypothekarischer Belastung von rund Fr. 2,4 Mio. verfügen, wobei eine Hypothekartranche von Fr. 250'000.-- seit März 2020 zur Rückzahlung fällig ist, dass die Bank weitere Schritte erwägt, falls die Liegenschaft nicht umgehend verkauft wird, dass keine Alternativen zu einem Verkauf durch die Beiständin bestehen, weil die Bank anlässlich des Standortgesprächs klar gemacht habe, dass weder eine Erhöhung der Hypothek noch eine Aufteilung in Stockwerkeigentum und Verkauf einzelner Wohnungen in Frage komme, und dass bei einem fachkundig geschätzten Marktwert von Fr. 3'570'000.-- ein nach mehreren Bieterrunden eingegangenes Kaufangebot für Fr. 4'560'000.-- vorliege.
Ausgehend von diesen Feststellungen hat das Verwaltungsgericht erwogen, dass die Eltern angesichts der desolaten finanziellen Situation zwingend auf flüssige Mittel angewiesen seien und es ohne umgehenden Verkauf der Liegenschaft zu einer (ein deutlich schlechteres Ergebnis erwarten lassenden) betreibungsamtlichen Versteigerung der Liegenschaft kommen würde. Die Beschwerde der Tochter gegen die Zustimmung zum Verkauf scheine vor diesem Hintergrund aussichtslos.
3.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV. Sie macht geltend, bei einem Verkauf des Mehrfamilienhauses könnte sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in ihrer Wohnung bleiben, jedenfalls nicht zu einem fairen Mietzins. Sodann stimme nicht, dass sie selbst ebenfalls von der längerfristigen Notwendigkeit eines Liegenschaftsverkaufes ausgehe. Dass es angeblich keine Alternativen geben soll, könne sie sich nur damit erklären, dass das Verwaltungsgericht auf die Aussagen der KESB abgestützt und diese keine Abklärungen vorgenommen habe. Sie habe beim Verwaltungsgericht im Nachgang zum angefochtenen Entscheid das Schreiben eines Interessenten eingereicht, welcher die Attika-Wohnung für Fr. 1,2 Mio. kaufen möchte und auch die Kosten für die Begründung von Stockwerkeigentum vorschiessen würde. Ferner monierte sie, man betrachte nur die aktuellen Vermögensverhältnisse der Eltern und lasse völlig ausser Acht, dass die Zwangsversteigerung nur wegen der früheren Verfehlungen der Beiständin drohe.
4.
Wenn die Beschwerdeführerin (wie schon vor Verwaltungsgericht) in erster Linie befürchtet, dass sie bei einem Liegenschaftsverkauf nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr zu den heutigen Bedingungen in ihrer Wohnung bleiben könnte, macht sie nicht Interessen ihrer Eltern, sondern eigene Interessen geltend. Ihre Beschwerdelegitimation im kantonalen Verfahren ergibt sich mithin nicht aus Art. 450 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB als den betroffenen Personen nahestehende Person, sondern vielmehr aus Art. 450 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB als Drittperson (vgl. ROSCH, in: Basler Kommentar, 6. Aufl. 2018, N. 6 zu Art. 419 ZGB); diesfalls ist freilich ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen KESB-Entscheides erforderlich. Ein solches ist vorliegend kaum greifbar; vielmehr dürfte das Interesse bloss tatsächlicher Natur sein. Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass das Verwaltungsgericht die Aussichtslosigkeit der Beschwerde nicht bereits mit fehlender Beschwerdelegitimation begründet hat.
Indes tut die Beschwerdeführerin auch im Zusammenhang mit der effektiv erfolgten Begründung weder eine verfassungsverletzende, namentlich eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung noch eine Rechtsverletzung dar. Ihre Behauptungen zum Sachverhalt erfolgen rein appellatiorisch und damit in unzureichender Weise (vgl. E. 1); abgesehen davon gehen sie ohnehin an der Sache vorbei, weil die fehlenden Alternativen zum Verkauf mit den klar geäusserten Standpunkten der hypothezierenden Bank begründet worden sind, worauf kein Bezug genommen wird. Im Übrigen legte die Beschwerdeführerin dem Verwaltungsgericht keine Alternativen dar und stellt das im Nachgang zu dessen Entscheid erstellte Schreiben einer bei Begründung von Stockwerkeigentum an der Attika-Wohnung interessierten Person ein echtes Novum dar, welches im bundesgerichtlichen Verfahren von vornherein unzulässig ist (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 139 III 120 E. 3.1.2; 143 V 19 E. 1.2; 144 V 35 E. 5.2.4). Was sodann die früheren Verfehlungen der Beiständin sein sollen, bleibt das Geheimnis der Beschwerdeführerin. Mithin bleibt es bei den Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid.
Davon ausgehend legt die Beschwerdeführerin nicht ansatzweise dar, inwiefern die Erfolgschancen ihrer kantonalen Beschwerde grösser sein sollen als diejenigen für eine Beschwerdeabweisung (soweit vor dem Hintergrund der Legitimationsfrage überhaupt darauf einzutreten sein wird). In rechtlicher Hinsicht bleibt die Beschwerde somit unbegründet.
5.
Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist.
6.
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien mitgeteilt.
 
Lausanne, 2. Juni 2022
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Herrmann
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli