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Bearbeitung, zuletzt am 04.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 5A_434/2022 vom 15.06.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
[img]
 
 
5A_434/2022
 
 
Urteil vom 15. Juni 2022
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
 
Bundesrichter Marazzi, von Werdt,
 
Gerichtsschreiber Möckli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Hanspeter Kümin,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
B.________,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Abänderung Kindesunterhalt, Teilklage,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 2. Mai 2022 (RZ210004-O/U).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
Die Parteien sind die Eltern eines 2010 geborenen Kindes. Mit genehmigtem Unterhaltsvertrag vom 30. Juli 2011 verpflichtete sich der Vater zu Unterhaltsbeiträgen von Fr. 1'000.-- pro Monat. Seine Klage vom 19. Oktober 2016 auf Herabsetzung des Unterhaltes blieb bis vor Bundesgericht erfolglos (Urteil 5A_929/2018).
B.
Am 4. Mai 2020 reichte der Vater beim Bezirksgericht Bülach eine Teilklage ein, mit welcher er ab dem Zeitpunkt der Klageeinreichung für die sechs daran anschliessenden Monate die Aufhebung bzw. eine Reduktion der Unterhaltspflicht verlangte. Mit Urteil vom 12. Oktober 2020 wies das Bezirksgericht die Klage ab.
Im Rahmen des Rechtsmittelzuges trat das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 2. Mai 2022 auf die Klage nicht ein und wies die Beschwerde im Übrigen ab.
C.
Gegen dieses Urteil hat der Vater am 7. Juni 2022 beim Bundesgericht eine Beschwerde erhoben mit dem Begehren um dessen Aufhebung. Ferner verlangt er die unentgeltliche Rechtspflege.
 
1.
Der Beschwerdeführer macht geltend, familienrechtliche Streitigkeiten seien generell nicht vermögensrechtlich. Er irrt. Soweit allein eine Unterhaltsforderung den Streitgegenstand bildet, liegt eine vermögensrechtliche Streitigkeit vor (Urteil 5A_705/2013 vom 29. Juli 2014 E. 1.1; vgl. ferner BGE 137 III 193 E. 1.1). Der Streitwert beträgt nach den zutreffenden Feststellungen im angefochtenen Urteil Fr. 6'000.--. Damit ist der für die Beschwerde in Zivilsachen erforderliche Mindeststreitwert gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG nicht erreicht.
Subsidiär behauptet der Beschwerdeführer, es lägen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor. Indes macht er hierzu im formellen Teil seiner Beschwerde keine Ausführungen, obwohl die Voraussetzungen von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG aufgrund der sich aus Art. 42 Abs. 2 BGG ergebenden Begründungspflicht im Einzelnen darzulegen sind (BGE 135 III 1 E. 1.3; Urteile 4A_290/2009 vom 12. August 2009 E. 2.1; 4A_707/2016 vom 29. Mai 2017 E. 1.1). Mithin ist auf die Behauptung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht weiter einzugehen.
Hilfsweise macht der Beschwerdeführer geltend, eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde einzureichen. Diese steht offen, da eine Beschwerde in Zivilsachen unzulässig und im Übrigen ein kantonal letztinstanzliches Urteil angefochten ist (Art. 113 sowie Art. 75 Abs. 2 BGG). Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG), wofür das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). Dies bedeutet, dass anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheides klar und detailliert darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen, während auf appellatorische Ausführungen nicht eingetreten werden kann (BGE 134 II 244 E. 2.2; 140 III 264 E. 2.3; 142 III 364 E. 2.4).
2.
Das Obergericht hat erwogen, bei der Abänderung des Kindesunterhaltes sei eine Teilklage nicht möglich und es sei insofern ein unzulässiges Rechtsbegehren gestellt worden. Die Teilklage bilde einen Anwendungsfall der Dispositionsmaxime und sei nur statthaft, soweit sie von dieser gedeckt werde. Bei einer Teilklage werde die richterliche Prüfung auf den eingeklagten Teil beschränkt. Dies vertrage sich nicht mit der uneingeschränkten Untersuchungsmaxime (Art. 296 Abs. 1 ZPO), weil sich das Gericht in einem Folgeprozess erneut mit dem geltend gemachten Abänderungsgrund auseinandersetzen müsste und das vorangegangene Urteil zur Teilklage keine präjudizielle Wirkung haben könnte. Abgesehen davon könnte eine Abänderung in einem allfälligen Folgeprozess nur pro futuro und nicht rückwirkend ab dem Zeitpunkt der im Gutheissungsfall mit dem früheren Urteil aufgehobenen Beiträge ausgesprochen werden. Eine Teilklage sei aber auch aufgrund der Offizialmaxime (Art. 296 Abs. 3 ZPO) ausgeschlossen, denn nach dieser müsste das Gericht das Verfahren von sich aus auf die explizit nicht eingeklagten Unterhaltsbeiträge ausweiten, was aber prozessual wiederum nicht zulässig wäre, weil dies einer selbständigen Verfahrenseinleitung durch das Gericht gleichkäme.
3.
Der Beschwerdeführer beklagt seine finanzielle Situation und macht abstrakt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, des Anspruches auf ein faires Verfahren und des Willkürverbotes geltend, ohne dies jedoch näher zu begründen. Eine entsprechende Verletzung wäre denn auch nicht ersichtlich, weil das Obergericht ausführlich begründet hat, weshalb eine Teilklage bei der Abänderung des Kindesunterhaltes unzulässig sei. Der Beschwerdeführer müsste deshalb vielmehr darlegen, inwiefern die in E. 2 zusammengefasst wiedergegeben Erwägungen willkürlich sein oder gegen andere verfassungsmässige Rechte verstossen sollen. Dies tut er (ab Rz. 23 der Beschwerde) ausschliesslich mit appellatorischen Ausführungen und damit in ungenügender Form (vgl. E. 1). Somit hat es bei den obergerichtlichen Erwägungen zu bleiben, wonach bei der Abänderung von Kindesunterhalt eine Teilklage aus prozessualen Gründen nicht möglich ist.
Dem ist anzufügen, dass im Zusammenhang mit der Abänderung von Kindesunterhalt eine Teilklage auch aus mit den prozessualen Überlegungen des Obergerichtes verknüpften materiellen Gründen ausgeschlossen scheint: Zwar wird dieser (unter Vorbehalt von Art. 288 ZGB) zufolge des Grundsatzes der Periodizität der Unterhaltsbeiträge im Urteilsdispositiv als monatlich zu leistender Betrag festgelegt, was aber nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass es um das Stammrecht selbst geht, welches im (Abänderungs-) Urteil oder in der Unterhaltsvereinbarung quantifiziert wird (zur Publ. best. Urteil 5A_75/2020 vom 12. Januar 2022 E. 6.7). Bildet mithin das Unterhalts-Stammrecht den Streitgegenstand der Abänderungsklage, scheint eine Teilklage unstatthaft, wenn explizit eine grundsätzliche Aufhebung oder Abänderung des Kindesunterhaltes angestrebt wird. Hingegen kann selbstverständlich eine Abänderung des Unterhaltes (abschliessend) nur für eine bestimmte Zeitperiode verlangt werden; diesfalls handelt es sich aber um eine normale Klage und nicht um eine Teilklage.
4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen und abzuweisen, soweit überhaupt auf sie eingetreten werden kann. Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ausserdem ergibt, konnte der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist. Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gegenpartei ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden, da angesichts der Aussichtslosigkeit der Beschwerde auf die Einholung einer Vernehmlassung verzichtet wurde.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 15. Juni 2022
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Herrmann
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli