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BGer 1C_780/2021 vom 22.06.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
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1C_780/2021
 
 
Urteil vom 22. Juni 2022
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
 
Bundesrichter Chaix, Müller,
 
Gerichtsschreiber Dold.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Willy Bolliger-Kunz,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau, Postfach 3202, 5001 Aarau 1 Fächer,
 
Departement Volkswirtschaft und Inneres des
 
Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau.
 
Gegenstand
 
Entzug des Führerausweises,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 18. November 2021 (WBE.2021.295).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
A.________ erwarb den Führerausweis der Kategorie B (Personenwagen) im Jahr 1979. Bisher sind gegen ihn keine strassenverkehrsrechtlichen Administrativmassnahmen verfügt worden.
Anfang November 2020 ging beim Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau ein von der Stadtpolizei Baden erstellter Bericht vom 22. Oktober 2020 über einen Vorfall häuslicher Gewalt ein. Daraus geht hervor, dass sich A.________ und seine Partnerin im September 2020 voneinander trennten, da der Betroffene ein Alkoholproblem habe und es deshalb immer wieder zu Streitigkeiten gekommen sei. Am Abend des 22. Oktober 2020 hätten sich die beiden in der Wohnung der ehemaligen Partnerin verabredet. Als diese bemerkt habe, dass A.________ wieder alkoholisiert gewesen sei und beim Kochen Schmutz auf dem Kochfeld verursacht habe, sei ein verbaler gegenseitiger Streit entstanden. A.________ habe die Wohnung freiwillig verlassen und sei von der Polizei nach Hause gefahren worden. Er habe angegeben, ein Alkoholproblem zu haben und einmal wöchentlich in eine Therapie zu gehen.
Mit Schreiben vom 16. November 2020 teilte das Strassenverkehrsamt A.________ mit, dass es die Anordnung einer verkehrsmedizinischen Begutachtung in Betracht ziehe, da angesichts des Polizeiberichts vom 22. Oktober 2020 die Gefahr einer Trunksucht nicht ausgeschlossen werden könne, und gab ihm Gelegenheit, sich dazu zu äussern. Weil A.________ das entsprechende Einschreiben nicht abholte, gewährte ihm das Strassenverkehrsamt mit einem vom 4. Dezember 2020 datierten Schreiben erneut das rechtliche Gehör zur in Aussicht gestellten Massnahme. Ob dieses Schreiben A.________ zugestellt wurde, ist umstritten.
Mit Verfügung vom 13. Januar 2021 ordnete das Strassenverkehrsamt eine im Kantonsspital Aarau durchzuführende verkehrsmedizinische Begutachtung zur Abklärung der Fahreignung an und setzte A.________ eine Frist von 30 Tagen zur Überweisung des Kostenvorschusses und zur Einreichung einer entsprechenden Zahlungsbestätigung. Zur Begründung führte es aus, da er selbst angebe, ein Alkoholproblem zu haben und deswegen regelmässig eine Therapie zu besuchen, könne die Gefahr einer Trunksucht nicht ausgeschlossen werden. Für einen vorsorglichen Sicherungsentzug des Führerausweises reichten die Zweifel an der Fahreignung dagegen nicht aus. Nachdem A.________ die ihm per Einschreiben zugesandte Verfügung innert der 7-tägigen Abholfrist nicht abgeholt hatte, übermittelte sie ihm das Strassenverkehrsamt mit Schreiben vom 28. Januar 2021 per A-Post. Ob er dieses Schreiben erhalten hat, ist ebenfalls umstritten.
Mit Verfügung vom 3. März 2021 entzog ihm das Strassenverkehrsamt den Führerausweis vorsorglich ab sofort bis zur Abklärung von Ausschlussgründen und ordnete eine verkehrsmedizinische Begutachtung im Kantonsspital Aarau an. Einer allfälligen Beschwerde entzog es die aufschiebende Wirkung. Auch diese Einschreibesendung holte A.________ innert der 7-tägigen Abholfrist nicht ab. Daraufhin erliess das Strassenverkehrsamt am 24. März 2021 eine weitere, gleichlautende Verfügung, die A.________ am 31. März 2021 von der Stadtpolizei Baden ausgehändigt wurde. Zur Begründung des vorsorglichen Führerausweisentzugs führte es im Wesentlichen an, der Betroffene habe bis heute keine Zahlungsbestätigung eingereicht. Aufgrund der entstandenen Verzögerung und der Zweifel an der Fahreignung könne das Führen von Motorfahrzeugen nicht mehr verantwortet werden.
Eine von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI) des Kantons Aargau mit Entscheid vom 16. Juni 2021 ab. Daraufhin erhob er Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Diese wurde vom Verwaltungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 18. November 2021 ebenfalls abgewiesen.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom 22. Dezember 2021 beantragt A.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und der ihm am 31. März 2021 entzogene Führerausweis wieder zurückzugeben.
Das DVI, das Strassenverkehrsamt, das Bundesamt für Strassen (ASTRA) und das Verwaltungsgericht beantragen die Abweisung der Beschwerde.
 
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, gegen den nach Art. 82 ff. BGG die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist. Die kantonalen Instanzen haben dem Beschwerdeführer den Führerausweis vorsorglich entzogen und die Abklärung seiner Fahreignung angeordnet. Der angefochtene Entscheid schliesst das Verfahren nicht ab; es handelt sich somit um einen Zwischenentscheid. Da er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirkt, kann er unmittelbar vor Bundesgericht angefochten werden (BGE 122 II 359 E. 1b; Urteile 1C_212/2021 vom 16. Juni 2021 E. 1.1; 1C_298/2020 vom 1. Februar 2021 E. 1.1; je mit Hinweisen). Der vorsorgliche Führerausweisentzug stellt eine vorsorgliche Massnahme dar (Urteil 1C_41/2019 vom 4. April 2019 E. 1 mit Hinweisen). Mit einer Beschwerde gegen solche Massnahmen kann nach Art. 98 BGG nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden. Nach Art. 106 Abs. 2 BGG prüft das Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten nur insofern, als die Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (BGE 145 I 26 E. 1.3 mit Hinweisen).
2.
Zum Streitgegenstand hielt das Verwaltungsgericht fest, das DVI sei zum Schluss gekommen, dass die verkehrsmedizinische Begutachtung bereits rechtskräftig angeordnet worden sei. Damit sei das DVI in diesem Punkt sinngemäss auf die Beschwerde nicht eingetreten, auch wenn dies nicht aus dem Entscheiddispositiv hervorgehe. Die Prüfung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beschränke sich deshalb insoweit auf die Frage, ob es dies zu Recht getan habe. Lediglich hinsichtlich des vorsorglichen Führerausweisentzugs habe das DVI eine inhaltliche Prüfung vorgenommen.
Zur Frage der rechtskräftigen Anordnung der verkehrsmedizinischen Begutachtung erwog das Verwaltungsgericht, der Beschwerdeführer habe aufgrund der Gewährung des rechtlichen Gehörs mit dem Schreiben vom 4. Dezember 2020 mit der baldigen Zustellung einer Verfügung rechnen müssen. Gestützt auf die konstante bundesgerichtliche Rechtsprechung gelte deshalb die Verfügung vom 13. Januar 2021 als am letzten Tag der 7-tägigen Abholfrist gültig zugestellt (Zustellfiktion). Dass der Beschwerdeführer die Abholungseinladung nicht erhalten habe, mache er weder geltend noch liefere er dazu anderweitige Erklärungen. An der Rechtskraft ändere nichts, dass die Verfügung des Strassenverkehrsamts vom 24. März 2021 erneut die Verpflichtung zur Absolvierung einer verkehrsmedizinischen Begutachtung enthalte. Dies sei lediglich als eine dem besseren Verständnis der Verfügung dienende deklaratorische Feststellung zu qualifizieren.
Hinsichtlich des vorsorglichen Führerausweisentzugs legte das Verwaltungsgericht dar, dieser bilde die Regel, wenn eine verkehrsmedizinische Abklärung angeordnet werde. Deren Notwendigkeit könne vorliegend nicht mehr überprüft werden und gelte als erstellt. Hinzu komme, dass die Weigerung des Beschwerdeführers, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen, die bereits bestehenden Zweifel an seiner Fahreignung zusätzlich verstärke. Es habe deshalb ein genügender Anlass bestanden, ihm den Führerausweis vorsorglich zu entziehen.
 
Erwägung 3
 
3.1. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entsteht mit der Rechtshängigkeit ein Prozessrechtsverhältnis, das die Parteien verpflichtet, sich nach Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV) zu verhalten und unter anderem dafür zu sorgen, dass ihnen behördliche Akte zugestellt werden können, die das Verfahren betreffen. Diese prozessuale Pflicht gilt insoweit, als während des hängigen Verfahrens mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit der Zustellung eines behördlichen Aktes gerechnet werden muss (BGE 141 II 429 E. 3.1; 138 II 225 E. 3.1; je mit Hinweisen).
3.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe bis zum 31. März 2021 keine Ahnung von einem hängigen Verfahren gehabt. Insbesondere sei ihm das Schreiben vom 4. Dezember 2020 nicht zugestellt worden. Ohnehin sei es nicht möglich, dass ein Brief, der nicht Express versandt werde, am gleichen Tag eintreffe. Auch seine Unterschrift fehle.
3.3. Das Verwaltungsgericht ging gestützt auf den Zustellnachweis in den Akten davon aus, dass das Schreiben vom 4. Dezember 2020 dem Beschwerdeführer zugestellt worden war. Diese Beweiswürdigung kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG). Die in dieser Hinsicht vorgetragenen Argumente des Beschwerdeführers vermögen nicht zu überzeugen. Zwar trifft zu, dass die Akten keine Empfangsbestätigung mit seiner Unterschrift enthalten. Dies ist jedoch nicht entscheidend, da er nicht geltend macht, nach kantonalem Recht sei das Strassenverkehrsamt verpflichtet gewesen, sein Schreiben zur Gewährung des rechtlichen Gehörs per Einschreiben mit Rückschein zu verschicken. Ebensowenig lässt der Umstand, dass das gemäss Zustellnachweis der Post ("Track and Trace") am 3. Dezember 2020 um 19:49 Uhr aufgegebene Schreiben vom 4. Dezember 2020 datiert ist, die vorinstanzliche Feststellung als unhaltbar erscheinen. Zu Recht führt das Verwaltungsgericht in seiner Stellungnahme im bundesgerichtlichen Verfahren dazu aus, es könne ohne Weiteres sein, dass das Strassenverkehrsamt ein am 3. Dezember 2020 verfasstes Schreiben fälschlicherweise mit dem Datum des folgenden Tags versehen habe. Wesentlich ist dagegen, dass der Zustellort und die Sendungsnummer, die auf der in den Akten enthaltenen Kopie des Schreibens angegeben sind, mit dem Zustellnachweis der Post übereinstimmen. Für die Richtigkeit dieses Zustellnachweises besteht vor diesem Hintergrund eine natürliche Vermutung (vgl. Urteil 2C_195/2018 vom 2. März 2018 E. 2.2). Das Verwaltungsgericht durfte somit ohne Bundesrecht zu verletzen davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer das Schreiben erhalten und damit Kenntnis vom hängigen Verwaltungsverfahren hatte.
3.4. Gestützt auf das Schreiben, mit dem ihm das rechtliche Gehör zur in Aussicht genommenen Verfügung gewährt worden war, musste der Beschwerdeführer mit der baldigen Zustellung einer Verfügung rechnen. Da er die Sendung, in der die Verfügung vom 13. Januar 2021 enthalten war, nicht innert der 7-tägigen, bis am 21. Januar 2021 laufenden Abholfrist auf der Post abholte, gilt sie als am letzten Tag dieser Frist zugestellt (vgl. BGE 130 III 396 E. 1.2.3). Im Zeitpunkt seiner Beschwerde ans DVI vom 23. April 2021 war die Verfügung angesichts der 30-tägigen Beschwerdefrist gemäss § 44 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Aargau vom 4. Dezember 2007 über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG; SAR 271.100) deshalb längst rechtskräftig. Dass der Beschwerdeführer angesichts des Wortlauts der Verfügung vom 24. März 2021 davon ausgegangen wäre, diese spätere Verfügung ersetze die frühere vom 13. Januar 2021 und eröffne damit eine zweite Anfechtungsmöglichkeit, macht er nicht geltend. Auf den Umstand, dass darin erneut die verkehrsmedizinische Begutachtung angeordnet wurde, ist deshalb nicht weiter einzugehen. Die Kritik an der vorinstanzlichen Beurteilung der Rechtskraft der Anordnung einer verkehrsmedizinischen Begutachtung ist somit unbegründet.
 
Erwägung 4
 
4.1. Damit ist weiter zu prüfen, ob die Anordnung des vorsorglichen Entzugs des Führerausweises verfassungsmässige Rechte verletzt. Der Beschwerdeführer bringt vor, Auslöser des Verfahrens sei ein normaler "Ehestreit" (ohne Gewalt) gewesen, der keinerlei Bezug zum Strassenverkehr gehabt habe. Dass ihn die Polizei einem Atemalkoholtest unterzogen habe, sei mangels strafrechtlicher Relevanz illegal gewesen. Ein Polizeirapport bestehe nicht und er selbst sei nicht auf seine Rechte aufmerksam gemacht worden (Aussageverweigerungsrecht, Beizug eines Anwalts etc.), weshalb gestützt auf Art. 6 Abs. 1 EMRK sämtliche Akten der Polizei aus dem Recht zu weisen seien. Da das Verwaltungsgericht auf die Meldung der Polizei zum Vorfall vom 22. Oktober 2020 trotzdem vollumfänglich abgestellt habe, sei es in Willkür verfallen (Art. 9 BV). Der Entzug des Führerausweises schränke zudem seine persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) ohne Rechtsgrundlage ein. Auch sei sein Recht auf Privatsphäre (Art. 13 Abs. 1 BV und Art. 8 EMRK) verletzt worden, da die Polizei in der Wohnung nichts zu suchen gehabt habe. Zudem seien durch das beschriebene Vorgehen auch die Verfahrensgarantien von Art. 29 BV, das Legalitätsprinzip (Art. 5 BV und Art. 7 EMRK) und der Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 BV) verletzt worden. Das Verwaltungsgericht habe darüber hinaus Art. 14 und 16d SVG verletzt.
4.2. Das Verwaltungsgericht legte dar, der Führerausweis sei in der Regel vorsorglich zu entziehen, wenn eine verkehrsmedizinische Abklärung angeordnet werde. Die Verpflichtung des Beschwerdeführers, sich einer solchen Abklärung zu unterziehen, könne nicht mehr auf ihre Rechtmässigkeit überprüft werden und deren Notwendigkeit sei daher erstellt.
Verweigere die betroffene Person ihre Mitwirkung an den zur Fahreignungsabklärung notwendigen Untersuchungshandlungen, so das Verwaltungsgericht weiter, könnten gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung daraus negative Schlüsse auf ihre Fahreignung gezogen werden. Zu den entsprechenden Mitwirkungspflichten gehöre, dass der Betroffene die Kosten für ein Fahreignungsgutachten vorzuschiessen und sich den im Rahmen des Gutachtens notwendigen Untersuchungshandlungen zu unterziehen habe. Für den Fall, dass er diesen Mitwirkungspflichten nicht nachkomme, dürften Säumnisfolgen angedroht werden. Eine mögliche Säumnisfolge bilde der vorsorgliche Sicherungsentzug des Führerausweises. Nachdem die Verfügung vom 13. Januar 2021 dem Beschwerdeführer nicht habe zugestellt werden können und in der Folge ans Strassenverkehrsamt retourniert worden sei, habe dieses die besagte Verfügung dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. Januar 2021 per A-Post geschickt und ihn gleichzeitig darauf hingewiesen, dass ihm eine Mitwirkungspflicht zukomme, deren Verletzung negative Auswirkungen im Verfahren nach sich ziehen könne. Auch in der diesem Schreiben beigelegten Verfügung vom 13. Januar 2021 sei festgehalten worden, dass ein vorsorglicher Sicherungsentzug des Führerausweises ausgesprochen würde, falls er die Kosten des Gutachtens nicht innert Frist bezahle oder die Kopie der Zahlungsbestätigung nicht rechtzeitig einreiche. Weiter habe er erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestritten, das Schreiben vom 28. Januar 2021 erhalten zu haben, obwohl dafür bereits vorher Anlass bestanden hätte. Seine Behauptung sei deshalb nicht glaubhaft. Der Umstand, dass dieses Schreiben nicht an das Strassenverkehrsamt retourniert worden sei, spreche ebenfalls dafür, dass es in seinen Machtbereich gelangt sein dürfte. Dass er sogar den Empfang des Schreibens vom 4 Dezember 2020 bestritten habe, spreche allgemein nicht für seine Glaubwürdigkeit betreffend den Erhalt der Sendungen des Strassenverkehrsamts.
Das Verwaltungsgericht schloss, dass der Beschwerdeführer seine Pflicht zur Absolvierung einer Fahreignungsabklärung und zur Bezahlung des Kostenvorschusses ebenso kannte wie die Konsequenzen im Falle einer Unterlassung. Indem er dieser Pflicht nicht rechtzeitig nachgekommen sei, habe er seine Mitwirkungspflicht bei der Abklärung der Fahreignung verletzt. Wie erwähnt, sei es zulässig, aus einer verweigerten Mitwirkung negative Schlüsse auf die Fahreignung zu ziehen und als Säumnisfolge den Führerausweis vorsorglich zu entziehen. Folglich sei der vorsorgliche Entzug des Führerausweises im vorliegenden Fall als einzige der Administrativbehörde zur Durchsetzung der angeordneten verkehrsmedizinischen Begutachtung zur Verfügung stehende Massnahme gerechtfertigt und angemessen.
4.3. Motorfahrzeugführer müssen über Fahreignung und Fahrkompetenz verfügen (Art. 14 Abs. 1 SVG). Gemäss Art. 16 Abs. 1 SVG werden Führerausweise entzogen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen. Der Führerausweis wird einer Person nach Art. 16d Abs. 1 SVG auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn sie an einer Sucht leidet, die die Fahreignung ausschliesst (lit. b; sogenannter Sicherungsentzug). Bestehen Zweifel an der Fahreignung der betroffenen Person, ist eine Fahreignungsuntersuchung anzuordnen (Art. 15d Abs. 1 Ingress SVG und Art. 28a Abs. 1 der Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr [Verkehrszulassungsverordnung, VZV; SR 741.51]). Bestehen ernsthafte Zweifel an der Fahreignung einer Person, so kann der Lernfahr- oder der Führerausweis vorsorglich entzogen werden (Art. 30 VZV). Angesichts des grossen Gefährdungspotenzials, das dem Führen eines Motorfahrzeugs eigen ist, genügen bereits konkrete Anhaltspunkte für eine fehlende Fahreignung, um den Führerausweis vorsorglich zu entziehen. Ein strikter Beweis ist nicht erforderlich. Wäre dieser erbracht, müsste unmittelbar der Sicherungsentzug angeordnet werden (BGE 125 II 493 E. 2b S. 495).
4.4. Das Bundesgericht prüft im vorliegenden Verfahren die Beweiswürdigung und die Anwendung von Art. 30 VZV nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür (Art. 97 Abs. 1 BGG und E. 1 hiervor). Willkür in der Rechtsanwendung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht; zudem ist erforderlich, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 145 II 32 E. 5.1; 142 V 513 E. 4.2; je mit Hinweisen). Die Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen hat oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat. Dass die vom Gericht gezogenen Schlüsse nicht mit der Darstellung der beschwerdeführenden Partei übereinstimmen, belegt noch keine Willkür (BGE 144 II 281 E. 3.6.2 mit Hinweisen).
4.5. Der vorsorgliche Führerausweisentzug ist eine Präventionsmassnahme zur Wahrung der Sicherheit im Strassenverkehr und stellt deshalb keine strafrechtliche Anklage im Sinne von Art. 6 EMRK dar (Urteil des EGMR
4.6. Wie oben (E. 3 hiervor) dargelegt, ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht davon ausging, die Anordnung einer verkehrsmedizinischen Begutachtung sei in Rechtskraft erwachsen. Die vorinstanzliche Feststellung, deren Notwendigkeit könne vorliegend nicht mehr überprüft werden und gelte als erstellt, ist allerdings zu präzisieren. Die Rechtskraft kommt einzig dem Dispositiv einer Verfügung zu, nicht aber deren Begründung (Urteile 1C_344/2017 vom 17. April 2018 E. 1.2; 1P.565/2005 vom 29. September 2005 E. 3 mit Hinweis). Ob bzw. inwiefern im Zeitpunkt des vorsorglichen Entzugs Zweifel an der Fahreignung des Beschwerdeführers bestanden, gilt somit nicht als erstellt, sondern ist vielmehr zu prüfen. Daran ändert auch nichts, dass die Massnahmen der Fahreignungsuntersuchung und des vorsorglichen Entzugs sehr ähnliche Voraussetzungen haben (Zweifel an der Fahreignung bei der ersteren, ernsthafte Zweifel an der Fahreignung bei der letzteren) und es im konkreten Einzelfall in der Regel angezeigt ist, im Fall der Anordnung einer Fahreignungsuntersuchung auch den Führerausweis vorsorglich zu entziehen (Urteile 1C_531/2016 vom 22. Februar 2017 E. 2.4.2, in: JdT 2017 I 313; 1C_748/2013 vom 16. Januar 2014 E. 3.3; je mit Hinweisen). Dass die Anordnung einer Fahreignungsabklärung nicht zwingend in jedem Fall mit einem vorsorglichen Führerausweisentzug zu verbinden ist, zeigt im Übrigen auch das Vorgehen des Strassenverkehrsamts im vorliegenden Fall. Dieses sah zunächst von einem vorsorglichen Führerausweisentzug ab und ordnete diesen erst an, nachdem der Beschwerdeführer innert Frist weder den Kostenvorschuss für eine Fahreignungsabklärung bezahlt noch sich beim Kantonsspital um einen Termin bemüht hatte.
4.7. Verweigert eine Person bei Massnahmen zur Untersuchung der Fahreignung die Mitwirkung, können daraus negative Schlüsse auf ihre Fahreignung gezogen werden (BGE 124 II 559 E. 5a; Urteile 1C_487/2016 vom 7. April 2017 E. 2.2; 1C_445/2012 vom 26. April 2013 E. 3.3). Dies bedeutet allerdings, entgegen der Auffassung der Vorinstanz, nicht, dass es sich beim vorsorglichen Führerausweisentzug um eine Massnahme des Verwaltungszwangs in Form einer Säumnisfolge handelt. Die mangelnde Kooperation des Betroffenen kann im Licht des insoweit klaren Wortlauts von Art. 30 VZV nur dann den vorsorglichen Entzug des Führerausweises zur Folge haben, wenn sie im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sämtlicher relevanter Umstände zum Schluss führt, dass ernsthafte Zweifel an der Fahreignung bestehen.
4.8. Trunksucht im Sinn von Art. 16d Abs. 1 lit. b SVG wird nach der Praxis des Bundesgerichts bejaht, wenn der Lenker regelmässig so viel Alkohol konsumiert, dass seine Fahrfähigkeit vermindert wird und er keine Gewähr bietet, den Alkoholkonsum zu kontrollieren und ihn ausreichend vom Strassenverkehr zu trennen, oder wenn die Gefahr nahe liegt, dass er im akuten Rauschzustand am motorisierten Strassenverkehr teilnimmt (BGE 129 II 82 E. 4.1; Urteil 1C_128/2020 vom 29. September 2020 E. 2.1; je mit Hinweisen). Vor diesem Hintergrund sind ernsthafte Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen im Sinn von Art. 30 VZV etwa dann angebracht, wenn der Betroffene eine oder mehrere Trunkenheitsfahrten mit einer auf eine grosse Alkoholtoleranz und damit Alkoholabhängigkeit hindeutenden Blutalkoholkonzentration unternommen hat (BGE 129 II 82 E. 4.2; 127 II 122 E. 3c; je mit Hinweisen). Bedenken an der Fahreignung können allerdings auch unabhängig von einschlägigen Verfehlungen des Betroffenen im Strassenverkehr aufkommen, etwa aufgrund einer entsprechenden Meldung eines Arztes (Urteil 1C_238/2013 vom 27. August 2013 E. 2.2 mit Hinweisen).
4.9. Anlass für das Entzugsverfahren bildete ein verbaler Streit am Abend des 22. Oktober 2020 zwischen dem zu jenem Zeitpunkt alkoholisierten Beschwerdeführer und seiner Partnerin. Ein Zusammenhang zum Strassenverkehr ist gestützt auf die Sachverhaltsfeststellungen des Obergerichts nicht erkennbar. Gegenüber der Polizei gab der Beschwerdeführer an, ein Alkoholproblem zu haben und einmal wöchentlich eine Therapie zu besuchen. Wie gravierend sein Alkoholproblem aus objektiver Sicht ist, ist allerdings ebenso unbekannt wie die Art und der Inhalt der von ihm erwähnten Therapie. Die Vagheit seiner Aussage liesse etwa auch die Interpretation zu, dass sich die Therapie primär auf Beziehungs- oder Konfliktlösungsschwierigkeiten bezieht und er damit die Streitigkeit, wegen der die Polizei herbeigerufen worden war, erklären wollte. Jedenfalls lässt sich allein gestützt darauf nicht sagen, es bestünden konkrete Anhaltspunkte, die ernsthafte Zweifel an der Fahreignung weckten (vgl. dazu Urteil 1C_556/2012 vom 23. April 2013 E. 2.3, wonach die Aussage des damaligen Beschwerdeführers, er konsumiere seit Jahrzehnten wöchentlich rund vier Joints, vereinbar ist mit einem regelmässigen, aber kontrollierten und mässigen Haschischkonsum, der für sich allein noch nicht auf eine Beeinträchtigung der Fahreignung schliessen lässt). Hinzu kommt, dass bisher gegen den Beschwerdeführer keine strassenverkehrsrechtlichen Administrativmassnahmen verfügt worden sind. Sein automobilistischer Leumund ist also ungetrübt. Selbst unter Berücksichtigung der mangelnden Kooperation hinsichtlich der rechtskräftig angeordneten Fahreignungsabklärung hätte ihm das Strassenverkehrsamt vor diesem Hintergrund ohne weitere Abklärungen den Führerausweis nicht vorsorglich entziehen dürfen (vgl. auch Urteil 1C_238/2013 vom 27. August 2013 E. 3.1). Hinreichende Anhaltspunkte für einen strassenverkehrsrelevanten Alkoholüberkonsum bestehen somit nicht. Indem das Verwaltungsgericht gestützt auf die rechtskräftige Anordnung der Fahreignungsabklärung und die mangelnde Kooperation des Beschwerdeführers vom Gegenteil ausging, verletzte es das Willkürverbot. Der angefochtene Entscheid ist deshalb in diesem Punkt gutzuheissen und es erübrigt sich, auf die weiteren in diesem Zusammenhang vorgetragenen Rügen des Beschwerdeführers einzugehen.
5.
Die Beschwerde ist aus diesem Grund teilweise gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist in Bezug auf die Frage des vorsorglichen Führerausweisentzugs aufzuheben. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Verfahrensausgang obsiegt der Beschwerdeführer in Bezug auf den vorsorglichen Führerausweisentzug, unterliegt jedoch in Bezug auf die Fahreignungsabklärung. Es ist gerechtfertigt, ihm die Hälfte der Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Kanton Aargau trägt keine Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 3 BGG), hat jedoch dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer eine reduzierte Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1-3 BGG).
Das DVI und das Verwaltungsgericht haben dem Beschwerdeführer Verfahrenskosten von Fr. 1'207.20 bzw. 1'822.-- auferlegt und ihm keine Parteientschädigung ausgerichtet (Art. 31 Abs. 2 und § 32 Abs. 2 VRPG). Da die Beschwerden hätten teilweise gutheissen werden müssen, erscheint gerechtfertigt, dem Beschwerdeführer diese Verfahrenskosten nur zur Hälfte aufzuerlegen und ihm für die beiden kantonalen Beschwerdeverfahren eine reduzierte Entschädigung zuzusprechen (Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 18. November 2021 insoweit aufgehoben, als damit die Anordnung des vorsorglichen Führerausweisentzugs bestätigt wurde. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 3'000.-- werden im Umfang von Fr. 1'500.-- dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- zu bezahlen.
 
4.
 
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem DVI werden dem Beschwerdeführer im Umfang von Fr. 603.60, diejenigen des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht im Umfang von Fr. 911.-- auferlegt. Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer für die vorinstanzlichen Verfahren eine Parteientschädigung von gesamthaft Fr. 1'500.-- zu bezahlen.
 
5.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrsamt, dem Departement Volkswirtschaft und Inneres, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 22. Juni 2022
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Kneubühler
 
Der Gerichtsschreiber: Dold