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Bearbeitung, zuletzt am 07.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 6B_469/2021 vom 22.06.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
[img]
 
 
6B_469/2021
 
 
Urteil vom 22. Juni 2022
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
 
Bundesrichterin Viscione,
 
Bundesrichter Muschietti,
 
Gerichtsschreiberin N. Möckli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Alex Beeler,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern,
 
2. B.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Arno Thürig,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Fahrlässige Körperverletzung; Willkür,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 25. Januar 2021 (2M 20 14).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
B.________ fuhr am 11. Januar 2018 um 17.43 Uhr mit einem Personenwagen in Root auf der U.________strasse in Richtung V.________. In diesem Moment überquerte A.________ als Fussgänger die Strasse und es kam zur Kollision, bei der sich A.________ verschiedene Verletzungen zuzog.
 
B.
 
B.a. Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen vom 6. Dezember 2019 wurde B.________ wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer bedingten Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 110.-- bei einer Probezeit von 2 Jahren sowie einer Busse von Fr. 500.-- verurteilt. B.________ wurden die Verfahrenskosten auferlegt und er wurde verpflichtet, A.________ eine Parteientschädigung von Fr. 4'760.45 zu bezahlen. Die Zivilforderung wurde auf den Zivilweg verwiesen.
Dagegen erhob B.________ Einsprache, woraufhin die Staatsanwaltschaft am Strafbefehl festhielt und die Akten dem Bezirksgericht Hochdorf zur Durchführung des Hauptverfahrens überwies.
B.b. Mit Urteil vom 28. Mai 2020 sprach die Bezirksrichterin des Bezirksgerichts Hochdorf B.________ vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung frei und verwies die Zivilforderung von A.________ auf den Zivilweg.
B.c. Die gegen dieses Urteil vom Privatkläger erhobene Berufung wies das Kantonsgericht Luzern mit Urteil vom 25. Januar 2021 ab und bestätigte das erstinstanzliche Urteil unter Kostenfolge.
C.
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 25. Januar 2021 sei aufzuheben. B.________ sei wegen fahrlässiger Körperverletzung schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen. Es sei festzustellen, dass B.________ ihm gegenüber zivilrechtlich hafte. Im Weiteren seien die haftpflichtrechtlichen Forderungen auf den Zivilweg zu verweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen aller Instanzen zulasten des Beschwerdegegners.
 
1.
Zu prüfen ist zunächst, ob der Beschwerdeführer in seiner Rolle als Zivilkläger vor Bundesgericht rechtsmittelbefugt ist. Das Bundesgericht prüft seine Zulässigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 268 E. 1).
 
1.1.
 
1.1.1. Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Als Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. In erster Linie geht es um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR (BGE 146 IV 76 E. 3.1 mit Hinweis).
Im Falle eines Freispruchs des Beschuldigten setzt dies grundsätzlich voraus, dass die Privatklägerschaft, soweit zumutbar, ihre Zivilansprüche aus strafbarer Handlung im Strafverfahren geltend gemacht hat (BGE 137 IV 246 E. 1.3.1; Urteil 6B_776/2017 vom 8. Februar 2018 E. 1.1; mit Hinweisen). Die in der Zivilklage geltend gemachte Forderung ist spätestens im Parteivortrag vor dem erstinstanzlichen Gericht zu beziffern und unter Angabe der angerufenen Beweismittel zu begründen (Art. 123 StPO; BGE 146 IV 211 E. 3.1; Urteile 6B_928/2018 vom 26. März 2019 E. 1.1; 6B_282/2017 vom 14. September 2017 E. 1.1). Ist die Privatkägerschaft dazu nicht in der Lage, insbesondere weil ihr Schaden noch nicht oder nicht vollständig feststeht, muss sie angeben, welche Art von Zivilansprüchen sie geltend machen will, und beantragen, dass darüber dem Grundsatz nach entschieden wird (BGE 127 IV 185 E. 1a; Urteile 6B_282/2017 vom 14. September 2017 E. 1.1; 6B_1156/2015 vom 27. Juli 2016 E. 2.1). Sie darf sich in jedem Fall nicht darauf beschränken, den Vorbehalt ihrer Zivilansprüche zu beantragen oder mit anderen Worten lediglich darauf hinzuweisen, dass sie diese zu einem späteren Zeitpunkt in einem anderen Verfahren geltend machen könnte. Damit stellt sie keine zivilrechtlichen Forderungen in der Sache (BGE 127 IV 185 E. 1b; Urteile 6B_1065/2020 vom 12. Januar 2022 E. 1.1; 6B_282/2017 vom 14. September 2017 E. 1.1).
1.1.2. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG hat die beschwerdeführende Partei darzulegen, dass die gesetzlichen Legitimationsvoraussetzungen erfüllt sind (BGE 141 IV 1 E. 1.1). Das Bundesgericht stellt diesbezüglich strenge Anforderungen. Es prüft die Eintretensvoraussetzungen im Verfahren der Beschwerde in Strafsachen ohne eingehende Auseinandersetzung mit der Sache. Dementsprechend ist - namentlich bei komplexen Fällen, in welchen allfällige Zivilansprüche nicht offensichtlich sind - in der Beschwerde einleitend und in gedrängter Form darzulegen, inwiefern die Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind (BGE 141 IV 289 E. 1.3; Urteile 6B_344/2021 vom 4. Mai 2022 E. 1; 6B_252/2020 vom 8. September 2020 E. 2.1).
 
Erwägung 1.2
 
1.2.1. Der Beschwerdeführer hat sich im kantonalen Strafverfahren gegen den Beschwerdegegner 2 als Straf- und Zivilkläger beteiligt. Vor erster Instanz verlangte er die Feststellung, dass der Beschwerdegegner 2 ihm gegenüber hafte und die haftpflichtrechtlichen Forderungen im Weiteren auf den Zivilweg verwiesen werden. In der Folge verwies das zuständige Bezirksgericht die Zivilforderung des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 126 Abs. 2 lit. b und d StPO auf den Zivilweg, da dieser seine Klage nicht hinreichend begründet habe und der aufwendige zivilrechtliche Sachverhalt nicht spruchreif sei (vgl. Urteil des Bezirksgerichts Hochdorf vom 28. Mai 2020 E. 4.2).
Mit seiner Berufung an das Kantonsgericht Luzern forderte der Beschwerdeführer erneut, es sei festzustellen, dass der Beschwerdegegner 2 ihm gegenüber zivilrechtlich hafte. Er begründete diesen Antrag jedoch nicht weiter. Insbesondere brachte er keine Einwände gegen die erstinstanzliche Erwägung vor, dass er seine Klage nicht hinreichend begründet habe (vgl. Plädoyer des Privatklägers vom 25. Januar 2021). Die Vorinstanz erwog, bei einem Freispruch müssten hinsichtlich der Zivilklage keine Beweiserhebungen durchgeführt werden. Der Beschwerdeführer habe über die zivilrechtlichen Haftungsgrundlagen keine Beweiserhebungen beantragt und gemacht. Der Sachverhalt sei nicht spruchreif, weshalb die Zivilforderungen insgesamt auf den Zivilweg zu verweisen seien (Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 25. Januar 2021 E. 5).
1.2.2. In seiner Beschwerde an das Bundesgericht beantragt der Beschwerdeführer erneut, es sei festzustellen, dass der Beschwerdegegner 2 ihm gegenüber zivilrechtlich hafte und im Weiteren seien die haftpflichtrechtlichen Forderungen auf den Zivilweg zu verweisen. Damit macht der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der angeklagten Körperverletzung keine Zivilforderungen geltend, sondern beschränkt sich darauf, ohne Begründung deren Anerkennung im Grundsatz zu beantragen. Er zeigt in seiner Beschwerde im Übrigen nicht auf, unter welchem Titel er solche Zivilansprüche gegen den Beschwerdegegner 2 zu erheben gedenkt. Auch legte er nicht dar, weshalb er es unterliess, den Zivilanspruch im Strafverfahren zu substanziieren. Eine Erklärung dafür ist zudem nicht ohne Weiteres ersichtlich, sollte doch zumindest bezüglich einer allfälligen Genugtuung und/oder einzelner Schadenspositionen eine hinreichende Substanziierung der Klage möglich sein (vgl. BGE 127 IV 185 E. 1b). Unter diesen Umständen ist mit der vorliegenden Beschwerde, die sich zur Beschwerdelegitimation nicht äussert, nicht rechtsgenüglich ausgewiesen, dass und inwieweit sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung der Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG auswirkt (vgl. BGE 127 V 185 E. 1b; Urteil 6B_399/2012 vom 12. November 2012 E. 3).
2.
Ungeachtet der fehlenden Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft vor Bundesgericht die Verletzung von Verfahrensrechten rügen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht zu hören sind dabei Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (sog. "Star-Praxis"; BGE 141 IV 1 E. 1.1 in fine; Urteil 6B_252/2020 vom 8. September 2020 E. 2.1 in fine; je mit Hinweisen).
Der Beschwerdeführer macht keine solchen formellen Einwände geltend, weshalb auch unter diesem Titel auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann.
3.
Nachdem auf die Beschwerde insgesamt nicht eingetreten werden kann, erweist sich das Begehren um Anpassung der vorinstanzlichen Kosten- und Entschädigungsregelung als gegenstandslos.
4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegner 2 wurde vor Bundesgericht nicht zur Vernehmlassung eingeladen, weshalb ihm keine entschädigungswürdigen Nachteile entstanden sind.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 22. Juni 2022
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
 
Die Gerichtsschreiberin: Möckli