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Bearbeitung, zuletzt am 04.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 1C_363/2022 vom 23.06.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
[img]
 
 
1C_363/2022
 
 
Urteil vom 23. Juni 2022
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
 
Bundesrichter Chaix, Haag,
 
Gerichtsschreiber Dold.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Reto Gasser,
 
gegen
 
Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern.
 
Gegenstand
 
Auslieferung an Deutschland,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer,
 
vom 2. Juni 2022 (RR.2022.78).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
Deutschland ersuchte mit Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) vom 27. Juli 2020 um Fahndung und Festnahme des deutschen Staatsangehörigen A.________ zwecks Auslieferung. Der Gesuchte wurde am 4. Februar 2022 in der Schweiz angehalten und gestützt auf eine Haftanordnung des Bundesamtes für Justiz (BJ) in provisorische Auslieferungshaft versetzt. Mit Schreiben vom 16. Februar 2022 ersuchte Deutschland die Schweiz um seine Auslieferung im Hinblick auf die Vollstreckung einer Reststrafe von 326 Tagen. Diese Reststrafe stützt sich auf ein Strafurteil des Amtsgerichts Altötting vom 20. August 2014 und ein zweites des Amtsgerichts Eggenfelden vom 23. Oktober 2014 sowie auf den Beschluss des Amtsgerichts Altötting vom 21. September 2017, womit eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 5 Monaten festgelegt wurde.
Am 29. März 2022 verfügte das BJ die Auslieferung von A.________ an Deutschland für die unter Ziff. 4.1.2-4.1.9 aufgeführten Straftaten, die dem Auslieferungsersuchen vom 16. Februar 2022 zugrunde liegen. Für die unter Ziff. 4.1.1 geschilderten Handlungen lehnte das BJ die Auslieferung ab.
Am 12. April 2022 hob das BJ die provisorische Auslieferungshaft auf, nachdem A.________ eine Vereinbarung betreffend Ersatzmassnahmen unterzeichnet hatte.
A.________ erhob gegen den Auslieferungsentscheid Beschwerde ans Bundesstrafgericht. Mit Entscheid vom 2. Juni 2022 wies dieses das Rechtsmittel ab.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 17. Juni 2022 beantragt A.________ in der Sache, die Entscheide des Bundesstrafgerichts und des BJ seien aufzuheben und die Auslieferung abzulehnen.
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unter den in Art. 84 BGG genannten Voraussetzungen zulässig. Im vorliegenden Fall geht es um eine Auslieferung und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Weiter ist erforderlich, dass es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt. Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG; BGE 145 IV 99 E. 1 mit Hinweisen).
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders bedeutender Fall ist deshalb mit Zurückhaltung anzunehmen. Dem Bundesgericht steht insofern ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 145 IV 99 E. 1.2 mit Hinweisen). Ein besonders bedeutender Fall kann auch bei einer Auslieferung nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich insoweit keine Rechtsfragen, die der Klärung durch das Bundesgericht bedürfen, und kommt den Fällen auch sonst wie keine besondere Tragweite zu (BGE 134 IV 156 E. 1.3.4).
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender Fall nach Art. 84 BGG vorliegt, so ist auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (BGE 145 IV 99 E. 1.5 mit Hinweisen).
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet und es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).
1.2. Aus der Beschwerdeschrift und dem angefochtenen Entscheid geht hervor, dass das deutsche Landgericht Regensburg am 10. Dezember 2019 die Reststrafe zur Bewährung aussetzte, jedoch am 2. März 2020 den Erlass des Vollzugs der Reststrafe wieder aufhob. Grund dafür sei gewesen, dass der Beschwerdeführer Deutschland weisungswidrig in Richtung Schweiz verlassen hatte. Die besondere Bedeutung des Falls erblickt der Beschwerdeführer darin, dass er vom Landgericht Regensburg vor dem Aufhebungsbeschluss nicht persönlich angehört worden sei. Es sei nicht ausreichend, dass sein Rechtsvertreter sich an der Verhandlung habe äussern können. Diese Auffassung ist unzutreffend. Angesichts seines weisungswidrigen Verhaltens hatte es sich der Beschwerdeführer selbst zuzuschreiben, dass der Aufhebungsbeschluss in seiner Abwesenheit erging (vgl. Urteil des EGMR
Ein besonders bedeutender Fall liegt deshalb nicht vor.
2.
Auf die Beschwerde ist somit nicht einzutreten. Damit wird der Antrag des Beschwerdeführers, es sei ihm eine angemessene Frist zur Ergänzung der Beschwerdeschrift einzuräumen (Art. 43 BGG), gegenstandslos.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 23. Juni 2022
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Kneubühler
 
Der Gerichtsschreiber: Dold