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BGer 1B_280/2022 vom 28.06.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
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1B_280/2022
 
 
Urteil vom 28. Juni 2022
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
 
Bundesrichter Haag, Müller,
 
Gerichtsschreiber Baur.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Yves Pellet,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis,
 
Bahnhofplatz 10, Postfach, 8953 Dietikon.
 
Gegenstand
 
Verlängerung der Sicherheitshaft,
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts
 
des Kantons Zürich, III. Strafkammer,
 
vom 29. April 2022 (UB220070-O/HON).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis führte gegen A.________, geboren 1937, eine Strafuntersuchung wegen mehrfacher sexueller Nötigung, mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind, eventualiter mit einem Abhängigen, sowie Pornographie, mutmasslich begangen jeweils zum Nachteil seines Stiefsohnes B.________. A.________ wurde am 8. Juli 2020 verhaftet und anschliessend in Untersuchungshaft versetzt. Diese wurde zweimal verlängert. Eine Beschwerde von A.________ gegen die zweite Haftverlängerung wies das Bundesgericht letztinstanzlich mit Urteil 1B_90/2021 vom 18. März 2021 ab.
Am 30. Juni 2021 erhob die Staatsanwaltschaft hinsichtlich der genannten Delikte Anklage beim Bezirksgericht Dietikon. Das Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Dietikon versetzte A.________ darauf in Sicherheitshaft, welche es in der Folge zweimal verlängerte. Mit Verfügung vom 11. April 2022 lehnte es eine weitere Verlängerung der Sicherheitshaft ab und ordnete stattdessen Ersatzmassnahmen an (Ausreiseverbot, Pass- und Schriftensperre, tägliche Meldepflicht).
 
B.
 
Gegen die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts gelangte die Staatsanwaltschaft an das Obergericht des Kantons Zürich. Mit Beschluss vom 29. April 2022 hiess dieses die Beschwerde gut, hob die Verfügung auf und verlängerte die Sicherheitshaft bis zur durchgeführten Hauptverhandlung im vor dem Bezirksgericht Dietikon bezüglich der erwähnten Tatvorwürfe hängigen Verfahren.
 
C.
 
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 2. Juni 2022 an das Bundesgericht beantragt A.________, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben und ihn unverzüglich aus der Sicherheitshaft zu entlassen, eventualiter unter Anordnung geeigneter Ersatzmassnahmen.
Die Staatsanwaltschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. A.________ hat weitere Stellungnahmen eingereicht.
 
 
Erwägung 1
 
Innert Frist (vgl. Art. 100 Art. 1 BGG) angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über die Verlängerung von Sicherheitshaft. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG offen. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, befindet sich weiterhin in strafprozessualer Haft und ist somit nach Art. 81 Art. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Auch sonst steht einem Eintreten auf die Beschwerde grundsätzlich nichts entgegen.
 
Erwägung 2
 
2.1. Mit der Beschwerde in Strafsachen kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, welche die beschwerdeführende Partei geltend macht und begründet, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 144 V 388 E. 2). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten namentlich, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 1 E. 1.4; 142 I 99 E. 1.7.2; 139 I 229 E. 2.2).
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil weiter den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Art. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich (vgl. dazu BGE 137 I 58 E. 4.1.2), ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht. Erforderlich ist zudem, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (vgl. Art. 97 Art. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (vgl. Art. 42 Art. 2 i.V.m. Art. 106 Art. 2 BGG; BGE 140 III 16 E. 1.3.1; 264 E. 2.3).
 
Erwägung 3
 
3.1. Nach Art. 221 Art. 1 StPO ist Sicherheitshaft nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist (allgemeiner Haftgrund) und Fluchtgefahr, Kollusionsgefahr oder Wiederholungsgefahr besteht (besonderer Haftgrund). Das Gericht ordnet anstelle der Haft eine oder mehrere mildere Massnahmen an, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Ersatzmassnahmen; Art. 237 Art. 1 StPO). Auch sonst muss die Haft verhältnismässig sein (Art. 197 Art. 1 lit. c und d, Art. 212 Art. 3 StPO).
3.2. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Beschluss den allgemeinen Haftgrund sowie den besonderen Haftgrund der Fluchtgefahr bejaht. Ob zusätzlich auch Kollusionsgefahr bestehe, hat sie offengelassen. Sie hat weiter ausgeschlossen, dass der Fluchtgefahr mit Ersatzmassnahmen begegnet werden könne, und hat auch unter Berücksichtigung des Gesundheitszustands des Beschwerdeführers die Fortführung der Haft als verhältnismässig beurteilt.
Der Beschwerdeführer stellt in Abrede, dass Fluchtgefahr oder sonst ein besonderer Haftgrund bestehe, und verneint zudem mit Blick auf seinen Gesundheitszustand die Verhältnismässigkeit der Haftverlängerung. Eventualiter hält er Ersatzmassnahmen für ausreichend. Auf Ausführungen zum Tatverdacht hat er demgegenüber ausdrücklich verzichtet. Auf den allgemeinen Haftgrund ist somit nicht weiter einzugehen, zumal bereits Anklage erhoben wurde, der Beschwerdeführer mithin dartun müsste, dass die vorinstanzliche Bejahung eines dringenden Tatverdachts unhaltbar ist (vgl. Urteile 1B_390/2019 vom 27. August 2019 E. 2.3; 1B_387/2016 vom 17. November 2016 E. 4.2 mit Hinweisen).
 
Erwägung 4
 
4.1. Die Annahme von Fluchtgefahr setzt ernsthafte Anhaltspunkte dafür voraus, dass sich die beschuldigte Person durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entziehen könnte (Art. 221 n Art. 1 lit. a StPO). Bei der Bewertung, ob Fluchtgefahr besteht, sind die gesamten konkreten Verhältnisse zu berücksichtigen. Es müssen Gründe bestehen, die eine Flucht nicht nur als möglich, sondern als wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Schwere der drohenden Strafe ist zwar ein Indiz für Fluchtgefahr, genügt für sich allein jedoch nicht, um den Haftgrund zu bejahen (BGE 125 I 60 E. 3a; Urteil 1B_368/2016 vom 1. November 2016 E. 2.2). Miteinzubeziehen sind die familiären und sozialen Bindungen, die berufliche und finanzielle Situation sowie die Kontakte zum Ausland. Von Bedeutung sein können auch etwa das Alter oder der Gesundheitszustand der betroffenen Person. Ein hohes Alter spricht dabei für sich allein nicht gegen Fluchtgefahr, ebenso wenig ein angeschlagener Gesundheitszustand. Entscheidend sind vielmehr die konkreten (Gesamt-) Umstände (vgl. BGE 145 IV 503 E. 2.3; Urteil 1B_285/2014 vom 19. September 2014 E. 4.4 mit Hinweis). Selbst bei einer befürchteten Reise in ein Land, das die beschuldigte Person grundsätzlich an die Schweiz ausliefern bzw. stellvertretend verfolgen könnte, ist die Annahme von Fluchtgefahr nicht ausgeschlossen (Urteile 1B_387/2016 vom 17. November 2016 E. 5.2; 1B_157/2015 vom 27. Mai 2015 E. 3.1 und 1B_325/2014 vom 16. Oktober 2014 E. 3.1). Die Wahrscheinlichkeit einer Flucht nimmt in der Regel mit zunehmender Verfahrens- bzw. Haftdauer ab, da sich auch die Dauer des allenfalls noch zu erstehenden strafrechtlichen Freiheitsentzugs mit der bereits geleisteten prozessualen Haft, die auf die mutmassliche Freiheitsstrafe anzurechnen wäre (Art. 51 StGB), kontinuierlich verringert (Urteil 1B_281/2015 vom 15. September 2015 E. 2.2; zum zum Ganzen: BGE 143 IV 160 E. 4.3).
4.2. Die Vorinstanz ist im angefochtenen Beschluss mit einlässlicher Begründung zum Schluss gekommen, es sei nach wie vor von einer beträchtlichen Fluchtgefahr auszugehen. Sie hat zusammengefasst ausgeführt, bei einer Verurteilung drohe dem demnächst 85 Jahre alten Beschwerdeführer eine langjährige Freiheitsstrafe - die Staatsanwaltschaft beantrage eine solche von 8 Jahren -, wobei die zu vollziehende Reststrafe selbst unter Anrechnung der erstandenen Haft und der Möglichkeit einer bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug beträchtlich wäre. Eine derartige Sanktion träfe den Beschwerdeführer besonders empfindlich, da ungewiss wäre, ob er bis an sein Lebensende überhaupt wieder auf freien Fuss gelangen würde. Er habe daher grundsätzlich einen ganz erheblichen Anreiz, sich der konkret drohenden Freiheitsstrafe durch Flucht zu entziehen oder dies zumindest zu versuchen. Der Beschwerdeführer verfüge weiter über ein Domizil in Frankreich (er habe sog. Part-Anteile an einem Château, zu dem er Zutritt habe), womit bereits insofern ganz konkrete Bezugspunkte zum europäischen Ausland vorlägen, sowohl in sachlicher als auch in persönlicher Hinsicht. Auch sonst bestünden aus privaten und beruflichen Gründen, insbesondere wegen der früheren Tätigkeit des Beschwerdeführers als Anwalt mit internationaler Ausrichtung, relevante Bezüge und Kontakte zum Ausland, ausserdem im vorliegenden Zusammenhang einschlägige (namentlich juristische) Kenntnisse. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers stünde sodann einer Flucht nicht entgegen.
4.3. Der Beschwerdeführer rügt, es bestehe keine Fluchtgefahr und erst recht keine ausgeprägte. Er bringt vor, die Vorinstanz lege den Fokus auf die bei einer Verurteilung drohende Sanktion, obschon diese nach der Rechtsprechung für sich allein gerade keine Fluchtgefahr begründe. Ob es zu einer Verurteilung und einer mehrjährigen Freiheitsstrafe komme, wie sie die Staatsanwaltschaft beantrage, sei zudem ungewiss. Soweit die Vorinstanz konkrete Umstände berücksichtige, behaupte sie sodann nicht, es gebe irgendwelche konkreten Anzeichen in seinem Verhalten, dass er bei einer Haftentlassung fliehen werde. Vielmehr stütze sie die Annahme der Fluchtgefahr auf seinen Zustand und sein Alter, eine im Ausland mögliche medizinische Versorgung, den Umstand, dass er Jurist sei und sich deshalb einer Auslieferung widersetzen könnte, sowie seine finanzielle Situation. In Bezug auf diese Punkte übt der Beschwerdeführer Kritik an der vorinstanzlichen Beurteilung und bringt namentlich vor, sein Gesundheitszustand wie auch sein Alter sprächen gegen eine Flucht.
4.4. Die Vorinstanz hat - wie der Beschwerdeführer zutreffend vorbringt - ausgeführt, bei der Beurteilung der Fluchtgefahr komme der Schwere der konkreten Tatvorwürfe bzw. der konkret drohenden Freiheitsstrafe eine vorrangige Bedeutung zu. Angesichts der dem Beschwerdeführer bei einer Verurteilung drohenden langjährigen Freiheitsstrafe, die auch bei Anrechnung der erstandenen strafprozessualen Haft beträchtlich wäre und ihn wegen seines hohen Alters im von der Vorinstanz erwähnten Sinn besonders empfindlich treffen würde, ist dies grundsätzlich nicht zu beanstanden. Diese Umstände bilden einen klaren Anreiz, sich der drohenden Sanktion durch Flucht zu entziehen oder dies zumindest zu versuchen. Der Beschwerdeführer legt zudem nicht dar, inwiefern die Beurteilung der Vorinstanz, ein Schuldspruch im Sinne der Anklage sei angesichts der gegebenen Aktenlage prima facie nicht unwahrscheinlich, unzutreffend sein sollte. Die Vorinstanz hat im Weiteren nicht allein auf die bei einer Verurteilung drohende Sanktion und die insofern bestehende, erwähnte besondere Empfindlichkeit des Beschwerdeführers abgestellt, sondern die Fluchtgefahr unter Berücksichtigung zahlreicher weiterer konkreter Umstände geprüft und bejaht, mithin eine Beurteilung im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vorgenommen.
 
Erwägung 4.5
 
4.5.1. Bezüglich der Frage des Gesundheitszustands hat die Vorinstanz ausgeführt, die Staatsanwaltschaft weise zu Recht darauf hin, dass der Beschwerdeführer gesundheitlich zwar angeschlagen sei, es ihm bei einer Entlassung aus der Haft jedoch dennoch gut möglich wäre, mit einem Auto - unter Mithilfe einer Drittperson, die ihn fahren würde - seinen Aufenthaltsort zu wechseln bzw. die Schweiz auf dem Landweg in ein europäisches Nachbarland zu verlassen. Nach dem ersten Grenzübertritt wäre auch eine etappenweise fortgeführte Flucht in weiter entfernte Länder denkbar. Weiter hat die Vorinstanz auf die schriftliche Beurteilung der Verhandlungsfähigkeit des Beschwerdeführers vom 29. März 2022 verwiesen, die der Gefängnisarzt Dr. med. C.________ im Hinblick auf die Hauptverhandlung in der hängigen Strafsache zuhanden des Bezirksgerichts Dietikon vornahm und in der er die Verhandlungsfähigkeit verneinte. Der medizinische Sachverständige gehe davon aus, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sowohl in physischer als auch in kognitiver Hinsicht ausserhalb der Haftbedingungen bzw. im häuslichen Umfeld mit entsprechender Therapie rasch verbessern könnte. Daraus dürfe geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer, sollte er aus der Haft entlassen werden, relativ bald nicht mehr auf intensive, sondern lediglich noch auf punktuelle Hilfe angewiesen wäre. Auch unter diesem Gesichtspunkt erweise sich das Fluchtvorhaben somit als realisierbar. Ohnehin sei bereits heute davon auszugehen, dass die kognitiven Fähigkeiten des Beschwerdeführers nicht in einem solchen Mass eingeschränkt seien, dass er eine Flucht nicht sorgfältig planen und aufgleisen könnte.
4.5.2. Der Beschwerdeführer bringt zwar vor, sein Zustand erlaube ihm nicht, weite Strecken zu gehen. Er bewege sich mit Gleichgewichtsschwierigkeiten an einem Rollator wenige Meter fort. Für mehr reichten die Kraft und die Ausdauer nicht. Auch macht er geltend, aufgrund der fortschreitenden Haft sei er (neben seiner Schwerhörigkeit, seiner defekten Schulter, seinen akuten Gleichgewichtsproblemen und seinen erheblichen Gehschwierigkeiten) praktisch nicht mehr in der Lage, Gespräche mit Drittpersonen zu führen, und müssten selbst einfachste Absprachen im Alltag mit Papier und Stift erfolgen. Er verweist weiter auf die erwähnte Beurteilung seiner Verhandlungsfähigkeit durch den Gefängnisarzt sowie auf ein Dokument, in dem er unter anderem seinen Gesundheitszustand per Ende Mai 2022 unter Berücksichtigung auch der geltend gemachten diversen weiteren Gesundheitsprobleme dargestellt hat. Zudem wendet er ein, wenn die Vorinstanz schon bezüglich seiner Covid-Erkrankung, aufgrund welcher er anfangs Dezember 2020 für einige Tage ins Universitätsspital Zürich verlegt worden sei, vorbringe, eine Flucht wäre mit zu hohen gesundheitlichen Risiken verbunden gewesen, so habe dies erst recht in Bezug auf seinen heutigen Gesundheitszustand zu gelten.
Inwiefern es ihm nach einer Entlassung aus der Haft trotz des geltend gemachten angeschlagenen Gesundheitszustands grundsätzlich nicht möglich sein sollte, unter Mithilfe eines Dritten in der von der Vorinstanz erwähnten Weise zu flüchten, legt der Beschwerdeführer indessen nicht dar. Ebenso wenig stellt er die Beurteilung des Gefängnisarztes in Frage, wonach sich sein Zustand bei einer Haftentlassung rasch verbessern könnte; vielmehr geht er selber davon aus, dass sich eine Haftentlassung günstig auf seinen Gesundheitszustand auswirken könnte. Er zeigt auch nicht auf, inwiefern die geltend gemachten Gesundheitsprobleme in Bezug auf die Risiken mit seiner damaligen Covid-Erkrankung vergleichbar wären, ebenso wenig, dass damals mit Blick auf den Verfahrensstand entgegen dem Vorbringen der Vorinstanz keine ganz andere Ausgangslage bestand.
Im Weiteren weist er darauf hin, dass ab dem 11. Mai 2022 die ersten drei Tage der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht Dietikon durchgeführt worden seien und dieses entgegen der erwähnten Beurteilung des Gefängnisarztes seine Verhandlungsfähigkeit bejaht habe. Aus seinen Ausführungen wird dabei deutlich, dass er der Verhandlung so, wie sie durchgeführt wurde, folgen konnte und er gestützt auf im Vorfeld verfasste Notizen auch Aussagen machte. Aus seinen Vorbringen ergibt sich damit trotz der erwähnten Einwände nicht, dass die vorinstanzliche Beurteilung, wonach sein Gesundheitszustand einer Flucht nicht entgegenstünde, im Grundsatz auf einer offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung beruhen oder sonst bundesrechtswidrig wäre.
4.5.3. Daran ändern auch die Ausführungen des Beschwerdeführers zur medizinischen Versorgung im Ausland nichts. Zwar bringt er vor, angesichts des Krankheitsbilds und seines Gesundheitszustands sei eine rein private Betreuung oder eine Betreuung durch einen Hausarzt abwegig bzw. wäre es ihm nicht möglich, länger unterzutauchen. Dies ist mit Blick auf die vorinstanzliche Beurteilung, wonach davon auszugehen ist, dass er relativ bald nicht mehr auf intensive, sondern lediglich noch auf punktuelle Hilfe angewiesen wäre, jedoch zu relativieren. Sodann stellt er nicht in Abrede, dass zumindest im europäischen Ausland, insbesondere in Frankreich, eine gleichwertige, spezialisierte medizinische Versorgung vorhanden wäre. Ebenso wenig legt er dar, dass die vorinstanzliche Feststellung, wonach eine internationale Ausschreibung zur Verhaftung je nach Land nicht zwingend erkannt würde, wenn er einen Arzt konsultieren oder ein Krankenhaus aufsuchen würde, bzw. fraglich sei, ob eine entsprechende Information bei einer Bezahlung der medizinischen Leistung vor Ort überhaupt von Interesse wäre, offensichtlich unrichtig wäre.
Unbehelflich ist weiter auch sein Einwand, er verfüge über keine liquiden Mittel. Die Vorinstanz hat ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in den Jahren 2015 bis 2018 jeweils ein steuerbares Vermögen zwischen Fr. 700'000.-- und Fr. 800'000.-- ausgewiesen, wobei dieses Vermögen nach seinen Angaben praktisch vollständig in Gesellschaften investiert sei. Dabei dürfte es sich um Aktien bzw. Anteile am Kapital von (börsenkotierten) Unternehmen handeln, die relativ rasch verkauft und somit als Bargeld erhältlich gemacht werden könnten. Der Beschwerdeführer verfüge auch über das erforderliche Knowhow, um solches zu veranlassen. Damit wäre es ihm in finanzieller Hinsicht möglich, für eine gewisse Zeit je nach Bedarf medizinische Leistungen im Ausland auf privater Basis in Anspruch zu nehmen. Der Beschwerdeführer bringt in dieser Hinsicht lediglich vor, es handle sich um vinkulierte Namenaktien einer Gesellschaft, die unter anderem die Anteile des Châteaus in Frankreich halte. Dieses habe schon während mehrerer Jahre vor der Verhaftung verkauft werden sollen, was aber nicht gelungen sei. Mit diesem nicht weiter substanziierten oder belegten Vorbringen vermag er nicht aufzuzeigen, dass die erwähnte vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung offensichtlich unrichtig wäre. Dasselbe gilt, soweit er die Möglichkeit des Bezugs von (bestrittenen) Barmitteln in Abrede stellt.
4.6. Soweit der Beschwerdeführer das Bestehen von Fluchtgefahr sonst in Frage stellt, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Zwar macht er geltend, der Umstand, dass er statistisch gesehen keine zehn Jahre mehr zu leben habe, bedeute für ihn, dass er sich dem Prozess stellen und für seinen gerichtlichen Freispruch kämpfen möchte. Ein Leben auf der Flucht, im Versteckten, ohne adäquate Versorgung sei für ihn kein Leben. Dieses Vorbringen vermag indessen unabhängig davon, wie es sonst zu beurteilen ist, mit Blick auf die bei einer Verurteilung drohende langjährige Freiheitsstrafe, die den Beschwerdeführer wegen seines hohen Alters im erwähnten Sinn empfindlich treffen würde, Fluchtgefahr nicht grundsätzlich auszuschliessen. Gleiches gilt, soweit der Beschwerdeführer vorbringt, auch die Sicherheitshaft treffe ihn empfindlich, bzw. bei einer Flucht und einer anschliessenden Verhaftung, die sehr wahrscheinlich wäre, müsste er sowohl in der Schweiz als auch im Ausland bis zur Auslieferung in Haft bleiben, welchem Risiko er sich wegen der Auswirkungen der Haft auf seine Gesundheit nicht aussetzen wolle. Unbehelflich ist weiter seine Kritik an der Befürchtung der Vorinstanz, dass er seine juristischen (und anderen) Möglichkeiten sowie seine Kontakte im Ausland nutzen könnte, um sich ins Ausland abzusetzen und um sich gegen eine rechtshilfeweise Rückführung in die Schweiz zu wehren. Die Vorinstanz durfte die einschlägigen juristischen und weiteren Kenntnisse, Kontakte und Möglichkeiten des Beschwerdeführers, welche dieser nicht grundsätzlich bestreitet, bei der Beurteilung der Fluchtgefahr berücksichtigen. Nicht ausschlaggebend ist schliesslich, dass die Vorinstanz nicht geltend gemacht hat, es bestünden konkrete Anzeichen im Verhalten des Beschwerdeführers, die eine Flucht nahelegten. Fluchtgefahr setzt keine derartigen Anzeichen voraus.
4.7. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, indem sie Fluchtgefahr bejaht hat. Vor Bundesrecht nicht stand hält allerdings ihre Beurteilung, dieses Risiko sei beträchtlich. Das hohe Alter und die angeschlagene Gesundheit des Beschwerdeführers würden nicht nur die eigentliche Flucht, sondern insbesondere auch ein Leben auf der Flucht erheblich erschweren und eine (erneute) Verhaftung erleichtern. Dies schwächt den Fluchtanreiz in relevanter Weise ab. Ein Untertauchen erscheint somit - wie bereits das Zwangsmassnahmengericht in der Verfügung vom 11. April 2022 festgehalten hat - zwar weiterhin als möglich, kann aber nicht mehr als wahrscheinlich bezeichnet werden (vgl. oben E. 4.1)
 
Erwägung 5
 
5.1. Hinsichtlich allfälliger Ersatzmassnahmen gemäss Art. 237 StPO bezüglich der bestehenden Fluchtgefahr hat die Vorinstanz ausgeführt, Massnahmen wie die Pass- und Schriftensperre und die Meldepflicht, welche das Zwangsmassnahmengericht in der Verfügung vom 11. April 2022 angeordnet habe, sowie die vom Beschwerdeführer (im vorinstanzlichen Verfahren) zusätzlich vorgeschlagene elektronische Überwachung mittels einer Fussfessel könnten geeignet sein, einer gewissen, niederschwelligen Fluchtneigung ausreichend Rechnung zu tragen. Bestehe dagegen wie im vorliegenden Fall eine erhöhte Fluchtgefahr, erwiesen sich diese wie auch andere Ersatzmassnahmen nach der einschlägigen Bundesgerichtspraxis regelmässig als nicht ausreichend. Dies hat die Vorinstanz hinsichtlich der Ausweis- und Schriftensperre und der Meldepflicht sowie der elektronischen Überwachung näher ausgeführt. Ergänzend hat sie Zweifel an der Motivation des Beschwerdeführers geäussert, die Ersatzmassnahmen einhalten zu wollen.
5.2. Der Beschwerdeführer bringt eventualiter vor, er sei mit den vom Zwangsmassnahmengericht in der Verfügung vom 11. April 2022 angeordneten Ersatzmassnahmen einverstanden, und bemängelt, dass die Vorinstanz diese Massnahmen nicht als tauglich beurteilt hat. Er äussert sich dabei allerdings lediglich zu den ergänzenden Erwägungen der Vorinstanz betreffend seine Motivation zur Einhaltung dieser Ersatzmassnahmen. Mit ihrem Hauptargument, wonach diese Massnahmen im vorliegenden Fall wegen der erhöhten Fluchtgefahr nicht in Betracht kämen, setzt er sich nicht auseinander. Aus seinen Ausführungen wird indessen deutlich, dass er im Rahmen seines Eventualstandpunkts eine erhöhte Fluchtgefahr bestreitet. Damit wendet er sich implizit auch gegen das Hauptargument der Vorinstanz.
5.3. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, können Ersatzmassnahmen für Haft wie etwa eine Pass- und Schriftensperre sowie eine Meldepflicht geeignet sein, einer gewissen (niederschwelligen) Fluchtneigung ausreichend Rechnung zu tragen. Bei ausgeprägter Fluchtgefahr erweisen sich solche Massnahmen, auch in Kombination mit einer elektronischen Überwachung gemäss Art. 237 Art. 3 StPO, dagegen regelmässig als nicht ausreichend (vgl. BGE 145 IV 503 E. 3.2 f.; Urteile 1B_211/2022 vom 18. Mai 2022 E. 3.3; 1B_361/2021 vom 16. Juli 2021 E. 5.3; 1B_177/2021 vom 22. April 2021 E. 5.1; je mit Hinweisen). Vorliegend ist, wie dargelegt, lediglich von einer eingeschränkten Fluchtgefahr auszugehen. Es liegt demnach keine ausgeprägte Fluchtgefahr vor, welcher nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Ersatzmassnahmen in der Regel nicht ausreichend begegnet werden kann. Soweit sich die Vorinstanz auf diese Rechtsprechung gestützt hat, um die Tauglichkeit der vom Zwangsmassnahmengericht mit Verfügung vom 11. April 2022 angeordneten Ersatzmassnahmen wie auch anderer solcher Massnahmen zu verneinen, erweist sich dies deshalb als unzutreffend.
Unter den gegebenen Umständen erscheinen im Weiteren geeignete Ersatzmassnahmen wie grundsätzlich die vom Zwangsmassnahmen-gericht angeordneten (Ausreiseverbot, Pass- und Schriftensperre, tägliche Meldepflicht) als ausreichend, um der bestehenden eingeschränkten Fluchtgefahr zu begegnen. Daran ändert nichts, dass die Vorinstanz Zweifel an der Motivation des Beschwerdeführers zur Einhaltung von Ersatzmassnahmen geäussert hat. Der Beschwerdeführer hat zu den betreffenden Vorbringen der Vorinstanz Stellung genommen und nachvollziehbar dargelegt, wieso aus den von dieser angeführten Umständen nicht auf eine mangelnde Bereitschaft zur Einhaltung von Ersatzmassnahmen geschlossen werden kann. Auch insofern besteht daher kein Anlass zur Annahme, solche Massnahmen genügten nicht, um der bestehenden Fluchtgefahr beizukommen.
5.4. Indem die Vorinstanz verneint hat, dass geeignete Ersatzmassnahmen wie grundsätzlich die vom Zwangsmassnahmengericht angeordneten ausreichen, um, allenfalls in Kombination mit einer elektronischen Überwachung gemäss Art. 237 Art. 3 StPO (vgl. dazu BGE 145 IV 503 E. 3.3; Urteil 1B_211/2022 vom 18. Mai 2022 E. 3.2), der bestehenden Fluchtgefahr Rechnung zu tragen, hat sie demnach Bundesrecht verletzt. Dasselbe gilt, soweit sie im Hinblick auf diese Gefahr eine Verlängerung der Sicherheitshaft als erforderlich erachtet hat. In diesem Punkt erweist sich die Beschwerde damit als begründet.
 
Erwägung 6
 
6.1. Unter dem Gesichtswinkel der Fluchtgefahr kommt die strittige Verlängerung der Sicherheitshaft somit nicht in Betracht und ist der Antrag des Beschwerdeführers auf Entlassung aus der Haft unter Anordnung geeigneter Ersatzmassnahmen berechtigt. Die Staatsanwaltschaft macht in ihrer Vernehmlassung im bundesgerichtlichen Verfahren allerdings wie bereits vor der Vorinstanz geltend, neben Fluchtgefahr bestehe auch Kollusionsgefahr. Der Beschwerdeführer bestreitet dies.
Die Vorinstanz hat im angefochtenen Beschluss einzig Fluchtgefahr geprüft und, da sie diese bejaht hat, offen gelassen, ob auch Kollusionsgefahr besteht. Sie hat entsprechend auch nicht geprüft, ob einer allfälligen Kollusionsgefahr mit Ersatzmassnahmen gemäss Art. 237 StPO ausreichend Rechnung getragen werden könnte, und ob, falls dies zu verneinen sein sollte, eine Verlängerung der Sicherheitshaft unter diesem Titel mit Blick auf den angeschlagenen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers verhältnismässig wäre.
6.2. Das Bundesgericht kann nur in Ausnahmefällen selber Haftgründe substituieren. Zudem muss bei einer Substitution von Haftgründen das rechtliche Gehör der inhaftierten Person gewahrt bleiben. Wenn die kantonalen Instanzen nicht rechtzeitig mehrere Haftgründe dargelegt bzw. geprüft haben, weist das Bundesgericht daher in Zweifelsfällen die Sache zur Neuprüfung an die Vorinstanz zurück (vgl. Urteile 1B_91/2022 vom 18. März 2022 E. 4.3.4; 1B_476/2021 vom 23. September 2021 E. 5.1; 1B_560/2019 vom 5. Dezember 2019 E. 4.1 mit Hinweisen). Dasselbe gilt, wenn, wie hier, der von der Vorinstanz bejahte besondere Haftgrund zwar besteht, dieser die strittige Haftanordnung aber nicht zu rechtfertigen vermag, und sich die Frage stellt, ob ein anderer besonderer Haftgrund vorliegt, der diese Anordnung zu stützen vermag. Auch in dieser Konstellation ist mithin in Zweifelsfällen die Sache zur Neuprüfung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Vorliegend ist nicht ohne Weiteres auszuschliessen, dass Kollusionsgefahr bestehen und die strittige Verlängerung der Sicherheitsheitshaft unter diesem Titel in Betracht kommen könnte. Die Sache ist daher zur unverzüglichen Prüfung dieser Frage an die Vorinstanz zurückzuweisen. Falls diese die Zulässigkeit der Haftverlängerung unter diesem Gesichtswinkel verneint, hat sie den Beschwerdeführer unter Anordnung geeigneter Ersatzmassen bezüglich der bestehenden eingeschränkten Fluchtgefahr und gegebenenfalls auch bezüglich einer allfälligen Kollusionsgefahr umgehend aus der Haft zu entlassen.
 
Erwägung 7
 
Damit ist die Beschwerde gutzuheissen. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und die Sache im Sinne der vorstehenden Erwägungen zur unverzüglichen weiteren Prüfung und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens (Rückweisung zu neuem Entscheid mit noch offenem Ausgang) gilt der Beschwerdeführer als obsiegend (vgl. BGE 141 V 281 E. 11.1 mit Hinweis). Der Kanton Zürich hat ihn deshalb für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 BGG). Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 66 Art. 4 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 29. April 2022 wird aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zur unverzüglichen weiteren Prüfung und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 28. Juni 2022
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Kneubühler
 
Der Gerichtsschreiber: Baur