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BGer 8C_38/2022 vom 13.07.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
[img]
 
 
8C_38/2022
 
 
Urteil vom 13. Juli 2022
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
 
Gerichtsschreiberin Berger Götz.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Györffy,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich,
 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung
 
(Invalidenrente; prozessuale Revision),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Oktober 2021 (IV.2019.00565).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. Der 1958 geborene A.________ meldete sich am 7. Oktober 2009 zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich sprach ihm, unter anderem gestützt auf das Gutachten des Dr. med. B.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 5. November 2010, rückwirkend ab 1. April 2010 eine halbe Invalidenrente, gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 50 %, zu (Verfügung vom 18. April 2011). Nach Einholung eines Verlaufsgutachtens bei Dr. med. B.________ vom 29. Oktober 2012 bestätigte sie den Anspruch auf eine halbe Rente mit Mitteilung vom 11. März 2013.
A.b. Die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich setzte die Verwaltung am 23. September 2013 über Hinweise auf ein deliktisches Verhalten des A.________ in Kenntnis. Mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 20. Juni 2016 wurde er der mehrfachen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie der mehrfachen Geldwäscherei schuldig gesprochen und mit einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten belegt. Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte ihn wegen mehrfacher qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie qualifizierter Geldwäscherei und erhöhte die Freiheitsstrafe auf 30 Monate (Urteil vom 7. Juli 2017).
Mit Mitteilung vom 9. Juni 2015 hatte die IV-Stelle die laufende Rente zufolge der Inhaftierung des A.________ rückwirkend ab 1. November 2014 sistiert und den während der Haftzeit ausgerichteten Rentenbetrag zurückgefordert. Infolge der Haftentlassung per 9. Januar 2017 verfügte sie am 27. Februar 2017 die Wiederausrichtung der Rente ab 1. Januar 2017. Zudem leitete sie ein amtliches Revisionsverfahren ein und veranlasste unter anderem das Gutachten der Dr. med. C.________, Psychiatrie und Psychotherapie, speziell Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, vom 2. November 2018 (inklusive ergänzende Stellungnahme vom 24. November 2018) mit neuropsychologischem Teilgutachten samt Beschwerdevalidierung durch lic. phil. D.________, Fachpsychologe für Neuropsychologie FSP, vom 26. Oktober 2018. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens hob sie unter dem Titel "prozessuale Revision" die Rentenverfügung vom 18. April 2011 sowie die Revisionsmitteilung vom 11. März 2013 wie auch die bisherige Rente rückwirkend per 1. Mai 2012 auf und forderte die vom 1. Mai 2012 bis 31. Januar 2018 geleisteten Rentenzahlungen zurück (Verfügung vom 10. Juli 2019).
B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die gegen die Verfügung vom 10. Juli 2019 erhobene Beschwerde mit Urteil vom 29. Oktober 2021 ab.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des kantonalgerichtlichen Urteils sei ihm weiterhin eine halbe Rente auszurichten und die Renten für die Zeit ab 1. Februar 2018 seien ihm nachzuzahlen. Ferner ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.
Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
 
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG; zum Ganzen: BGE 145 V 57 E. 4).
2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der IV-Stelle am 10. Juli 2019 verfügte prozessuale Revision der rentenzusprechenden Verfügung vom 18. April 2011 und der Revisionsmitteilung vom 11. März 2013 bestätigte. Zur Frage steht dabei, ob die zu beachtende Revisionsfrist eingehalten wurde, insbesondere in welchem Zeitpunkt die IV-Stelle sichere Kenntnis über die revisionsbegründenden Tatsachen erlangte.
 
Erwägung 3
 
3.1. Gemäss Art. 53 Abs. 1 ATSG müssen formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war. Diese sogenannte prozessuale Revision kommt auch bei formlosen, rechtsbeständig gewordenen Leistungszusprechungen zur Anwendung (Urteil 8C_469/2013 vom 24. Februar 2014 E. 2, nicht publ. in: BGE 140 V 70, aber in: SVR 2014 UV Nr. 14 S. 44; SVR 2012 UV Nr. 17 S. 63, 8C_434/2011 E. 3; 2007 ALV Nr. 24 S. 75, C 119/06 E. 3.2; vgl. auch BGE 138 V 324 E. 3.1; je mit Hinweisen). Die Revisionsverfügung ist reformatorischer Natur und ersetzt den ursprünglichen Entscheid. Die Neubeurteilung wirkt ex tunc und beinhaltet eine rückwirkende Korrektur der Anspruchsbeurteilung für den durch die revidierte Verfügung geregelten Zeitraum. In der Invalidenversicherung schreibt Art. 85 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 88bis Abs. 2 IVV bei einer Rentenreduktion oder Aufhebung zufolge "Überprüfung der invaliditätsmässigen Voraussetzungen" allerdings grundsätzlich die Wirkung ex nunc vor. Eine Rückwirkung ist nur zulässig, wenn die versicherte Person die Leistung zu Unrecht erwirkt oder die Meldepflicht nach Art. 77 IVV verletzt hat. Da im Rahmen einer prozessualen Revision die invaliditätsmässigen Voraussetzungen überprüft werden, gilt diese Regelung somit auch in der Invalidenversicherung (THOMAS FLÜCKIGER, in: Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts, 2020, N. 36 f. zu Art. 53 ATSG mit Hinweis auf MARGIT MOSER-SZELESS, in: Commentaire romand, Loi sur la partie générale des assurances sociales [LPGA], 2018, N. 68 zu Art. 53 ATSG).
3.2. Neue Tatsachen und Beweismittel im Sinne von Art. 53 Abs. 1 ATSG sind innert 90 Tagen nach ihrer Entdeckung geltend zu machen; nebst dieser relativen Frist gilt eine absolute 10-jährige Frist, die mit der Eröffnung der Verfügung respektive des Einspracheentscheides zu laufen beginnt (vgl. Art. 67 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 ATSG; BGE 143 V 105 E. 2.1 mit Hinweisen). Grundsätzlich bestimmt sich der Zeitpunkt, in welchem die Partei den angerufenen Revisionsgrund hätte entdecken können, nach dem Prinzip von Treu und Glauben. Die Revisionsfrist beginnt praxisgemäss zu laufen, sobald sichere Kenntnis über die neue erhebliche Tatsache oder das entscheidende Beweismittel vorhanden ist. Blosse Vermutungen oder gar Gerüchte genügen dagegen nicht und vermögen den Lauf der Revisionsfristen nicht in Gang zu setzen. Bei noch unvollständiger Kenntnis sind medizinische Abklärungen innert angemessener Frist anzuordnen (BGE 143 V 105 E. 2.4).
4.
Das kantonale Gericht stellte fest, die von der IV-Stelle vorgenommenen Zwischenschritte nach Eingang der Verdacht erweckenden Strafakten seien jeweils zielgerichtet und zeitgerecht erfolgt. Die ärztlichen Beurteilungen, namentlich das Gutachten der Dr. med. C.________ vom 2. November 2018 und deren ergänzende Stellungnahme vom 24. November 2018, seien zwingend abzuwarten gewesen. Danach seien nur wenige Tage bis zum Vorliegen des Berichts des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 3. Dezember 2018 verstrichen. Die sich aufgrund der damaligen Aktenlage stellenden schwierigen rechtlichen Fragen seien intern am 22. Februar 2019 von der Sachbearbeitung formuliert, am 28. März 2019 durchgesehen und am 16. April 2019 vom Rechtsdienst der IV-Stelle beantwortet worden. Dieser Zeitablauf über das Jahresende sei als angemessen zu qualifizieren. Hinzu komme, dass das Strafurteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 7. Juli 2017, das der Beschwerdeführer im invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren nicht eingereicht habe, und der IV-Stelle erst auf ihr entsprechendes Gesuch hin am 16. April 2019 zugestellt worden sei, massgebliche Bedeutung habe. Denn verschiedene Verhaltensweisen des Beschwerdeführers seien (von diesem) bestritten worden, so dass erst das rechtskräftige Strafurteil vom 7. Juli 2017 (Strafverschärfung) Gewissheit über den Sachverhalt gebracht habe. Dieser Zeitverlust in den Abklärungen könne nicht der Beschwerdegegnerin angerechnet werden. Der Vorbescheid datiere vom 2. Mai 2019, womit die prozessuale Revision rechtzeitig ergangen sei.
 
Erwägung 5
 
5.1. Der Beschwerdeführer folgt der Vorinstanz, soweit sie davon ausgeht, dass die IV-Stelle bis zum Vorliegen des medizinischen Gutachtens vom 2. November 2018, respektive der schriftlichen Antwort der Dr. med. C.________ vom 24. November 2018 auf die gestellten Zusatzfragen, keine sichere Kenntnis über die neuen erheblichen Tatsachen erlangt habe. Er rügt hingegen, die weiteren Erwägungen des kantonalen Gerichts zur angeblichen Rechtzeitigkeit der prozessualen Revision seien nicht tragfähig. Genügend sichere Kenntnis sei nämlich bereits mit Eingang der gutachtlichen Antwort vom 24. November 2018 auf die Ergänzungsfragen der IV-Stelle vorgelegen. Deshalb sei die 90-tägige Revisionsfrist in diesem Zeitpunkt ausgelöst worden. Die weitere Befassung des RAD und des IV-Rechtsdienstes mit den Akten ändere nichts daran. Die von der IV-Stelle verfügte Einstellung der Rente und Rückforderung der ausgerichteten Rentenleistungen aufgrund einer prozessualen Revision seien folglich nach Ablauf der dafür zur Verfügung stehenden Revisionsfrist - und hiermit verspätet - erfolgt. Das angefochtene Gerichtsurteil müsse aufgehoben werden.
5.2. Der Beschwerdeführer weist zutreffend darauf hin, dass sich das kantonale Gericht nicht explizit zum Beginn der 90-tägigen Revisionsfrist geäussert hat. Sinngemäss lässt sich dem angefochtenen Urteil jedoch entnehmen, dass die Vorinstanz das Vorliegen der Antwort des IV-Rechtsdienstes vom 16. April 2019 im Zusammenwirken mit der effektiven Kenntnisnahme des Obergerichtsurteils des Kantons Zürich vom 7. Juli 2017 als fristauslösend qualifizierte. Wie sich nachfolgend zeigt (vgl. E. 5.2.1.3 hiernach), kann offen bleiben, ob dem Eintreffen des Obergerichtsurteils bei der IV-Stelle für den Fristbeginn überhaupt eine Relevanz zukommen kann. Es erübrigt sich deshalb, nachfolgend auf die in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen des Beschwerdeführers einzugehen.
5.2.1. Die Revisionsfrist muss nach Ansicht des Beschwerdeführers mit dem Vorliegen des Antwortschreibens der Dr. med. C.________ vom 24. November 2018 zu laufen begonnen haben, da in diesem Zeitpunkt genügende Kenntnis der neuen erheblichen Tatsachen vorhanden gewesen sei.
5.2.1.1. Losgelöst vom aus dem Strafverfahren bekannt gewordenen Aktivitätsniveau des Beschwerdeführers erscheint dieser Schluss zwar auf den ersten Blick nachvollziehbar. Ergeben sich aus den neu entdeckten Tatsachen und Beweismitteln, so im vorliegenden Fall aus den Strafakten und aus dem Gutachten der Dr. med. C.________, (lediglich) gewichtige Indizien für das Vorliegen eines prozessualen Revisionsgrundes, sind innert angemessener Frist zusätzliche Abklärungen vorzunehmen, um diesbezüglich hinreichende Sicherheit zu erhalten. Solange der Versicherungsträger die für erforderlich erachteten Abklärungen jeweils innert nützlicher Frist vorantreibt, löst dies die 90-tägige Revisionsfrist nicht aus (BGE 143 V 105 E. 2.4; SVR 2012 IV Nr. 36 S. 140, 9C_896/2011 vom 31. Januar 2012 E. 4.2 mit Hinweisen; SVR 2012 UV Nr. 17 S. 63, 8C_434/2011 vom 8. Dezember 2011 E. 4.2; Urteil 8C_694/2012 vom 25. Januar 2013 E. 3.1.2).
5.2.1.2. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat das kantonale Gericht kein Bundesrecht verletzt, indem es davon ausgegangen ist, dass die IV-Stelle aufgrund der mangelnden Aussagekraft des psychiatrischen Gutachtens vom 2. November 2018 wie auch des Antwortschreibens vom 24. November 2018 im damaligen Zeitpunkt als noch nicht spruchreif hatte qualifizieren und eine zweite Ermittlungsphase hatte einleiten dürfen. Nachdem sich die für den RAD tätige Dr. med. E.________, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, der Aussagekraft des Gutachtens vom 2. November 2018 (samt ergänzender Stellungnahme vom 24. November 2018) nicht sicher gewesen war und am 3. Dezember 2018 bei "nur knapp" einleuchtender Darlegung der medizinischen Zusammenhänge und "in einigermassen nachvollziehbarer Weise" hergeleiteten Schlussfolgerungen sowie auffälliger Symptomvalidierung eine zusätzliche Überprüfung durch den Rechtsanwender empfohlen hatte, zog die IV-Stelle ihren Rechtsdienst bei. Am 22. Februar 2019 (visiert am 28. März 2019 vom Rechtsdienst) wurden die Fragen an ihn formuliert. So sollte unter anderem geklärt werden, ob aufgrund des neuropsychologischen Befundes eine Aggravation bestehe und ob die Schlussfolgerung der Gutachterin, wonach die Arbeitsunfähigkeit in angestammter und angepasster Tätigkeit 50 % betrage, vor dem Hintergrund der Strafakten, aus denen sich ein "sehr hohes Aktivitätsniveau" ergebe, nachvollziehbar seien. Die Stellungnahme des IV-Rechtsdienstes erfolgte etwas weniger als zwei Monate später am 16. April 2019. Vor dem Hintergrund der umfangreichen Strafakten durfte die Vorinstanz willkürfrei davon ausgehen, dass die IV-Stelle die nach Erstattung des psychiatrischen Gutachtens für erforderlich erachteten Abklärungen jeweils innert nützlicher Frist vorangetrieben hatte. Deshalb konnte die 90-tägige Revisionsfrist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers vor dem 16. April 2019 noch nicht ausgelöst werden.
5.2.1.3. Der Rechtsdienst bezog in seiner Analyse vom 16. April 2019 erstmals auch das Wissen um die aus den Strafakten bekannt gewordene - und nun nachgewiesene - sehr hohe Funktionalität des Beschwerdeführers ein. Es liegt eine rechtskräftige Verurteilung wegen der mehrfachen qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Kontaktvermittlung und Organisation von Treffen zwischen Heroinhändler und -abnehmer sowie Teilnahme an den Treffen) und der qualifizierten Geldwäscherei (Transfer zahlreicher Erlöse aus dem Drogenhandel ins Ausland) vor, was mit 30 Monaten Freiheitsstrafe geahndet wurde (Obergerichtsurteil vom 7. Juli 2017). Wie die Vorinstanz feststellte, war der Beschwerdeführer "beruflich" äusserst aktiv und sein Tag war von frühmorgens bis abends gänzlich gefüllt mit mannigfaltigen Transportdiensten und sehr vielen Telefonaten (die Überwachung der Telekommunikation ergab, dass er täglich im Schnitt 400 Telefongespräche führte). Die psychiatrische Gutachterin schätzt diese Aktivitäten unter Verkennung der nachgewiesenen, durchaus komplexen und arbeitsintensiven Tätigkeiten als "sehr einförmige Telefonate und repetitive Abläufe" ein. Auf der Grundlage der vom IV-Rechtsdienst erstellten Analyse vom 16. April 2019 trat nun aber erstmals klar zutage, dass diese Beschäftigung im kriminellen Milieu dem Arbeitsumfang einer Erwerbstätigkeit in einem 100%-Pensum ohne Weiteres gleichgesetzt werden kann. Damit hat der Beschwerdeführer den Tatbeweis einer andauernden, uneingeschränkten Arbeits- und Leistungsfähigkeit erbracht. Gleichzeitig wurde damit offensichtlich, dass die von Dr. med. B.________ am 5. Oktober 2010 und 29. Oktober 2012 attestierte und von Dr. med. C.________ im November 2018 bestätigte 50%ige Arbeitsunfähigkeit auf keinerlei Grundlage fusst. Somit kann der IV-Stelle erstmals bei Vorliegen der Analyse des IV-Rechtsdienstes vom 16. April 2019 sichere Kenntnis über neue erhebliche Tatsachen angerechnet werden.
5.2.2. Es ist demnach im Ergebnis mit dem kantonalen Gericht einig zu gehen, dass die notwendigen Abklärungen innert angemessener Frist vorgenommen worden sind. Wurde der Lauf der Revisionsfrist folglich mit der Einschätzung des Rechtsdienstes vom 16. April 2019 ausgelöst, so muss die prozessuale Revision mit Erlass des Vorbescheids am 2. Mai 2019 als rechtzeitig innert 90 Tagen (vgl. E. 3.2 hiervor) eingeleitet gelten.
6.
6.1. Der IV-Rechtsdienst hat mit der analyse vom 16. April 2019 die sich aus den Strafakten ergebenden Fakten hinsichtlich der in den vergangenen Jahren tatsächlich gezeigten Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers aufgearbeitet. Der Bericht zeigt klar, dass die von Dr. med. B.________ und später auch von Dr. med. C.________ aus der wahnhaften Störung abgeleitete 50%ige Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit keineswegs der Realität entspricht. Dr. med. C.________ befasste sich nicht wirklich damit, in welchem Ausmass und in welcher Hinsicht der Beschwerdeführer Aktivitäten entfaltete, seien es deliktische, seien es politische oder anderweitige, und was daraus für sein Leistungsvermögen zu folgern ist. Die betreffende Würdigung - basierend auf einem Mini-ICF-APP - fällt sehr knapp aus, ohne jeden Bezug zum gezeigten Aktivitätsniveau, das namentlich auch keinen Eingang in die Prüfung von Konsistenz und Plausibilität findet. Dass ihrem Gutachten vor diesem Hintergrund und nicht zuletzt auch mit Blick auf das Ergebnis der neuropsychologischen Begutachtung die Beweiswertigkeit abgesprochen wurde, stellt keine Bundesrechtsverletzung dar. Wie bereits in BGE 127 V 294 (E. 4c und 5a) festgehalten wurde, ist eine fachärztlich festgestellte psychische Krankheit nicht ohne Weiteres gleichbedeutend mit dem Vorliegen einer Invalidität. In jedem Einzelfall muss eine Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit unabhängig von der Diagnose und grundsätzlich unbesehen der Ätiologie ausgewiesen und in ihrem Ausmass bestimmt sein. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer an einer wahnhaften Störung leidet. Fest steht jedenfalls, dass diese keinen einschränkenden Einfluss auf seine Arbeitsfähigkeit hatte. Der Beschwerdeführer hat mit seinen zahlreichen kriminellen Tätigkeiten neben seiner Teilzeitanstellung in einem Reisebüro den Tatbeweis einer 100%igen Arbeitsfähigkeit ohne Weiteres erbracht. Wären seine Machenschaften schon im Rahmen der ersten Leistungsabklärung bis zum Zeitpunkt der Rentenverfügung vom 18. April 2011 bekannt geworden, wäre eine Rente demzufolge gar nie zugesprochen worden.
6.2. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die von der Vorinstanz durchgeführte Indikatorenprüfung wendet, kann er daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten. Denn aufgrund der auf den Strafakten basierenden Analyse des IV-Rechtsdienstes zum Aktivitätsniveau ergibt sich auch ohne entsprechende Prüfung ohne Weiteres, dass eine gesundheitlich bedingte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit gar nie bestanden hatte. Im Streit liegt der Rentenanspruch bis hin zum Verfügungserlass vom 10. Juli 2019. Für diese ganze Zeit negiert der Beschwerdeführer seinerseits eine Veränderung des Gesundheitszustandes explizit. Sind somit während der durch die Strafakten nachgewiesenen Dauer der Delinquenz keine Zeichen einer gesundheitlichen Einschränkung gegeben, so ist die Annahme, dass dies ohne Weiteres auch für die Zeit davor und danach gilt, nicht willkürlich. Ob das kantonale Gericht unter anderen Umständen im Rahmen einer prozessualen Revision die sogenannte Indikatorenrechtsprechung, die mit BGE 141 V 281 eingeführt wurde und seit der Praxisänderung gemäss BGE 143 V 409 und 418 auf sämtliche psychischen Erkrankungen anwendbar ist, für die Beantwortung der Frage nach der ursprünglichen Rechtmässigkeit der Rentenzusprechung hätte anwenden dürfen, kann dahingestellt bleiben. Für die Beurteilung der aktuellen Leistungsfähigkeit zur Zeit der Verfügung vom 10. Juli 2019 fällt aber durchaus ins Gewicht, dass das kantonale Gericht anhand der Indikatorenprüfung keinerlei Einschränkung der Arbeitsfähigkeit hat feststellen können. Dies lässt aufgrund der hier speziellen Konstellation bei einem vom Beschwerdeführer behaupteten unveränderten Gesundheitszustand durchaus Rückschlüsse auf die ganze Zeit des Rentenbezugs zu. Da sich dabei herausstellte, dass die Rente von Beginn weg zu Unrecht erwirkt worden war, ist auch nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz eine Neubeurteilung ex tunc vornahm und die von der Verwaltung vorgenommene rückwirkende Korrektur der Anspruchsberechtigung bestätigte (vgl. E. 3.1 hiervor).
6.3. Die Rüge des Beschwerdeführers, es liege keine Veränderung des Gesundheitszustandes vor, ist ebenfalls nicht stichhaltig, weil es sich hier nicht um eine Revision aufgrund veränderter Verhältnisse im Sinne von Art. 17 ATSG handelt. Die prozessuale Revision wirkt in zeitlicher Hinsicht zurück (ex tunc), das heisst, die ursprüngliche Rentenverfügung vom 18. April 2011 bzw. die bestätigende Mitteilung vom 11. März 2013 besteht nicht mehr.
Der Invaliditätsgrad und der allfällige Anspruch auf eine Rente des Beschwerdeführers sind daher von Grund auf neu zu bestimmen. Die Beweislast einer Invalidität liegt bei dieser ursprünglichen Prüfung eines Rentenanspruchs beim Beschwerdeführer und nicht - wie bei einer Revision infolge anspruchserheblicher Änderung - bei der Leistungserbringerin. Die Beschwerdegegnerin durfte folglich vom Beschwerdeführer die ihm zu Unrecht ausbezahlten - in masslicher Hinsicht unbestrittenen - Rentenleistungen zurückfordern (vgl. E. 3.1 hiervor).
6.4. Zusammenfassend ist dem kantonalen Gericht im Ergebnis beizupflichten, dass die Voraussetzungen für eine prozessuale Revision im Sinne von Art. 53 Abs. 1 ATSG auch inhaltlich erfüllt sind. Es hat kein Bundesrecht verletzt, als es die Revisionsverfügung der IV-Stelle vom 10. Juli 2019 bestätigte. Dementsprechend ist die Beschwerde abzuweisen.
7.
Gemäss dem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann jedoch entsprochen werden, da die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind (Art. 64 Abs. 1 BGG). Es wird indes ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen, wonach er der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn er später dazu in der Lage ist.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Rechtsanwalt Viktor Györffy wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.
 
4.
 
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2800.- ausgerichtet.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 13. Juli 2022
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Wirthlin
 
Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz