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Bearbeitung, zuletzt am 05.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 5A_538/2022 vom 22.07.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
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5A_538/2022
 
 
Urteil vom 22. Juli 2022
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
 
Gerichtsschreiber Möckli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Region St. Gallen, Bahnhofplatz 1, 9000 St. Gallen.
 
Gegenstand
 
Anordnung von Kindesschutzmassnahmen,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen vom 9. Juni 2022 (KES.2022.7-EZE2 / ZV.2022.36-EZE2).
 
 
Sachverhalt:
 
A.________ und B.________ sind die Eltern einer 2009 geborenen Tochter, welche mit der Mutter in der Schweiz lebt, während sich der Vater in Israel befindet. Das Asylgesuch der Mutter wurde am 3. Juli 2019 letztinstanzlich durch das Bundesverwaltungsgericht abgewiesen. Im Frühling 2022 brachte sie ein weiteres Kind zur Welt und stellte für dieses und mittelbar für sich ein "Erst-"Asylgesuch.
Bereits am 26. August 2021 hatte die KESB Region St. Gallen für die Tochter eine Beistandschaft errichtet, was erfolglos bis vor Bundesgericht angefochten wurde.
Am 10. Dezember 2021 beantragte die Beiständin, es seien für die Tochter weitergehende Kindesschutzmassnahmen anzuordnen, namentlich eine Fremdplatzierung. Im Gespräch mit der dieser beigestellten Kindesvertreterin ergab sich, dass die Tochter sich hauptsächlich bei ihrer Tante aufhielt und nicht zur Schule ging, da sie sich nicht konzentrieren konnte, weil ihre Mutter schwanger sei und eine Beziehung mit einem anderen Mann habe, was die Tochter als Verrat an sich, an ihrem Vater und an der ganzen Familie ansah; ihr grösster Wunsch wäre, dass der Vater in die Schweiz käme und sie dann bei diesem leben könnte. Mit Entscheid vom 10. März 2022 verzichtete die KESB auf weitergehende Massnahmen, namentlich auf eine Fremdplatzierung, weil die Erziehungsfähigkeit der Mutter grundsätzlich nicht in Frage stehe und eine von ihr ausgehende Kindeswohlgefährdung höchstens im Umstand gesehen werden könnte, dass sie sich weigere, die ihr zugewiesene Unterkunft im Ausreise- und Nothilfezentrum in Anspruch zu nehmen und sie damit eine instabile Wohnsituation für sich und die Tochter schaffe.
Gegen diesen Entscheid erhob die Mutter eine Beschwerde mit dem Antrag auf Feststellung, dass die KESB zu Unrecht die Untersuchung der Kindeswohlgefährdung und den Erlass vorsorglicher Massnahmen zur Minderung dieser Gefährdung verweigere. Mit Entscheid vom 16. März 2022 trat die Verwaltungsrekurskommission auf die Beschwerde nicht ein mit der Begründung, die weitschweifigen Ausführungen beträfen primär das Migrationsverfahren und sozialhilferechtliche Aspekte und die Ausführungen zu den ferner geltend gemachten Verstössen gegen Kinder- und Grundrechte blieben abstrakt.
Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht St. Gallen mit Entscheid vom 9. Juni 2022 mit ähnlicher Begründung ab, soweit es überhaupt eintreten konnte.
Mit Beschwerde vom 11. Juli 2022 wendet sich die Mutter an das Bundesgericht mit den Anträgen, der kantonsgerichtliche Entscheid sei wegen Befangenheit des urteilenden Richters aufzuheben, die Sache sei zur Neubeurteilung zurückzuweisen und es sei vorsorglich anzuordnen, dass Nothilfe in der Stadt St. Gallen gewährt werde. Ferner wird die unentgeltliche Rechtspflege beantragt.
 
1.
Ausgangsgegenstand ist ein KESB-Entscheid, in welchem die von der Beiständin beantragten Massnahmen abgewiesen worden sind, und Anfechtungsobjekt im vorinstanzlichen Verfahren war ein diesbezüglicher Nichteintretensentscheid der Verwaltungsrekurskommission. Die Ausführungen in der Beschwerde gehen am darauf beschränkten Anfechtungsgegenstand vorbei, soweit sie das Asylrecht und Fragen rund um die Nothilfe betreffen. Sodann werden zwar wie bereits in den kantonalen Beschwerden in abstrakter Weise zahlreiche Kinder- und Menschenrechte angerufen und es wird auch eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung durch die kantonalen Instanzen geltend gemacht. Eine auf den Anfechtungsgegenstand bezogene und sachgerichtete Auseinandersetzung mit den Erwägungen des kantonsgerichtlichen Entscheides erfolgt jedoch nicht (zu den entsprechenden Begründungsanforderungen vgl. BGE 140 III 115 E. 2; 142 III 364 E. 2.4) und es wird auch nicht in nachvollziehbarer Weise dargelegt, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzen soll (Art. 42 Abs. 2 BGG).
2.
Was die angebliche Befangenheit des Vorrichters anbelangt, wird sie daraus abgeleitet, dass dieser den Vorwurf erhoben habe, bei der Beschwerdeführung würden in völlig sinn- und aussichtsloser Weise Ressourcen der Justiz in Anspruch genommen, und dass er nur "singulär anmutende Kenntnisse" der Kinderrechtskonvention habe und "nicht dafür sensibilisiert [sei], dass die Andersheit der Kinderpopulation i. Vgl. zu Erwachsenen höchstens mit einer methodisch geleiteten Anstrengung für die Rechtsfindung fassbar und fruchtbar zu machen" sei.
Die bloss appellatorische Behauptung, die Ausstandsvorschrift von Art. 7 Abs. 1 lit. c VRP/SG sei verletzt, ist ungenügend: Aufgrund des zuteilenden Vorbehaltes in Art. 450f ZGB ist das Verfahrensrecht im Bereich des Kindes- und Erwachsenenschutz kantonal geregelt und das Bundesgericht kann das kantonale Recht nicht frei überprüfen, sondern diesbezüglich sind substanziierte Willkürrügen erforderlich (BGE 140 III 385 E. 2.3). Aber selbst wenn formal korrekte Willkürrügen erhoben worden wären, vermöchten die Ausführungen inhaltlich keine Befangenheit nahezulegen, denn sie kann sich nicht aus in der Sache zutreffenden Erwägungen ergeben, die einzig nicht dem Standpunkt der beschwerdeführenden Partei entsprechen.
3.
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. a und b BGG nicht einzutreten. Wie die vorstehenden Erwägungen ausserdem zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist. Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss der Beschwerdeführerin aufzuerlegen, wobei C.________, welcher die Beschwerdeführerin juristisch "unterstützt" und offenkundig die vorliegende Beschwerde verfasst hat, ausdrücklich angedroht wird, dass ihm bei weiteren Beschwerden ähnlicher Art im vorliegenden oder in anderen Verfahren die Verfahrenskosten gestützt auf Art. 66 Abs. 3 BGG persönlich auferlegt werden.
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:
 
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der KESB Region St. Gallen und dem Kantonsgericht St. Gallen mitgeteilt.
Lausanne, 22. Juli 2022
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Escher
Der Gerichtsschreiber: Möckli