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Zitiert durch:
BVerfGE 51, 77 - Personalrat
BVerfGE 51, 43 - Bayerisches Personalvertretungsgesetz
BVerfGE 32, 373 - Ärztliche Schweigepflicht
BVerfGE 19, 1 - Neuapostolische Kirche
BVerfGE 15, 167 - Ruhegehalt nach Entnazifizierung
BVerfGE 11, 192 - Beurkundungswesen
BVerfGE 8, 274 - Preisgesetz
BVerfGE 8, 71 - Bestimmtheit einer Rechtsverordnung


Zitiert selbst:
BVerfGE 4, 115 - Besoldungsgesetz von Nordrhein-Westfalen
BVerfGE 2, 181 - Besatzungsanordnungen


A.
1. Das Land Schleswig-Holstein erließ am 3. Mai 1950 das Ge ...
2. Im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Heide/Holstein - Ca 114/54 ...
3. Das Bundesverfassungsgericht hat gemäß §§ ...
B. - I.
II.
1. Die Gesetzesformel, daß bestimmte landesrechtliche Vorsc ...
2. Die Entstehungsgeschichte des § 88 ergibt nichts Gegentei ...
3. § 88 Abs. 2 a.a.O. bezieht sich überdies schon seine ...
4. Entscheidend ist, daß eine Vorschrift des Bundesrechts v ...
5. Bei dieser Auslegung behält § 88 Abs. 2 Betriebsverf ...
Bearbeitung, zuletzt am 02.08.2022, durch: Johannes Rux, Djamila Strößner, A. Tschentscher
BVerfGE 6, 120 (120)1. Durch § 88 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes des Bundes wurde ein Land vor Erlaß des Personalvertretungsgesetzes des Bundes nicht gehindert, sein Recht über die Personalvertretungen in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben des Landes zu ändern.
 
2. Das Recht der Personalvertretung bildet einen Teil des öffentlichen Dienstrechtes. Der Bund kann also die Personalvertretung im öffentlichen Dienst der Länder nur durch Rahmenvorschriften regeln.
 
 
Beschluß
 
des Zweiten Senats vom 3. Oktober 1957
 
- 2 BvL 7/56 -  
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung, ob das Gesetz über die Personalvertretungen in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben in Schleswig-Holstein vom 9. Februar 1954 mit § 88 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes des Bundes vom 11. Oktober 1952 vereinbar ist, - Vorlage des Arbeitsgerichts Heide/Holstein vom 7. Mai 1954 - Ca 114/54 -.BVerfGE 6, 120 (120)
 
BVerfGE 6, 120 (121)Entscheidungsformel:
 
Das schleswig-holsteinische Gesetz über die Personalvertretungen in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben in Schleswig-Holstein vom 9. Februar 1954 ist mit § 88 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes des Bundes vereinbar.
 
 
Gründe
 
 
A.
 
1. Das Land Schleswig-Holstein erließ am 3. Mai 1950 das Gesetz zur Regelung vordringlicher Angelegenheiten des Betriebsräterechts (GVBl. S. 169), das auch auf Betriebe und Verwaltungen des Landes und der ihm eingeordneten öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten anwendbar war. Am 11. Oktober 1952 erging das Betriebsverfassungsgesetz des Bundes (BGBI. I S. 681). § 88 Abs. 1 und 2 dieses Gesetzes lauten:
    "(1) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf die Betriebe und Verwaltungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und sonstiger Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts. Die Regelung für diesen Bereich bleibt einem besonderen Gesetz vorbehalten.
    (2) Bis zum Inkrafttreten des in Absatz 1 vorgesehenen Gesetzes bleiben die bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes insoweit geltenden Vorschriften unberührt."
Am 9. Februar 1954 erließ Schleswig-Holstein das Gesetz über die Personalvertretungen in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben in Schleswig-Holstein (GVBl. S. 21). § 58 Abs. 2 dieses Gesetzes bestimmt:
    "Mit dem gleichen Tage tritt das Gesetz zur Regelung vordringlicher Angelegenheiten des Betriebsräterechts vom 3. Mai 1950... mit seinen Durchführungs- und Ausführungsbestimmungen auch für den Bereich des öffentlichen Dienstes außer Kraft."
Das Personalvertretungsgesetz des Bundes vom 5. August 1955 (BGBI. I S. 477) hat die in § 88 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz in Aussicht gestellte bundesgesetzliche Regelung für die Personalvertretungen in öffentlichen Verwaltungen des Bundes gebracht; es enthält in seinen §§ 82 bis 94 Rahmenvorschriften fürBVerfGE 6, 120 (121) BVerfGE 6, 120 (122)die Personalvertretungen in den Verwaltungen der Länder, Gemeinden und sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts der Länder.
2. Im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Heide/Holstein - Ca 114/54 - hat der Kläger, ein Verwaltungsangestellter der Stadt Heide/Holstein, beantragt festzustellen, daß die von der beklagten Stadt am 29. März 1954 ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam ist, und dazu vorgetragen: Er sei seit 1. April 1950 als Verwaltungsangestellter im Dienste der Beklagten gestanden; die Beklagte habe ihm am 29. März 1954 gekündigt; der Kündigung habe der Betriebsrat der Stadtverwaltung nicht zugestimmt; die Zustimmung sei auch nicht durch eine Entscheidung des Arbeitsgerichts ersetzt worden.
Das Arbeitsgericht Heide hat durch Beschluß vom 7. Mai 1954 das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob das schleswig-holsteinische Personalvertretungsgesetz mit § 88 Abs. 1 und 2 Betriebsverfassungsgesetz vereinbar ist. Es geht davon aus, daß nach dem schleswig- holsteinischen Betriebsrätegesetz von 1950 (§ 21 Abs. 1 Satz 1) die Kündigung nur mit Zustimmung des Betriebsrates wirksam ist, während nach dem Personalvertretungsgesetz des Landes (§ 48 Abs. 2 Nr. 2 c) lediglich die Anhörung der Gruppenvertretung des Personalrates erforderlich wäre; das Personalvertretungsgesetz des Landes sei aber wegen Verstoßes gegen § 88 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz nichtig; deshalb habe das alte Betriebsrätegesetz für den Bereich des öffentlichen Dienstes im Lande auch nach Erlaß des Personalvertretungsgesetzes vom 9. Februar 1954 fortgegolten und sei auf die dem Kläger gegenüber ausgesprochene Kündigung anzuwenden. Das Arbeitsgericht gibt dabei dem § 88 a.a.O. unter Bezugnahme auf Ipsen, RdA 1954, S. 81 ff., die Auslegung, der Bundesgesetzgeber habe sich den Erlaß seines besonderen Gesetzes über die Personalvertretung in den Verwaltungen des Bundes, der Länder und der Gemeinden vorbehalten; bis zum Erlaß dieses Bundesgesetzes müßten die einschlägigen VorschrifBVerfGE 6, 120 (122)BVerfGE 6, 120 (123)ten der Länder unberührt bleiben; die Länder hätten also auf diesem Gebiet den Rechtszustand, wie er bei Inkrafttreten des Betriebsverfassungsgesetzes bestand, vor Erlaß des Personalvertretungsgesetzes des Bundes nicht ändern können.
3. Das Bundesverfassungsgericht hat gemäß §§ 82, 77 BVerfGG dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung, dem Landtag und der Landesregierung Schleswig-Holstein sowie den Parteien des arbeitsgerichtlichen Verfahrens Kenntnis von dem Vorlagebeschluß und Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Der Bundesrat hat von einer Stellungnahme abgesehen. Der Bundestag hat sich nicht geäußert. Die Bundesregierung, der Landtag und die Landesregierung von Schleswig-Holstein sowie die Beklagte im arbeitsgerichtlichen Verfahren und das zur Äußerung gemäß § 80 BVerfGG aufgeforderte, für Schleswig-Holstein zuständige Oberverwaltungsgericht Lüneburg halten das Personalvertretungsgesetz vom 9. Februar 1954 für gültig.
 
Die Vorlage ist zulässig: Das vorlegende Gericht will seine Entscheidung in dem bei ihm anhängigen Verfahren darauf stützen, daß die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung mangels Zustimmung des Betriebsrates gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 des schleswig- holsteinischen Betriebsrätegesetzes von 1950 unwirksam ist. Hieran sieht es sich gehindert, weil es dazu von der Nichtigkeit des § 58 Abs. 2 des Landespersonalvertretungsgesetzes wegen Unvereinbarkeit mit § 88 Betriebsverfassungsgesetz ausgehen müßte - eine Feststellung, die nur vom Bundesverfassungsgericht getroffen werden kann (Art. 100 Abs. 1 G5). Vom Rechtsstandpunkt des vorlegenden Gerichts aus, den das Bundesverfassungsgericht bei der Prüfung der Zulässigkeit der Vorlage zugrunde zu legen hat (BVerfGE 2, 181 [190 f.]), ist demnach die Frage der Gültigkeit des Personalvertretungsgesetzes entscheidungserheblich. Das vorlegende Gericht hält das Personalvertretungsgesetz des Landes wegen Widerspruchs zu BunBVerfGE 6, 120 (123)BVerfGE 6, 120 (124)desrecht - nämlich zu § 88 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz für nichtig.
Nach §§ 13 Nr. 11, 14 Abs. 2 BVerfGG ist der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts zuständig.
 
§ 88 Betriebsverfassungsgesetz stand dem Erlaß des Personalvertretungsgesetzes des Landes nicht entgegen:
Der Satz, "Bis zum Inkrafttreten des in Absatz 1 vorgesehenen Gesetzes bleiben die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes insoweit geltenden Vorschriften unberührt", läßt - für sich genommen und ausschließlich auf landesrechtliche Vorschriften bezogen- zwei Auslegungen zu: Sein Sinn kann sein, die - vom Landesgesetzgeber weiterhin abänderbaren - landesrechtlichen Vorschriften werden vom Bundesgesetzgeber unberührt gelassen; es könnte aber auch gemeint sein, daß die beim Inkrafttreten des Betriebsverfassungsgesetzes geltenden landesrechtlichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber unberührt gelassen werden müssen.
Eine nähere Prüfung ergibt, daß nur die erstgenannte Auslegung zutreffend sein kann:
1. Die Gesetzesformel, daß bestimmte landesrechtliche Vorschriften "unberührt bleiben", ist im deutschen Bundesstaat seit je geläufig (vgl. Art. 56 ff. EGBGB, §11 EGGVG, §§15 ff. EGZPO und §§ 6 ff. EGStPO). Sie wurde stets dahin verstanden, daß die vorhandenen landesrechtlichen Vorschriften unter Aufrechterhaltung der Befugnis der Länder zu ihrer Änderung weiterleiten (RGZ 7, 346; Laband, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, 4. Aufl. 1901, Bd. 2, S. 108 ff.; Meyer-Anschütz, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts, 7. Aufl. 1919, S. 715 ff.). Für die Formulierung "unberührt bleiben . . ." in Art. 56 ff. EGBGB konnte dies um so weniger zweifelhaft sein, als Art. 3 EGBGB ausdrücklich klarstellt:
    "Soweit in dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder in diesem Gesetz die Regelung den Landesgesetzen vorbehalten oder bestimmt ist, daß landesgesetzliche Vorschriften unberührt bleiben oder erlassen werBVerfGE 6, 120 (124)BVerfGE 6, 120 (125)den können, bleiben die bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften in Kraft und können neue landesgesetzliche Vorschriften erlassen werden."
In anderen Gesetzen ergab sich die überkommene Interpretation der Klausel "unberührt bleiben..." aus der Fortführung des Satzes, der weder eine Befristung des Vorbehalts noch eine Bezugnahme auf die im Augenblick des Inkrafttretens des Reichsgesetzes geltenden landesrechtlichen Vorschriften enthielt (vgl. z. B. § 11 EGGVG).
Im Hinblick auf diese geschichtliche Entwicklung der Formel verbindet sich mit ihrer Verwendung auch heute der Sinn, daß die landesrechtlichen Vorschriften im Rahmen des reichs- bzw. bundesgesetzlichen Vorbehalts vom Landesgesetzgeber weiterhin geändert werden können. Dem steht nicht entgegen, daß der Wortlaut des § 88 Abs. 2 a.a.O. von den genannten älteren Vorschriften insofern abweicht, als er den Endzeitpunkt des Unberührtbleibens ins Auge faßt ("bis zum Inkrafttreten des in Abs. I vorgesehenen Gesetzes") und ausdrücklich auf die "bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes... geltenden Vorschriften" abstellt. Dem steht auch nicht entgegen, daß Art. 174 Satz 1 WRV nach allgemeiner Auffassung allerdings eine Sperre für den Landesgesetzgeber begründet hat; denn - von anderen Argumenten abgesehen - verwendet die zitierte Verfassungsvorschrift die Worte "unberührt bleiben" gerade nicht, sondern ist sprachlich abweichend dahin gefaßt: "Bis zum Erlaß des in Art. 146 Abs. 2 vorgesehenen Reichsgesetzes bleibt es bei der bestehenden Rechtslage" .
2. Die Entstehungsgeschichte des § 88 ergibt nichts Gegenteiliges. Zwar hat der Bundesrat zu § 106 des Entwurfs der Bundesregierung (des späteren § 88 Betriebsverfassungsgesetz) vorgeschlagen, hinter das Wort "geltenden" die Worte "oder neu ergehenden" einzufügen (BT Ill 949, Drucks. Nr. 1546, S. 78) und Bundesregierung und Bundestag lehnten diesen Vorschlag (zusammen mit allen anderen Vorschlägen des Bundesrates) ab (a.a.O. S. 82). Das geschah aber ohne Hinweis darauf, daß mit demBVerfGE 6, 120 (125) BVerfGE 6, 120 (126)Vorschlag des Bundesrates und mit seiner Ablehnung eine Änderung in der Sache verbunden wäre (vgl. Bericht des Ausschusses für Arbeit, BT I/1949, Drucks. Nr. 3585, S. 19). Bemerkenswert ist, daß die Bundesregierung von Anfang an die Beratungen über das Gesetz dahin verstanden hat, daß der Anregung des Bundesrates deshalb nicht gefolgt wurde, weil sie unnötigerweise etwas verdeutliche, was sich von selbst verstehe.
3. § 88 Abs. 2 a.a.O. bezieht sich überdies schon seinem Wortlaut nach, aber auch nach dem Zusammenhang, in dem er steht, gar nicht ausschließlich auf einen Vorbehalt zugunsten bestehenden Landesrechts. Er nimmt ausdrücklich auf § 88 Abs. 1 Bezug, der programmatisch ein besonderes Bundesgesetz über die Stellung und das Mitspracherecht der Bediensteten in Betrieben und Verwaltungen der öffentlichen Hand in Aussicht stellt und klarstellend "die Betriebe und Verwaltungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts" dem Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes entzieht. "Insoweit" bleiben gemäß Abs. 2 alle geltenden Vorschriften unberührt, nicht nur die der Länder, die in § 90 a.a.O. nur aufgehoben wurden, soweit sie sich auf Betriebe und Verwaltungen außerhalb des öffentlichen Dienstes beziehen, sondern auch die, die - wie das Kontrollratsgesetz Nr. 22 - allein der Bund zu ändern und aufzuheben zuständig ist. Daß der Bundesgesetzgeber bei Erlaß eines Bundesgesetzes sich selbst nicht eine Sperre für die Zukunft auferlegt, liegt auf der Hand. Dann aber kann die Vorschrift, die sich einheitlich auf die Rechtslage im Bund und in den Ländern bezieht, nur dahin verstanden werden, daß sie auch den Landesgesetzgeber nicht hindert, die landesrechtlichen Vorschriften über die Personalvertretung und ihr Mitspracherecht innerhalb einer Verwaltung oder eines Betriebes der öffentlichen Hand zu ändern.
4. Entscheidend ist, daß eine Vorschrift des Bundesrechts verfassungskonform auszulegen ist (BVerfGE 2, 282; 2, 340). Dem Grundgesetz entspricht aber nur die Auslegung, daß § 88 a.a.O. die Landesgesetzgebung an der Regelung einer PersonalvertreBVerfGE 6, 120 (126)BVerfGE 6, 120 (127)tung in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben des Landes nicht hindert:
Das Recht über die Personalvertretungen im öffentlichen Dienst gehört nicht zum "Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung" (Art. 74 Nr. 12 GG), sondern zum Recht über "die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen" (Art. 73 Nr. 8 GG) und über "die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen" (Art. 75 Nr. 1 GG). Die hier gegenübergestellten Formulierungen des Grundgesetzes ergeben klar, daß, ebenso wie zum Arbeitsrecht die Betriebsverfassung gehört, das Recht der Personalvertretung einen Teil des öffentlichen Dienstrechts bildet. Das kommt auch in § 88 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz zum Ausdruck.
Demnach kommt für den Bundesgesetzgeber, was die Materie "Personalvertretung im öffentlichen Dienst der Länder" anlangt, nur die Zuständigkeit nach Art. 75 Nr. 1 GG in Betracht. Der Bund kann also insoweit nur Rahmenvorschriften erlassen. Darauf hat er sich auch im Bundespersonalvertretungsgesetz (§§ 82 bis 94) beschränkt. Ohne daß es hier auf die Grenzen der Rahmengesetzgebung des Bundes im einzelnen ankommt (vgl. BVerfGE 4, 115), ist sicher, daß eine bundesrechtliche Vorschrift, die dem Land schlechthin verwehrt, seine Vorschriften zu ändern, die einen Gegenstand regeln, für den der Bund nur eine Rahmengesetzgebungskompetenz besitzt, diese Kompetenz überschreitet; dem Landesgesetzgeber wäre mehr verwehrt, als ihm bei Ausschöpfung der Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes verwehrt werden könnte (vgl. BVerfGE 4, 129 f.; auch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juni 1957 - 2 BvL 17/ 56 -). Würde also § 88 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz das Land an der Änderung seines Personalvertretungsrechts fürBVerfGE 6, 120 (127) BVerfGE 6, 120 (128)Landes- und Gemeindeverwaltungen hindern, so enthielte die Vorschrift eine bundesverfassungsrechtlich unzulässige Sperre.
Eine verfassungskonforme Auslegung des § 88 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz führt demnach zu dem Ergebnis, daß er eine Sperrwirkung zu Lasten des Landesgesetzgebers nicht enthält.
5. Bei dieser Auslegung behält § 88 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz einen Sinn: Er stellt im Hinblick darauf, daß § 90 die landesrechtlichen Vorschriften über die Betriebsverfassung aufhebt, die - jedenfalls in Schleswig-Holstein - einheitlich auch für die öffentliche Verwaltung des Landes galten, klar, daß diese Vorschriften, bezogen auf Betriebe und Verwaltungen des Landes, einstweilen bestehen bleiben.
Dem Landesgesetzgeber stand es also auch nach Erlaß des Betriebsverfassungsgesetzes frei, die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst des Landes und seiner Gemeinden stehenden Personen einschließlich des Rechts der Personalvertretung neu zu regeln (ebenso Weber, DÖV 1954, S. 417 ff.; Geib, DVBl. 1954, S. 382 ff.; Fitting-Krägeloh, Handkommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 3. Aufl. 1953, Anm. 10 zu § 88; Scholp-Fitting-Ringer, Bundesarbeitsrecht C III; Küchenhoff, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 1954, Nachtrag S. 19 f.; Entsch. des OVG Lüneburg vom 11. Oktober 1955, DVBl. 1956, S. 30; a.A.: Ipsen, RdA 1954, S. 81 ff.; Galperin, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 2. Aufl. 1953, Anm. 6 und 9 zu § 88; Erdmann, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 2. Aufl. 1954, Anm. 2 zu § 88).
Sonach war auszusprechen, daß das Personalvertretungsgesetz von Schleswig-Holstein vom 9. Februar 1954 mit § 88 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes des Bundes vereinbar ist.BVerfGE 6, 120 (128)