4. Urteil
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vom 11. Februar 1946 i.S. Dorfkorporation Flawil gegen Grossenbacher & Cie. und Regierungsrat des Kantons St. Gallen.
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Regeste:
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Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Art. 88 OG.
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Die Gemeinde ist nicht legitimiert zur Beschwerde aus Art. 4 und 31 BV gegen einen Entscheid, der dem von ihr betriebenen Elektrizitätswerk das Recht, das Installationsgeschäft monopolartig auszuüben, abspricht und sie zur Erteilung von Konzessionen verpflichtet.
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Sachverhalt:
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A.
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Die Dorfkorporation Flawil besorgt seit 1941 unter dem Namen Elektrizitätswerk Flawil die Verteilung von Licht- und Kraftstrom im Dorfgebiet. In Verbindung damit wird ein elektrotechnisches Installations- und Verkaufsgeschäft betrieben. Der Strom wird von auswärts bezogen und an die Abnehmer auf Grund eines Abonnementsvertrages abgegeben. Das vom Regierungsrat des Kantons St. Gallen genehmigte Organisations- und Geschäftsreglement des Elektrizitätswerks Flawil vom 16. Oktober 1912 bestimmt in § 14 Abs. 1:
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"Die Ausführung der Beleuchtungs- und Motorenanlagen bei den Abonnenten bleibt grundsätzlich für das Elektrizitätswerk monopolisiert. Das letztere behält sich aber vor, in besonderen Fällen unter schützenden Bedingungen Konzessionen an leistungsfähige Unternehmer zu erteilen. Das Gleiche gilt auch für Leitungsbauarbeiten."
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B.
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Am 21. November 1944 ersuchte die Firma Grossenbacher & Cie., elektrotechnische Unternehmungen, St. Gallen, das Elektrizitätswerk Flawil, ihr die Konzession zur Ausführung elektrischer Anlagen in der Gemeinde Flawil zu erteilen. Die Elektrizitätskommission wies das Gesuch ab. Hierüber beschwerte sich die Gesuchstellerin beim Regierungsrat des Kantons St. Gallen. Dieser fällte am 17. Juli 1945 folgenden Entscheid:
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"Der Rekurs der Firma Grossenbacher & Co., St. Gallen, sei in dem Sinne gutgeheissen, dass im Gegensatz von Art. 14 des Organisations- und Geschäftsreglements vom 16. Oktober 1912 Konzessionen für die Ausführung der Beleuchtungs- und Motorenanlagen, sowie für den Leitungsausbau ohne weitere einschränkende Bedingungen an leistungsfähige Unternehmer zu erteilen sind."
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Die Erwägungen dieses am 20. September 1945 eröffneten Entscheids lassen sich folgendermassen zusammenfassen: Fraglich sei, ob das vom Elektrizitätswerk Flawil beanspruchte InstaIlationsmonopol mit Art. 31 BV vereinbar sei. Das Bundesgericht habe wiederholt entschieden, dass für ein solches Monopol nicht bloss fiskalische Interessen massgebend sein dürften, sondern Gründe des Gemeinwohls vorliegen müssten (BGE 47 I 251). Nun richte das Elektrizitätswerk Flawil jährlich namhafte Be träge für die Erfüllung der der Dorfgemeinde obliegenden Aufgaben aus. Damit erfülle es ganz eindeutig einen fiskalischen Zweck, und dies im Widerspruch zu Art. 1 Abs. 2 seines Reglements, wonach es die Verwendung elektrischer Energie durch allmähliche Verbilligung des Strompreises und der Einrichtungskosten erleichtern und fördern sollte. Dadurch, dass die Betriebsüberschüsse für die Erfüllung von im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben verwendet werden, würden sie ihres fiskalischen Charakters nicht entkleidet. Das angestrebte (faktische) Monopol wäre nur zulässig, wenn es in direkter, sachlicher Beziehung zum Gemeinwohl stünde. Das treffe aber nicht zu. Insbesondere sei -- wie näher ausgeführt wird -- der Einwand unbegründet, dass die Zulassung der Konkurrenz zu Personalentlassungen beim Elektrizitätswerk führen würde, sodass für die Behebung von Netzstörungen nicht mehr genügend Techniker vorhanden wären.
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C.
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Mit rechtzeitiger staatsrechtlicher Beschwerde beantragen der Präsident und Aktuar des Dorfverwaltungsrates Flawil namens der Dorfkorporation die Aufhebung dieses Rekursentscheides. Zur Begründung wird geltend gemacht:
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a) Der angefochtene Entscheid erkläre zu Unrecht, dass Art. 14 Abs. 1 des Reglements des Elektrizitätswerkes Flawil gegen Art. 31 BV verstosse. Der Sachverhalt sei der gleiche wie im Falle Stutz gegen Zürich (BGE 47 I 242 ff.), nur mit umgekehrten Parteirollen, was aber auf die Beurteilung keinen Einfluss haben könne. Das Bundesgericht habe dort entschieden, dass eine solche Reglementsbestimmung keine staatsrechtlich anfechtbare Verfügung darstelle und keinesfalls gegen Art. 31 BV verstosse. Der angefochtene Entscheid verletze somit die Beschwerdeführerin "in ihrem verfassungsmässigen Recht der freien Vertragsschliessung (Rechtsgleichheit, materielle Rechtsverweigerung, Art. 4 BV)."
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b) Das beanspruchte Installationsmonopol sei eine polizeiliche Beschränkung der freien Gewerbeausübung, zu deren Erlass die Beschwerdeführerin auf Grund von Art. 31 lit. e BV zuständig gewesen sei (wird näher ausgeführt). Durch den angefochtenen Entscheid werde die ihr durch Art. 31 lit. e BV gewährte Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit aufgehoben bzw. verletzt. Bei andern Gemeindewerken habe das Bundesgericht das Installationsmonopol stets als zulässig erklärt. Indem der angefochtene Entscheid für die Beschwerdeführerin ohne sachlichen Grund eine Ausnahme schaffe, verletze er die Rechtsgleichheit.
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c) Die Annahme des Regierungsrats, das Elektrizitätswerk Flawil sei ein fiskalisches Unternehmen, stehe im Widerspruch zu der in Art. 1 des Reglements klar umschriebenen Zweckbestimmung und sei daher aktenwidrig und willkürlich...
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D.
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Der Regierungsrat des Kantons St. Gallen und die Firma Grossenbacher & Cie. beantragen die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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Erwägung 1
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1. Die Dorfkorporation Flawil, eine öffentlichrechtliche Körperschaft, wird durch die Bewohner des Dorfes Flawil und seiner Umgebung gebildet (Art. 1 und 2 des Reglements der Dorfkorporation Flawil vom 18. Oktober 1908). Sie gehört zu den Ortsgemeinden und andern öffentlichen Genossenschaften im Sinne des Art. 74 KV und der Art. 143 ff. des Gesetzes vom 9. Mai 1867 betreffend die Organisation der Verwaltungsbehörden der Gemeinden und Bezirke, und zwar stellt sie, da sie im Gegensatz zu den Bürgergemeinden auf territorialer und nicht auf personaler Grundlage beruht, eine Abart der politischen Gemeinde dar (vgl. GIACOMETTI, Staatsrecht der schweiz. Kantone, S. 82/3). Sie unterscheidet sich von einer solchen lediglich dadurch, dass sie nur einen Teil des Gemeindegebietes, den Dorfkreis, umfasst und nur in dessen besonderem Interesse liegende öffentliche Aufgaben zu erfüllen hat.
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Erwägung 2
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Erwägung 3
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3. Die staatsrechtliche Beschwerde ist nach der Umschreibung ihrer Voraussetzungen in Verfassung (Art. 113 Ziff. 3 BV) und Gesetz (Art. 178 Ziff. 2 alt OG, Art. 88 neu OG) ein Rechtsbehelf zum Schutze der Einzelnen, d.h. der natürlichen und juristischen Personen, gegen Übergriffe der öffentlichen Gewalt. Sie kann daher nicht dazu benützt werden, um umgekehrt Entscheidungen anzufechten, die gegen den Inhaber jener Gewalt ergangen sind (BGE 48 I 108, 60 I 231 ; 66 I 74, 261). Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts auch in Bezug auf die Gemeinden. Sie sind zur staatsrechtlichen Beschwerde zwar stets legitimiert, weil ein Erlass oder Entscheid sie in gleicher Weise rechtlich trifft wie eine Privatperson. Als Trägerin öffentlicher Gewalt dagegen steht der Gemeinde das Beschwerderecht einzig dann zu, wenn sie die ihr in den meisten kantonalen Verfassungen garantierte Autonomie, ihren eigenen selbständigen Wirkungskreis, gegenüber dem Staate als dem ihr übergeordneten Träger öffentlicher Gewalt verteidigen will (BGE 65 I 131, 68 I 86 ; 70 I 76, 155).
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Ob und in welchem Umfange Art. 32 der st. gallischen KV einer öffentlichrechtlichen Körperschaft wie der Dorfkorporation Flawil ein Selbstbestimmungsrecht gewährleistet, kann dahingestellt bleiben, da diese sich nicht wegen Verletzung ihrer Autonomie beschwert und nicht geltend macht, dass der Regierungsrat sich eine Entscheidungsbefugnis angemasst habe, die ihm nicht zustehe, oder seine Zuständigkeit überschritten habe. Sie beruft sich lediglich auf die Art. 4 und 31 BV. Zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung dieser Verfassungsvorschriften ist sie aber, wie sich aus dem vorher Gesagten ergibt, nur dann berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sie in gleicher Weise rechtlich trifft wie eine Privatperson. Dies ist indessen nicht der Fall.
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Ob die Beschwerdeführerin zur Beschwerde aus Art. 4 und 31 BV legitimiert sei, wäre selbst dann fraglich, wenn der Regierungsrat ihr die Ausführung von Installations arbeiten gänzlich untersagt hätte und sie geltend machen könnte, es werde ihr verwehrt, ein Gewerbe frei wie eine Privatperson zu betreiben, denn eine Gemeinde ist nicht wie ein Privater ohne weiteres und auf Grund von Art. 31 BV zum Betrieb gewerblicher Unternehmungen befugt, sondern nur nach Massgabe der kantonalen Gemeindegesetzgebung (BURCKHARDT, Kommentar BV S. 227; FRANK, Gewerbefreiheit und öffentliche Unternehmung S. 21; BÜHLER, Begriff und Formen der öffentlichrechtlichen Anstalt S. 143 ff.). In Frage käme wohl höchstens eine Beschwerde wegen Verletzung der der Gemeinde nach kantonalem Recht zustehenden Autonomie. Ähnlich verhielte es sich wohl, wenn der Regierungsrat bestimmte Vorschriften über die Führung des von der Beschwerdeführerin betriebenen Elektrizitätswerkes und des damit verbundenen Installationsgeschäftes erlassen oder wenn er in die privatrechtlichen Beziehungen des Werkes zu seinen Abonnenten eingegriffen und ihm das Recht abgesprochen hätte, die Strombezüger vertraglich zu verpflichten, Installationen nur durch das Werk ausführen zu lassen. Auch in diesen Fällen wäre ihre Legitimation zur Beschwerde aus Art. 4 und 31 BV zweifelhaft. Nun hat der Regierungsrat der Beschwerdeführerin jedoch in Bezug auf die Führung ihres Elektrizitätswerkes und des damit verbundenen Installations- und Verkaufsgeschäftes keinerlei Beschränkungen auferlegt, und hat in der Beschwerdeantwort ausdrücklich erklärt, dass gegen jene Vertragsbestimmung nichts einzuwenden sei. Streitig ist nicht, ob die Beschwerdeführerin ihr Installationsgeschäft frei wie ein Privater betreiben darf, sondern vielmehr, ob sie dieses Gewerbe monopolartig ausüben, ob sie die private Konkurrenz im Dorfgebiet aus Gründen des öffentlichen Interesses im Sinne von Art. 31 lit. e BV ausschliessen darf. Indem sie geltend macht, dass Art. 14 des für das Elektrizitätswerk erlassenen Reglements mit der Handels- und Gewerbefreiheit vereinbar sei, wirft sie die Frage auf, wie weit sie mit öffentlichrechtlicher Befehlsgewalt aus gestattet sei (vgl. BGE 39 I 197/8). Was sie beansprucht, ist, wie sie in der Beschwerde selbst ausführt, die Befugnis zum Erlass einer nach ihrer Auffassung zulässigen gewerbepolizeilichen Verfügung im Sinne von Art. 31 lit. e BV. Wenn der angefochtene Entscheid ihr diese Befugnis abspricht und sie zur Erteilung einer Konzession, d.h. zum Erlass eines hoheitlichen Aktes anhält, trifft er sie nicht gleich wie eine Privatperson, sondern in ihrer Eigenschaft als Trägerin öffentlicher Gewalt. Daraus folgt aber, dass sie nicht befugt ist, den Entscheid des Regierungsrates wegen Verletzung der Art. 4 und 31 BV mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten, ohne dass zu prüfen wäre, ob das Elektrizitätswerk Flawil als fiskalisches Unternehmen zu betrachten ist, wie der Regierungsrat annimmt, die Beschwerdeführerin aber bestreitet.
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Dispositiv
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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