vom 17. März 1953 i.S. Bünzli gegen Obermüller.
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Regeste | |
Erwerb einer beweglichen Sache (Auto) von einem Nichtberechtigten. Guter Glaube? Schadenersatzpflicht des bösgläubigen Erwerbers. (Art. 3 Abs. 2 und Art. 940 ZGB).
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Sachverhalt | |
A. | |
Leo Reichlin mietete am 25. Februar 1947 von Hermann Obermüller in Zürich unter Hinterlegung von Fr. 500.- ein Personenauto Marke Standard, das Obermüller im September 1946 fabrikneu für Fr. 11,750.- nebst Fr. 470.- Umsatzsteuer gekauft hatte. Am gleichen Tage bot Reichlin dieses Auto zum Preise von Fr. 7000.- dem Autooccasionshändler Camillo Martinelli in Basel an. Da dieser es mangels genügender Mittel nicht selber kaufen konnte, fuhr er mit Reichlin nach Zürich und verkaufte es am Abend des gleichen Tages für Fr. 5900.- (wovon Reichlin Fr. 4950.- erhielt) dem Ernst BünzIi, ohne den Namen seines Auftraggebers anzugeben. Am folgenden Tage verkaufte Bünzli den Wagen für Fr. 7320.- an Bernard Frésard in Delsberg. Fr. 1320.- wurden bar bezahlt, für den Rest nahm Bünzli einen DKW-Wagen an Zahlungsstatt.
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Am 25. April 1947 kaufte Obermüller das Auto Standard zu Fr. 10,000.- von Frésard zurück, wogegen dieser sich bereit erklärte, bei ihm zum gleichen Preis ein Auto Citroen zu kaufen.
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Gegen Reichlin wurde ein Strafverfahren eingeleitet, in das auch Bünzli wegen Hehlerei einbezogen wurde. Das Schwurgericht des Kantons Zürich sprach Bünzli mit Urteil vom 22. Mai 1951 frei, auferlegte ihm aber die Gerichtskosten und die Hälfte der Untersuchungskosten, weil er beim Kauf des Autos leichtfertig gehandelt habe.
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B. | |
Mit der vorliegenden, am 4. Juni 1947 eingereichten Klage verlangte Obermüller von Bünzli Ersatz des Schadens von Fr. 12,500.-, den er ihm widerrechtlich zugefügt habe. Er stellte für die Zahlung an Frésard zuzüglich Verdienstausfall und Spesen Fr. 13,656.- in Rechnung, zog hievon die von Reichlin geleistete Kaution und seinen Gewinn aus dem Verkauf des Citroen-Wagens an Frésard mit zusammen Fr. 1000.- ab und rundete den Differenzbetrag von Fr. 12,656.- auf Fr. 12,500.- ab.
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Das Bezirksgericht Zürich wies die Klage am 15. November 1951 mangels Nachweises einer widerrechtlichen Handlung des Beklagten ab. Das Obergericht des Kantons Zürich bejahte dagegen mit Urteil vom 1. April 1952 die Schadenersatzpflicht des Beklagten und wies die Sache zur Bestimmung der Höhe des Schadenersatzes an das Bezirksgericht zurück. Hierauf einigten sich die Parteien auf den Betrag von Fr. 10,000.-. Am 18. September 1952 sprach das Bezirksgericht dem Kläger diesen Betrag zu. Das Obergericht hat dieses Urteil am 28. November 1952 bestätigt.
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C. | |
Mit seiner Berufung an das Bundesgericht beantragt der Beklagte wie im kantonalen Verfahren Abweisung der Klage.
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1. Wie die Vorinstanz zutreffend angenommen hat, hängt das Schicksal der Klage davon ab, ob der Beklagte beim Erwerb des streitigen Autos gutgläubig gewesen sei oder nicht. Wer eine bewegliche Sache nicht in gutem Glauben erworben hat, kann nach Art. 936 ZGB vom frühern Besitzer auf Herausgabe belangt werden. Daneben hat der bösgläubige Besitzer dem Berechtigten gemäss Art. 940 ZGB für allen durch die Vorenthaltung verursachten Schaden Ersatz zu leisten. Kann er die Sache nicht herausgeben, weil er sich ihrer entäussert hat, so hat er dem frühern Besitzer nach dem Sinne von Art. 940 neben dem (übrigen) durch die Vorenthaltung verursachten Schaden auch den Wert der Sache zu ersetzen; dies auf jeden Fall dann, wenn die Sache sich in den Händen eines Dritten befindet, dem der frühere Besitzer sie nicht abfordern kann (vgl. BGE 38 II 468, 45 II 265). Diese letzte Voraussetzung erscheint hier als erfüllt, weil der Beklagte das Auto, das der Kläger dem Reichlin anvertraut hatte, an Frésard verkauft hat und selber nicht einmal im Sinne eines Eventualstandpunktes behauptet, dass dieser es bösgläubig erworben habe und der Kläger es daher von ihm ohne Bezahlung wieder hätte erlangen können. Gegenüber der Behauptung des Klägers, dass Frésard sich als gutgläubiger Erwerber auf Art. 933 ZGB habe berufen können, wendete der Beklagte nichts ein, sondern machte lediglich geltend, der Kläger habe den Wagen beim Rückerwerb von Frésard überzahlt. Damit hat er implicite anerkannt, dass der Kläger sich nur auf dem Wege des Kaufes wieder in den Besitz des Wagens setzen konnte. Wenn der Beklagte den Wagen am 25. Februar 1947 nicht in gutem Glauben erworben hat, ist er also verpflichtet, dem Kläger den Wert des Wagens und den übrigen Schaden im Sinne von Art. 940 zu ersetzen.
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Erwägung 2 | |
Die Umstände, unter denen der Beklagte das Auto erwarb, müssen ohne Zweifel als verdächtig bezeichnet werden, auch wenn man berücksichtigt, dass es im Auto-Occasionshandel vorkommen mag, dass die Käufe rasch und gelegentlich zu für den Händler sehr günstigen Bedingungen abgeschlossen werden.
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b) Verdächtig war sodann der niedrige Kaufpreis. Martinelli erklärte dem Beklagten, der Verkäufer habe zunächst Fr. 7000.- verlangt, doch sei es ihm gelungen, den Preis auf Fr. 5900.- hinunterzumarkten. Der Experte Studer bezeichnete diesen Preis für die damalige Zeit (wo Occasionen noch stark gesucht waren, wenn auch weniger als unmittelbar nach dem Kriege) als Schleuderpreis. Am nächsten Tage konnte dann auch ein Mehrpreis von Fr. 1420.- erzielt werden.
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Angesichts dieser Häufung von verdächtigen Umständen drängten sich Zweifel am rechtmässigen Besitz Martinellis und seines Auftraggebers auf. Es bestand entgegen den Behauptungen des Beklagten nicht bloss der Verdacht, dass der Wagen nicht verzollt worden sei. Die Verfügungsberechtigung des Verkäufers musste auf jeden Fall einem Autohändler, wie es der Beklagte war, als fragwürdig erscheinen. Der Beklagte könnte sich daher nur dann auf seinen guten Glauben berufen, wenn er sich mit der gebotenen Umsicht um die Abklärung des Sachverhalts bemüht und dabei Aufschlüsse erhalten hätte, die geeignet gewesen wären, die zunächst begründeten Zweifel zu zerstreuen. Solche Bemühungen hat der Beklagte vor dem Erwerb des Autos nicht unternommen. Erst nach dem Kauf hat er sich nach seiner Darstellung auf einen Polizeiposten begeben, um zu fragen, ob der Wagen als gestohlen gemeldet sei. Die ihm dort angeblich erteilte Auskunft, dass eine solche Meldung nicht vorliege, hätte ihm nicht erlaubt, den Verkäufer beim Erwerb des Autos trotz den geschilderten Umständen als verfügungsberechtigt zu betrachten, auch wenn diese Auskunft vor dem Erwerb eingeholt worden wäre. Dem Beklagten musste klar sein, dass immer einige Zeit vergeht, ehe gestohlene Autos gemeldet werden. Er musste zudem damit rechnen dass es sich (wie es tatsächlich der Fall war) um ein unterschlagenes Auto handeln konnte, das der Polizei zu melden der Geschädigte noch keinen Anlass gehabt hatte, weil die Zeit, für die er es vermietet oder ausgeliehen hatte, noch nicht abgelaufen war. Eine Anfrage bei der Polizei genügte daher nicht. Vielmehr wäre, wie dem Beklagten als Autohändler bekannt sein musste, eine Erkundigung beim Strassenverkehrsamt erforderlich gewesen, das ohne weiteres den bisherigen Halter hätte angeben können. Der Experte Jörg stellte ausdrücklich fest, ohne diese Sicherheitsmassnahme kaufe ein seriöser Occasionshändler kein Auto, das ihm ohne Vorlegung der Papiere angeboten werde. Da der Beklagte diese einfache und naheliegende Vorsichtsmassnahme nicht getroffen hat, kann ihm der gute Glaube nicht zugebilligt werden.
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Erwägung 3 | |
Im übrigen ist seine Entschuldigung auch deswegen nicht zu hören, weil ihm nach seinen eigenen Aussagen tatsächlich Bedenken aufgestiegen sind. Er erklärte bei der polizeilichen Befragung vom 6. März 1947 wörtlich: "Irgend etwas schien mir am Handel nicht geheuer." Dies war der Grund für die angebliche Erkundigung bei der Polizei. Dass diese nicht genügte, war leicht zu erkennen.
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Erwägung 4 | |
Erwägung 5 | |
Demnach erkennt das Bundesgericht: | |