Abruf und Rang:
RTF-Version (SeitenLinien), Druckversion (Seiten)
Rang:  0% (656)

Zitiert durch:


Zitiert selbst:


Regeste
Sachverhalt
Erwägungen:
Erwägung 2
2. Gemäss Art. 28g Abs. 1 ZGB hat Anspruch auf Gegendarstell ...
Erwägung 3
3. a) Dass sich die beiden am 1. und 2. Oktober 1987 im "Badener  ...
Bearbeitung, zuletzt am 02.08.2022, durch: Jana Schmid, A. Tschentscher
 
74. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung
 
vom 22. September 1988 i.S. Asylkomitee Region Baden gegen "Badener Tagblatt" (Berufung)
 
 
Regeste
 
Gegendarstellung (Art. 28g Abs. 1 ZGB).
 
Eine zur Gegendarstellung berechtigende Betroffenheit liegt in aller Regel nur dann vor, wenn die in Frage stehende Tatsachendarstellung -- ohne notwendigerweise die Persönlichkeit zu verletzen -- in der Öffentlichkeit ein ungünstiges Bild der angesprochenen natürlichen oder juristischen Person entstehen, sie im Zwielicht erscheinen lässt.
 
 
BGE 114 II 388 (388)Sachverhalt
 
Im "Badener Tagblatt" vom 24. September 1987 wurde über eine Pressekonferenz des Asylkomitees Region Baden (im folgendenBGE 114 II 388 (388) BGE 114 II 388 (389)Asylkomitee genannt) berichtet, das am Vorgehen der Aargauer Behörden und insbesondere auch derjenigen der Stadt Baden gegenüber den Asylbewerbern Kritik geübt hatte. Am 1. Oktober 1987 folgte in der gleichen Zeitung ein Bericht, in welchem der Stadtrat von Baden die Vorwürfe des Asylkomitees zurückwies. Dieses ersuchte gleichentags um Publikation einer Stellungnahme. In einem weiteren, in der Ausgabe des "Badener Tagblatts" vom 2. Oktober 1987 erschienenen Artikel wurden die Ausführungen vom Vortag präzisiert. Es wurde auf die Erklärungen des Stadtammanns von Baden hingewiesen, wonach das Asylkomitee während zweier Stunden Einsicht in sämtliche Akten erhalten habe und wonach erst dann, als die gleichen Leute schon am nächsten Tag wieder hätten Akten einsehen wollen, ihnen klargemacht worden sei, dass das Sozialamt auch noch andere Arbeiten bewältigen müsse. Alsdann verlangte das Asylkomitee am 5. Oktober 1987 den Abdruck eines Leserbriefs eines seiner Mitglieder. Am 13. Oktober 1987 forderte es das "Badener Tagblatt" schliesslich auf, diesen Leserbrief als Gegendarstellung abzudrucken. Das geschah indessen nicht.
Mit Befehlsbegehren vom 27. Oktober 1987 beantragte das Asylkomitee dem Gerichtspräsidium Baden, die "Badener Tagblatt", Druckerei Wanner AG sei zu verpflichten, die Gegendarstellung zur Berichterstattung über die Rückzahlungspraxis von Fürsorgegeldern durch Asylbewerber und anderes in ihrer Zeitung zu veröffentlichen.
Der Präsident des Bezirksgerichts Baden wies das Begehren, das im Laufe des Verfahrens präzisiert worden war, mit Entscheid vom 10. Dezember 1987 ab.
Eine vom Asylkomitee hiergegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht (1. Zivilkammer) des Kantons Aargau am 21. März 1988 ab.
Den obergerichtlichen Entscheid hat das Asylkomitee beim Bundesgericht mit Berufung vom 10. Mai 1988 angefochten. Es beantragt, die Klage sei gutzuheissen; allenfalls sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht weist die Berufung ab.BGE 114 II 388 (389)
 
Aus den Erwägungen:
 
Erwägung 2
 
Zur Begründung eines Anspruchs auf Gegendarstellung genügt nicht jedes Berührtsein; es kann nicht darum gehen, jeder Sachdarstellung, die ein Medienunternehmen veröffentlicht hat, die eigene Version gegenüberstellen zu können. Eine zur Gegendarstellung berechtigende Betroffenheit liegt in aller Regel nur dann vor, wenn die fragliche Tatsachendarstellung -- ohne notwendigerweise die Persönlichkeit zu verletzen -- in der Öffentlichkeit ein ungünstiges Bild der angesprochenen natürlichen oder juristischen Person entstehen, sie im Zwielicht erscheinen lässt. Die Voraussetzungen für eine Gegendarstellung sind mit andern Worten gegeben, wenn die beanstandete Äusserung geeignet ist, ein persönlichkeitsgeschütztes Rechtsgut wie etwa das berufliche oder soziale Ansehen zu beeinträchtigen (vgl. Botschaft vom 5. Mai 1982 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, BBl 1982 II S. 674; TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité, S. 190 f., Rz. 1421 und 1426; SCHÜRMANN, Medienrecht, S. 188; PEDRAZZINI/OBERHOLZER, Grundriss des Personenrechts, 2. Aufl., S. 151; FRANK, Verfahrensrechtliche Probleme des Gegendarstellungsrechts, in: SJZ 83/1987, S. 266; HAUSHEER, Verstärkter Persönlichkeitsschutz: Der Kampf ums Recht an verschiedenen Fronten, in: Festgabe für Henri Deschenaux, Freiburg 1977, S. 86).
 
Erwägung 3
 
Wenn das Obergericht zur Ansicht gelangte, das Asylkomitee sei durch die fraglichen Zeitungsartikel, insbesondere die AusführungenBGE 114 II 388 (391) BGE 114 II 388 (392)zur Akteneinsicht, nicht in einer Art betroffen, wie sie für einen Gegendarstellungsanspruch erforderlich sei, und das Gegendarstellungsbegehren sei deshalb abzuweisen, hat es nach dem Gesagten kein Bundesrecht verletzt.BGE 114 II 388 (392)