45. Auszug aus dem Urteil i.S. IV-Stelle Bern gegen Z. und Verwaltungsgericht des Kantons Bern | |
I 193/04 vom 14. Juli 2006 | |
Regeste | |
Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 8 ATSV: Akteneinsichtsrecht.
| |
Verletzung des rechtlichen Gehörs im Einspracheverfahren, Heilung im Gerichtsverfahren. (Erw. 5)
| |
Um Akteneinsicht zu erhalten, hat eine Partei grundsätzlich ein Gesuch einzureichen. Dies bedingt, dass die Beteiligten über den Beizug neuer entscheidwesentlicher Akten informiert werden, welche diese nicht kennen und auch nicht kennen können. (Erw. 6.2)
| |
Über Begehren um Akteneinsicht hat primär diejenige Behörde zu befinden, in deren Zuständigkeitsbereich die Akten gehören. Im Beschwerdeverfahren ist dies die Rechtsmittelinstanz. (Erw. 6.3)
| |
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
| |
Erwägung 2 | |
Erwägung 3 | |
3.1 Aus Inhalt und Funktion des Akteneinsichtsrechts als Teil des Anspruchs auf rechtliches Gehör folgt nach der Rechtsprechung, dass grundsätzlich sämtliche beweiserheblichen Akten den Beteiligten gezeigt werden müssen, sofern in der sie unmittelbar betreffenden Verfügung darauf abgestellt wird. Denn es gehört zum Kerngehalt des rechtlichen Gehörs, dass der Verfügungsadressat vor Erlass eines für ihn nachteiligen Verwaltungsaktes zum Beweisergebnis Stellung nehmen kann. Das Akteneinsichtsrecht ist somit eng mit dem Äusserungsrecht verbunden, gleichsam dessen ![]() ![]() | |
Erwägung 4 | |
4.2 Die IV-Stelle hatte dem Versicherten den Abklärungsbericht für Selbstständigerwerbende vom 21. Mai 2003 zusammen mit der Verfügung vom 29. Mai 2003 zugestellt. Für den Beschwerdegegner bestand daher kein Anlass, im Verwaltungsverfahren ein Gesuch um Akteneinsicht zu stellen. Die IV-Stelle hätte ihm nach ![]() ![]() | |
Erwägung 5 | |
5.2 Dass die Stellungnahme des Abklärungsdienstes vom 11. August 2003 eine wesentliche Grundlage des Einspracheentscheids bildete, kann nicht zweifelhaft sein. Die IV-Stelle hat deren Argumentation praktisch integral übernommen und bezüglich der einzelnen Einwände des Einsprechers umfassend daraus zitiert. Aus diesem Umstand kann indessen nicht gefolgert werden, die Nichtzustellung dieses Berichts vor Erlass des Einspracheentscheids stelle eine schwere, keiner Heilung zugängliche Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Der Abklärungsdienst bestätigte nämlich in allen wesentlichen Punkten lediglich die der Verfügung vom 29. Mai 2003 zugrunde gelegte Beurteilung. Sein Ergänzungsbericht enthält keine neuen entscheidrelevanten Gesichtspunkte, sondern äussert sich einzig zu den in der Einsprache vorgebrachten Rügen. Selbst wenn eine Gehörsverletzung zu bejahen ist, muss sie mit Blick auf die Verfahrensdauer und das Interesse des Versicherten an einem raschen Abschluss des Verfahrens als leicht bezeichnet werden, so dass trotz der Zurückhaltung, ![]() ![]() | |
Erwägung 6 | |
6.3 Die Entscheidung über Einsichtsbegehren obliegt in erster Linie derjenigen Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Akten gehören. Da mit der Erhebung einer Beschwerde die Sache aufgrund des Devolutiveffekts in den Zuständigkeitsbereich der Rechtsmittelinstanz übergeht, liegt es in deren Zuständigkeit, die Akteneinsicht zu gewähren, zu verweigern und zu bestimmen, inwieweit ![]() ![]() | |