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Zur ersten Frage
Zur zweiten Frage
Zur dritten Frage
Kosten
Bearbeitung, zuletzt am 02.08.2022, durch: Michelle Ammann, A. Tschentscher
 
Urteil
 
des Gerichtshofes
 
vom 15. September 1998
 
In der Rechtssache
 
-- C-231/96 --  
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Tribunale Genua (Italien) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
 
Edilizia Industriale Siderurgica Srl (Edis)
 
gegen
 
Ministero delle Finanze
 
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts im Bereich der Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge
 
erläßt
 
Der Gerichtshof unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodriguez Iglesias, der Kammerpräsidenten H. Ragnemalm, M. Wathelet und R. Schintgen sowie der Richter G. F. Mancini, J. C. Moitinho de Almeida, P. J. G. Kapteyn, D. A. O. Edward, J.-P. Puissochet (Berichterstatter), L. Sevón und K. M. Ioannou, Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Hauptverwaltungsrätin
 
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
 
der Edilizia Industriale Siderurgica Srl (Edis), vertreten durch Rechtsanwälte Giuseppe Conte und Giuseppe M. Giacomini, Genua, der italienischen Regierung, vertreten durch Professor Umberto Leanza, Leiter des Servizio del contenzioso diplomatico des Außenministeriums, als Bevollmächtigten, im Beistand von Avvocato dello Stato Ivo M. Braguglia, der französischen Regierung, vertreten durch C. de Salins, Abteilungsleiterin in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, und durch Gautier Mignot, Sekretär für Auswärtige Angelegenheiten in derselben Direktion, als Bevollmächtigte, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Stephanie Ridley, Treasury Solicitor's Department, als Bevollmächtigte, im Beistand von Barrister Nicholas Paines, der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Enrico Traversa, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten, aufgrund des Sitzungsberichts, nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Edilizia Industriale Siderurgica Srl (Edis), der italienischen Regierung, der französischen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission in der Sitzung vom 3. Februar 1998,
 
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. März 1998 folgendes
 
 
Urteil
 
1. Der Präsident des Tribunale Genua hat mit Beschluß vom 18. Juni 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Juli 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts im Bereich der Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Edilizia Industriale Siderurgica Srl (Edis), Gesellschaft mit beschränkter Haftung, vormals Aktiengesellschaft (Klägerin), und dem italienischen Finanzministerium wegen der staatlichen Konzessionsabgabe für die Eintragung von Gesellschaften im Unternehmensregister (im folgenden: Konzessionsabgabe).
3. Die Konzessionsabgabe wurde durch das Dekret Nr. 641 des Präsidenten der Republik vom 26. Oktober 1972 (GURI Nr. 292 vom 11. November 1972, Supplemento n 3; im folgenden: Dekret Nr. 641/72) eingeführt. Sie wurde, soweit sie die Eintragung von Gesellschaftsgründungsakten im Register betrifft, hinsichtlich ihrer Höhe und ihrer Fälligkeitsdaten wiederholt geändert.
4. Die Konzessionsabgabe ist zunächst wesentlich erhöht worden durch das Decreto-Legge Nr. 853 vom 19. Dezember 1984 (GURI Nr. 347 vom 19. Dezember 1984), in ein Gesetz umgewandelt durch Gesetz Nr. 17 vom 17. Februar 1985 (GURI Nr. 41 bis vom 17. Februar 1985), nach dem außerdem die Abgabe künftig nicht nur bei der Eintragung des Gründungsakts der Gesellschaft im Register zu entrichten war, sondern auch am 30. Juni jedes folgenden Geschäftsjahres. Die Abgabe wurde dann erneut 1988 und 1989 erhöht. Im Jahre 1989 belief sie sich auf 12 Millionen LIT für Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, auf 3, 5 Millionen LIT für Gesellschaften mit beschränkter Haftung und auf 500 000 LIT für die übrigen Gesellschaften.
5. Der Gerichtshof hat im Urteil vom 20. April 1993 in den Rechtssachen C-71/91 und C-178/91 (Ponente Carni und Cispadana Costruzioni, Slg. 1993, I-1915), in dem es um die Konzessionsabgabe ging, entschieden, daß Artikel 10 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) so auszulegen ist, daß er es vorbehaltlich der in Artikel 12 vorgesehenen Ausnahmen verbietet, eine jährliche Abgabe wegen der Eintragung von Kapitalgesellschaften zu erheben, und zwar auch dann, wenn der Ertrag dieser Abgabe zur Finanzierung des Dienstes beiträgt, der mit der Führung des für die Eintragung von Gesellschaften bestimmten Registers betraut ist. Der Gerichtshof hat außerdem für Recht erkannt, daß Artikel 12 der Richtlinie 69/335 so auszulegen ist, daß die in Absatz 1 Buchstabe e genannten Abgaben mit Gebührencharakter Abgaben sein können, die als Gegenleistung für im Allgemeininteresse gesetzlich vorgeschriebene Vorgänge, wie etwa die Eintragung von Kapitalgesellschaften, erhoben werden. Die Höhe dieser Abgaben, die je nach der Gesellschaftsform verschieden sein kann, muß nach den Kosten des Vorgangs, die pauschal ermittelt werden können, berechnet sein.
6. Infolge dieses Urteils wurde die Konzessionsabgabe durch das Decreto-legge Nr. 331 vom 30. August 1993 (GURI Nr. 203 vom 30. August 1993), das durch das Gesetz Nr. 427 vom 29. Oktober 1993 (GURI Nr. 255 vom 29. Oktober 1993) in ein Gesetz umgewandelt wurde, für alle Gesellschaften auf 500 000 LIT gesenkt und ihre jährliche Erhebung abgeschafft.
7. Aus dem Vorlagebeschluß ergibt sich, daß die Klägerin von 1986 bis 1992 jährlich 64 500 000 LIT Konzessionsabgabe an die Staatskasse entrichtet hat.
8. Da sie der Meinung war, daß dieser Betrag rechtsgrundlos gezahlt worden sei, da die fragliche Abgabe gegen die Richtlinie 69/335 verstoßen habe, beantragte sie  erfolglos  bei der zuständigen Finanzbehörde Erstattung. Sie beantragte sodann den Erlaß eines Mahnbescheids beim Präsidenten des Tribunale Genua, mit dem dem Finanzministerium aufgegeben werde, ihr den fraglichen Betrag nebst Zinsen vom Zeitpunkt der jeweiligen Zahlungen an zu erstatten.
9. Der Präsident des Tribunale Genua führt in seinem Vorlagebeschluß aus, die Unvereinbarkeit der Konzessionsabgabe stehe aufgrund des Urteils Ponente Carni fest, dessen Wirkungen nicht zeitlich beschränkt worden seien. Die Rechtsgrundlosigkeit der Abgabenzahlungen sei später von der Corte costituzionale durch Urteil Nr. 56 vom 24. Februar 1995 (GURI, Spezialserie Nr. 9, vom 11. März 1995) und von der Corte suprema di cassazione durch Urteil Nr. 4468 vom 23. Februar 1996 bestätigt worden.
10. Jedoch habe die Corte suprema di cassazione durch Urteil Nr. 3458 vom selben Tag entschieden, daß die Erstattung der Konzessionsabgabe unter Artikel 13 Absatz 2 des Dekrets Nr. 641/72 falle, wo es heiße: Der Steuerpflichtige kann die Erstattung irrtümlich entrichteter Abgaben binnen einer Ausschlußfrist von drei Jahren verlangen, die am Tag der Zahlung ... zu laufen beginnt.
11. Die Vereinbarkeit dieser Erstattungsmodalitäten mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Erstattung gemeinschaftsrechtswidrig erhobener Abgaben sei zweifelhaft. Nach den allgemeinen Regeln des italienischen Rechts unterliege die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge keiner Ausschlußfrist, sondern nur der allgemeinen Verjährungsfrist des Artikels 2946 des Codice civile.
12. Der Präsident des Tribunale Genua hat deshalb das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende drei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
    1. Sind die Vertragsvorschriften  in Ergänzung und Verdeutlichung des Urteils vom 20. April 1993 in den Rechtssachen C-71/91 und C-178/91 (Ponente Carni und Cispadana Costruzioni)  dahin auszulegen, daß sie es einem Mitgliedstaat verbieten, eine nationale Regelung wie den vom italienischen Gesetzgeber erlassenen Artikel 13 Absatz 2 des D. P. R. Nr. 641 vom 26. Oktober 1972 einzuführen und/oder aufrechtzuerhalten, wenn die Anwendung dieser Regelung zu einer zeitlichen Begrenzung der Wirkungen eines Urteils des Gerichtshofes führt?
    2. Ist eine nationale Regelung (Artikel 13 D. P. R. Nr. 641/72), die als eine der Verfahrensvoraussetzungen für Klagen auf Erstattung von unter Verstoß gegen die Richtlinie 69/335/EWG des Rates entrichteten Abgaben eine dreijährige Ausschlußfrist vom Zeitpunkt der Zahlung an vorsieht, während im nationalen Recht für Klagen gegen Privatpersonen auf Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge keine derartige Ausschlußfrist vorgesehen ist, mit Artikel 5 EG-Vertrag in der Auslegung des Gerichtshofes vereinbar?
    3. Ist im Fall der Bejahung der zweiten Frage eine nationale Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, nach der zu Lasten eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der sich auf die Vorschriften einer Richtlinie beruft, um die Erstattung einer rechtsgrundlos entrichteten Abgabe zu erreichen, eine Ausschlußfrist zu laufen beginnt, bevor diese Richtlinie ordnungsgemäß in das nationale Recht umgesetzt worden ist?
 
13. Die erste Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob das Gemeinschaftsrecht es einem Mitgliedstaat verwehrt, sich gegenüber Klagen auf Erstattung von Abgaben, die unter Verstoß gegen eine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts erhoben worden sind, auf eine nationale Ausschlußfrist zu berufen, wenn deren Anwendung zur zeitlichen Begrenzung der Wirkungen eines diese Vorschrift auslegenden Vorabentscheidungsurteils führen würde.
14. Die Klägerin schlägt vor, diese Frage zu bejahen. Die Regierungen, die Erklärungen eingereicht haben, sowie die Kommission, die schriftliche Erklärungen abgegeben hat, sind dagegen der Auffassung, daß eine Ausschlußfrist nicht dazu führt, die Wirkungen eines Urteils des Gerichtshofes für die Vergangenheit zu begrenzen. Eine solche Frist habe nämlich keine Auswirkungen auf die Existenz und den Inhalt, sondern nur auf die Ausübung der von der Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte. Im übrigen ergebe sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes, daß mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung auf diesem Gebiet die Ausgestaltung des Verfahrens für die Klagen, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, Sache der einzelnen Mitgliedstaaten sei (Urteile vom 16. Dezember 1976 in der Rechtssache 33/76, Rewe, Slg. 1976, 1989, und in der Rechtssache 45/76, Comet, Slg. 1976, 2043, sowie kürzlich Urteil vom 8. Februar 1996 in der Rechtssache C-212/94, FMC u.a., Slg. 1996, I-389).
15. Nach ständiger Rechtsprechung wird durch die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die der Gerichtshof in Ausübung seiner Befugnisse aus Artikel 177 EG-Vertrag vornimmt, erforderlichenfalls erläutert und verdeutlicht, in welchem Sinn und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre. Daraus folgt, daß die Gerichte die Vorschrift in dieser Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlaß des auf das Ersuchen um Auslegung ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden können und müssen, wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Anrufung der zuständigen Gerichte in einem die Anwendung dieser Vorschrift betreffenden Streit vorliegen (siehe insbesondere Urteile vom 27. März 1980 in der Rechtssache 61/79, Denkavit italiana, Slg. 1980, 1205, Randnr. 16, und vom 13. Februar 1996 in den Rechtssachen C-197/94 und C-252/94, Bautiaa und Société française maritime, Slg. 1996, I-505, Randnr. 47).
16. Nach dieser Rechtsprechung muß weiterhin in Anbetracht dieser Grundsätze eine Beschränkung der Wirkungen eines Urteils, durch das über ein Auslegungsersuchen entschieden wird, durch den Gerichtshof die absolute Ausnahme bleiben (Urteile Denkavit italiana, Randnr. 17, und Bautiaa und Société française maritime, Randnr. 48).
17. Aus dem Vorstehenden folgt, daß die Wirkungen eines auslegenden Urteils des Gerichtshofes die ausgelegte Vorschrift zwar regelmäßig ab ihrem Inkrafttreten erfassen, daß das einzelstaatliche Gericht dieses Urteil jedoch nur dann auf einen vor seinem Erlaß liegenden Sachverhalt anwenden kann, wenn die Modalitäten des nationalen Verfahrens sowohl materiell als auch formell beachtet worden sind.
18. Die Anwendung dieser Modalitäten darf nicht mit einer Begrenzung der Wirkungen eines Urteils des Gerichtshofes verwechselt werden, in dem dieser über die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts entscheidet. Denn eine solche Begrenzung nähme den Bürgern  die bei rechtem Gang der Dinge in der Lage wären, die ihnen aus der betreffenden Gemeinschaftsvorschrift erwachsenden Rechte gemäß den einzelstaatlichen Verfahrensvorschriften geltend zu machen die Möglichkeit, sich zur Begründung ihrer Forderungen auf dieses Urteil zu berufen.
19. Nach ständiger Rechtsprechung sind im übrigen die Bestimmung der zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von gerichtlichen Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung der Erstattung rechtsgrundlos erhobener nationaler Abgaben Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten; diese Verfahren dürfen jedoch nicht ungünstiger gestaltet werden als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen, und sie dürfen die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Urteile Rewe, Randnr. 5, und Comet, Randnrn. 13 und 16, sowie kürzlich Urteil vom 14. Dezember 1995 in der Rechtssache C-312/93, Peterbroeck, Slg. 1995, I-4599, Randnr. 12).
20. So hat der Gerichtshof entschieden, daß die Festsetzung angemessener Ausschlußfristen für die Rechtsverfolgung im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den Abgabepflichtigen und die Behörden schützt, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (Urteile Rewe, Randnr. 5, Comet, Randnrn. 17 und 18, Denkavit italiana, Randnr. 23; vgl. auch Urteile vom 10. Juli 1997 in der Rechtssache C-261/95, Palmisani, Slg. 1997, I-4025, Randnr. 28, und vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-90/94, Haahr Petroleum, Slg. 1997, I-4085, Randnr. 48). Ob der Gerichtshof ein Vorabentscheidungsurteil über die Auslegung der fraglichen Gemeinschaftsvorschrift erlassen hat, ist insoweit ohne Belang (siehe in diesem Sinne Urteil Rewe, Randnr. 7).
21. Die Kommission hat allerdings in der Sitzung vorgetragen, daß die Corte suprema di cassazione ihre Rechtsprechung durch das Urteil Nr. 3458 vom 23. Februar 1996 geändert habe, da sie bisher die Anwendung von Ausschlußfristen wie der streitigen auf die Fälle irriger Berechnung von Abgaben beschränkt habe. Indem sie nach Erlaß des Urteils Ponente Carni entschieden habe, daß die Erstattung der Konzessionsabgabe der in Artikel 13 des Dekrets Nr. 641/72 vorgesehenen dreijährigen Ausschlußfrist und nicht der zehnjährigen allgemeinen Verjährungsfrist unterliege, habe sie spezifisch die Möglichkeit der Betroffenen eingeschränkt, auf Erstattung einer Abgabe zu klagen, die unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhoben worden sei. Das verstoße gegen die Urteile vom 2. Februar 1988 in der Rechtssache 309/85 (Barra, Slg. 1988, 355) und vom 29. Juni 1988 in der Rechtssache 240/87 (Deville, Slg. 1988, 3513).
22. Im Urteil Barra (Randnr. 19) hat der Gerichtshof entschieden, daß das Gemeinschaftsrecht einer nationalen Vorschrift entgegensteht, nach der nur diejenigen Antragsteller die Erstattung einer vom Gerichtshof für vertragswidrig erklärten Abgabe verlangen können, die vor Erlaß des betreffenden Urteils eine Erstattungsklage eingereicht haben. Eine solche Bestimmung nimmt nämlich den natürlichen oder juristischen Personen, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, schlicht das Recht auf Erstattung der rechtsgrundlos gezahlten Beträge und hindert sie damit, die ihnen vom Gemeinschaftsrecht eingeräumten Rechte geltend zu machen.
23. Desgleichen hat der Gerichtshof in dem Urteil Deville für Recht erkannt, daß der nationale Gesetzgeber nicht nach Verkündung eines Urteils des Gerichtshofes, durch das bestimmte Rechtsvorschriften als mit dem Vertrag unvereinbar erklärt werden, eine Verfahrensregel erlassen kann, die speziell die Möglichkeiten einschränkt, auf Erstattung der Abgaben zu klagen, die aufgrund dieser Rechtsvorschriften zu Unrecht erhoben worden sind.
24. Aus diesen Urteilen ergibt sich, daß ein Mitgliedstaat keine Bestimmungen erlassen darf, die die Erstattung einer Abgabe, die durch ein Urteil des Gerichtshofes für gemeinschaftsrechtswidrig erklärt worden ist oder deren Unvereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht sich aus einem solchen Urteil ergibt, Voraussetzungen unterwirft, die speziell diese Abgabe betreffen und die ungünstiger sind als diejenigen, die auf die Erstattung der fraglichen Steuer anwendbar gewesen wären, wenn diese Bestimmung nicht erlassen worden wäre.
25. Die Auslegung der Corte suprema di cassazione bezog sich auf eine nationale Bestimmung, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Urteils Ponente Carni seit langem in Kraft war und die nicht nur die Erstattung der Abgabe, um die es in jenem Urteil ging, sondern auch diejenige aller staatlichen italienischen Konzessionsabgaben betraf. Daraus folgt, daß die in den Urteilen Barra und Deville enthaltene Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, wobei die Voraussetzungen ihrer Anwendung auf die Rechtsprechungsorgane der Mitgliedstaaten dahinstehen können.
26. Somit ist auf die erste Frage zu antworten, daß es das Recht eines Mitgliedstaats, sich gegenüber Klagen auf Erstattung von unter Verstoß gegen eine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts erhobenen Abgaben auf eine nationale Ausschlußfrist zu berufen, nicht berührt, daß der Gerichtshof ein Vorabentscheidungsurteil über die Auslegung dieser Vorschrift erlassen hat, ohne die zeitlichen Wirkungen dieses Urteils zu begrenzen.
 
Zur zweiten Frage
 
27. Die zweite Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob eine nationale Regelung, die als eine der Modalitäten der Verfahren, die die Erstattung von unter Verstoß gegen die Richtlinie 69/335 entrichteten Abgaben sicherstellen sollen, eine dreijährige Ausschlußfrist vom Zeitpunkt der Zahlung an vorsieht, während das nationale Recht für Klagen gegen Privatpersonen auf Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge keine derartige Frist kennt, mit Artikel 5 EG-Vertrag vereinbar ist.
28. Die Kommission ist der Auffassung, daß diese Frage sich auf die Auslegung des italienischen Rechts beziehe und deshalb in dieser Form unzulässig sei. Sie schlägt daher vor, sie neu zu formulieren. Die gestellte Frage gehe dahin, ob das Gemeinschaftsrecht nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehe, die Klagen auf Erstattung einer Abgabe, die unter Verstoß gegen die Richtlinie 69/335 erhoben worden sei, einer Ausschlußfrist unterwürfen, die die Existenz einer Besteuerungsgewalt und einer Steuerforderung des Staates voraussetze, nicht aber einer Verjährungsfrist, die nach demselben Recht auf den Fall der objektiven Nichtschuld anwendbar sei, die sich daraus ergebe, daß es an einer solchen Gewalt und einer solchen Forderung gerade fehle.
29. Die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage geht dahin, ob das Gemeinschaftsrecht es einem Mitgliedstaat verwehrt, sich gegenüber Klagen auf Erstattung von Abgaben, die unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhoben worden sind, auf eine nationale Ausschlußfrist von drei Jahren zu berufen, die von der günstigeren Frist abweicht, die nach der allgemeinen Regelung für Klagen gegen Privatleute auf Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge gilt. Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof somit, seine Rechtsprechung zu verdeutlichen, nach der die Ausgestaltung des Verfahrens für die Klagen, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nicht weniger günstig sein darf als für gleichartige Klagen, die das innerstaatliche Recht betreffen.
30. Daraus folgt, daß die Frage zu beantworten ist.
31. Die Klägerin ist der Auffassung, daß diese Frage zu bejahen sei, da nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes die Ausgestaltung des nationalen Verfahrens für die Klagen, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollten, nicht weniger günstig sein dürfe als für gleichartige Klagen, die das innerstaatliche Recht beträfen. Die Corte costituzionale habe jedoch eindeutig entschieden, daß die Klage auf Erstattung der Konzessionsabgabe im italienischen Recht unter die Regelung der Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge falle.
32. Nach Ansicht der drei Regierungen, die Erklärungen eingereicht haben, ist ein Mitgliedstaat berechtigt, in Steuersachen eine Ausschlußfrist vorzusehen, die von der allgemeinen Frist abweicht, wenn diese Frist in gleicher Weise für auf das Gemeinschaftsrecht und auf das innerstaatliche Recht gestützte Erstattungsanträge gelte. Dies sei hier der Fall.
33. Wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, zeigt ein Vergleich der einzelstaatlichen Regelungen, daß die Anfechtung rechtswidriger Abgabenerhebungen oder die Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Abgaben in den einzelnen Mitgliedstaaten und sogar innerhalb desselben Mitgliedstaats je nach der Art der Steuern und Abgaben unterschiedlich geregelt ist. In einigen Fällen gibt es für derartige Anfechtungen oder Ansprüche gesetzliche Form- und Fristvorschriften sowohl für bei der Steuerverwaltung einzulegende Rechtsbehelfe als auch für Klagen. In anderen Fällen sind Klagen auf Erstattung von rechtsgrundlos gezahlten Abgaben vor den ordentlichen Gerichten insbesondere als Klagen auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zu erheben, wobei die Ausschlußfristen für diese Klagen unterschiedlich lang sind und in manchen Fällen der allgemeinem Verjährungsfrist entsprechen (vgl. Urteile vom 27. Februar 1980 in der Rechtssache 68/79, Just, Slg. 1980, 501, Randnrn. 22 und 23, Denkavit italiana, Randnrn. 23 und 24, vom 10. Juli 1980 in der Rechtssache 811/79, Ariete, Slg. 1980, 2545, Randnrn. 10 und 11, und in der Rechtssache 826/79, Mireco, Slg. 1980, 2559, Randnrn. 11 und 12).
34. Diese Unterschiedlichkeit der nationalen Regelungen ist insbesondere eine Folge davon, daß es keine Gemeinschaftsregelung über die Erstattung rechtsgrundlos erhobener nationaler Abgaben gibt. Wie in Randnummer 19 dieses Urteils dargelegt worden ist, ist die Bestimmung der zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, daher Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, wobei diese Verfahren nicht weniger günstig gestaltet werden dürfen als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Äquivalenzgrundsatz), und die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz).
35. Zum Effektivitätsgrundsatz hat der Gerichtshof, wie in Randnummer 20 dieses Urteils dargelegt, entschieden, daß die Festsetzung angemessener Ausschlußfristen für die Rechtsverfolgung im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den Abgabepflichtigen und die Behörde schützt, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Solche Fristen sind nämlich nicht geeignet, die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint eine nationale Ausschlußfrist von drei Jahren, die vom Zeitpunkt der fraglichen Zahlung an läuft, angemessen.
36. Die Wahrung des Äquivalenzgrundsatzes setzt voraus, daß die streitige Ausgestaltung in gleicher Weise auf die Verletzung des Gemeinschaftsrechts wie auf die Verletzung des innerstaatlichen Rechts gestützte Klagen anwendbar ist, sofern es sich um dieselbe Art von Abgaben oder Gebühren handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. März 1980 in den Rechtssachen 66/79, 127/79 und 128/79, Salumi, Slg. 1980, 1237, Randnr. 21). Dieser Grundsatz kann jedoch nicht so verstanden werden, daß er einen Mitgliedstaat verpflichtet, die günstigste interne Erstattungsregelung auf alle Klagen auf Erstattung von Abgaben und Gebühren zu erstrecken, die unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhoben worden sind.
37. Somit steht das Gemeinschaftsrecht Vorschriften eines Mitgliedstaats nicht entgegen, die neben einer allgemeinen Verjährungsfrist, die für Klagen gegen Private auf Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge gilt, bei Steuern und sonstigen Abgaben besondere  weniger günstige  Beschwerde- und Klagemodalitäten vorsehen. Dies wäre nur dann anders, wenn diese Modalitäten nur für Klagen auf Erstattung solcher Steuern oder Abgaben gelten würden, die auf das Gemeinschaftsrecht gestützt werden.
38. Im vorliegenden Fall betrifft die Ausschlußfrist, wie in Randnummer 25 dieses Urteils ausgeführt, nicht nur die streitige Konzessionsabgabe, sondern alle staatlichen Konzessionsabgaben. Darüber hinaus gilt eine vergleichbare Frist nach den unbestrittenen Angaben der italienischen Regierung auch für Klagen auf Erstattung einer bestimmten Anzahl indirekter Abgaben. Außerdem geht aus dem Wortlaut der streitigen Bestimmung nicht hervor, daß sie nur auf Klagen anwendbar wäre, die auf das Gemeinschaftsrecht gestützt werden. Im übrigen ergibt sich, wie der Generalanwalt in den Nrn. 62 bis 64 seiner Schlußanträge ausgeführt hat, aus der Rechtsprechung der Corte suprema di cassazione, daß die Fristen in Steuersachen auch auf Klagen auf Erstattung von Abgaben oder Steuern anwendbar sind, die aufgrund von Gesetzen erhoben worden sind, die gegen die italienische Verfassung verstoßen.
39. Auf die zweite Frage ist somit zu antworten, daß das Gemeinschaftsrecht es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, sich gegenüber Klagen auf Erstattung von Abgaben, die unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen worden sind, auf eine nationale Ausschlußfrist von drei Jahren zu berufen, die von der günstigeren allgemeinen Frist, die für Klagen gegen Private auf Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge abweicht, wenn diese Ausschlußfrist in gleicher Weise auf alleKlagen auf Erstattung von Abgaben unabhängig davon angewandt wird, ob sie auf das Gemeinschaftsrecht oder auf das innerstaatliche Recht gestützt werden.
 
Zur dritten Frage
 
40. Die dritte Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob das Gemeinschaftsrecht es einem Mitgliedstaat verwehrt, sich gegenüber Klagen auf Erstattung von Abgaben, die unter Verstoß gegen eine Richtlinie erhoben worden sind, auf eine nationale Ausschlußfrist zu berufen, die vom Zeitpunkt der Entrichtung der fraglichen Abgaben an zu laufen beginnt, selbst wenn die Richtlinie zu diesem Zeitpunkt noch nicht ordnungsgemäß in das nationale Recht umgesetzt worden war.
41. Die drei Regierungen, die Erklärungen eingereicht haben, schlagen vor, diese Frage zu verneinen. Ein Mitgliedstaat habe nämlich das Recht, sich auf eine innerstaatliche Ausschlußfrist wie die in Rede stehende zu berufen, wenn diese die in den Urteilen Rewe und Comet aufgestellten Voraussetzungen erfülle. Das Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-208/90 (Emmott, Slg. 1991, I-4269) sei im Rahmen der ganz besonderen Umstände jener Rechtssache zu sehen, wie der Gerichtshof im übrigen in den Urteilen vom 27. Oktober 1993 in der Rechtssache C-338/91 (Steenhorst-Neerings, Slg. 1993, I-5475) und vom 6. Dezember 1994 in der Rechtssache C-410/92 (Johnson, Slg. 1994, I-5483) ausgeführt habe.
42. Nach Auffassung der Klägerin hindert nach den beiden letztgenannten Urteilen der bloße Umstand, daß die Bestimmungen einer Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden seien, den säumigen Mitgliedstaat mangels weiterer Umstände nicht daran, sich auf seine innerstaatlichen Klagefristen zu berufen. Gleichwohl sei das Urteil Emmott aufgrund der Verzögerungstaktik, die die italienischen Behörden gegenüber den Erstattungsanträgen der Gesellschaften an den Tag gelegt hätten, im vorliegenden Fall anwendbar.
43. Die Kommission hat zunächst geltend gemacht, daß die Urteile Steenhorst-Neerings und Johnson sich auf Beschwerden bezögen, in denen es um zu Unrecht verweigerte Sozialleistungen gegangen sei; folglich seien sie im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Deshalb müsse das Urteil Emmott auf die Klagen auf Erstattung von unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Abgaben angewandt werden, da andernfalls der säumige Mitgliedstaat einen Vorteil aus der von ihm begangenen Verletzung ziehen würde. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission diese Auffassung jedoch nicht mehr vertreten; ihr stehe das Urteil vom 2. Dezember 1997 in der Rechtssache C-188/95 (Fantask u.a., Slg. 1997, I-6783) entgegen.
44. Nach der auf die zweite Frage gegebenen Antwort verwehrt das Gemeinschaftsrecht es einem Mitgliedstaat grundsätzlich nicht, sich gegenüber Klagen auf Erstattung von Abgaben, die unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhoben worden sind, auf eine dreijährige nationale Ausschlußfrist zu berufen.
45. Zwar hat der Gerichtshof im Urteil Emmott (Randnr. 23) entschieden, daß sich der säumige Mitgliedstaat bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Umsetzung der Richtlinie nicht auf die Verspätung einer Klage berufen könne, die ein einzelner zur Wahrung der ihm durch die Bestimmungen einer Richtlinie verliehenen Rechte gegen ihn erhoben habe, und daß eine Klagefrist des nationalen Rechts erst von diesem Zeitpunkt an laufe.
46. Gleichwohl ergibt sich, wie im Urteil Johnson (Randnr. 26) bestätigt worden ist, aus dem Urteil Steenhorst-Neerings, daß die Entscheidung in der Rechtssache Emmott durch die besonderen Umstände jenes Falles gerechtfertigt war, in dem der Klägerin des Ausgangsverfahrens durch den Ablauf der Klagefrist jegliche Möglichkeit genommen war, ihren auf die Richtlinie gestützten Anspruch auf Gleichbehandlung geltend zu machen (vgl. auch Urteile Haahr Petroleum, Randnr. 52, und vom 17. Juli 1997 in den Rechtssachen C-114/95 und C-115/95, Texaco und Olieselskabet Danmark, Slg. 1997, I-4263, Randnr. 48).
47. So hat der Gerichtshof in dem Urteil Fantask u.a. entschieden, daß das Gemeinschaftsrecht es einem Mitgliedstaat, der die Richtlinie 69/335 nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat, nicht verwehrt, sich gegenüber Klagen auf Erstattung von Abgaben, die unter Verstoß gegen diese Richtlinie erhoben worden sind, auf eine fünfjährige nationale Verjährungsfrist, die vom Zeitpunkt der Fälligkeit der betreffenden Forderungen an läuft, zu berufen.
48. Auch ergibt sich aus den Akten und der mündlichen Verhandlung nicht, daß das Verhalten der italienischen Behörden zusammen mit der streitigen Frist im vorliegenden Fall wie in der Rechtssache Emmott dazu geführt hätte, daß der Klägerin jede Möglichkeit genommen worden wäre, ihre Rechte vor den nationalen Gerichten geltend zu machen.
49. Deshalb ist auf die dritte Frage zu antworten, daß das Gemeinschaftsrecht es einem Mitgliedstaat unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht verwehrt, sich gegenüber Klagen auf Erstattung von Abgaben, die unter Verstoß gegen eine Richtlinie erhoben worden sind, auf eine nationale Ausschlußfrist, die vom Zeitpunkt der Entrichtung der fraglichen Abgabe an läuft, zu berufen, selbst wenn die Richtlinie zu diesem Zeitpunkt noch nicht ordnungsgemäß in das nationale Recht umgesetzt worden war.
 
Kosten
 
50. Die Auslagen der italienischen und der französischen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs sowie der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof auf die ihm vom Tribunale Genua mit Beschluß vom 18. Juni 1996 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:
1. Daß der Gerichtshof ein Vorabentscheidungsurteil über die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts erlassen hat, ohne die zeitlichen Wirkungen dieses Urteils zu begrenzen, berührt das Recht eines Mitgliedstaats nicht, sich gegenüber Klagen auf Erstattung von unter Verstoß gegen diese Vorschrift erhobenen Abgaben auf eine nationale Ausschlußfrist zu berufen.
 
2. Das Gemeinschaftsrecht verwehrt es einem Mitgliedstaat nicht, sich gegenüber Klagen auf Erstattung von Abgaben, die unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhoben worden sind, auf eine nationale Ausschlußfrist von drei Jahren zu berufen, die von der günstigeren allgemeinen Frist für Klagen gegen Private auf Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge abweicht, wenn diese Ausschlußfrist in gleicher Weise auf alle Klagen auf Erstattung von Abgaben unabhängig davon angewandt wird, ob sie auf das Gemeinschaftsrecht oder auf das innerstaatliche Recht gestützt werden.
 
3. Das Gemeinschaftsrecht verwehrt es einem Mitgliedstaat unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht, sich gegenüber Klagen auf Erstattung von Abgaben, die unter Verstoß gegen eine Richtlinie erhoben worden sind, auf eine nationale Ausschlußfrist, die vom Zeitpunkt der Entrichtung der fraglichen Abgabe an läuft, zu berufen, selbst wenn die Richtlinie zu diesem Zeitpunkt noch nicht ordnungsgemäß in das nationale Recht umgesetzt worden war.
 
Rodriguez Iglesias, Ragnemalm, Wathelet, Schintgen, Mancini, Moitinho de Almeida, Kapteyn, Edward, Puissochet, Sevon, Ioannou
 
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. September 1998.
R. Grass (Der Kanzler), G. C. Rodriiguez Iglesias (Der Präsident)