Eine Ausnahme von dem Verbot, warmblütige Tiere ohne Betäubung zu schlachten, kann nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG zum Zwecke der Nahrungsmittelverordnung nur zugelassen werden, wenn objektiv festgestellt wird, daß zwingende Vorschriften einer Religionsgemeinschaft den Genuß von Fleisch nicht geschächteter Tiere verbieten; eine individuelle Glaubensüberzeugung vom Bestehen eines solchen Verbots reicht nicht aus.
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Urteil
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des 3. Senats vom 15. Juni 1995 (I. Verwaltungsgericht Hamburg, II. Oberverwaltungsgericht Hamburg)
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-- BVerwG 3 C 31.93 --
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Die Klägerin betreibt die Kantine in der Moschee der Gesellschaft der türkischen Arbeitnehmer in Hamburg und Umgebung zur Gründung und Erhaltung einer Moschee e.V. und beliefert auch Moslems außerhalb der Kantine und außerhalb Hamburgs mit Fleisch- und Wurstwaren. Mit Schreiben vom 11. Mai 1988 beantragte sie die Genehmigung, "Schlachtungen nach islamischem Ritus durchführen zu dürfen". Dazu trug sie vor, sie sei im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes streng an die Beachtung der Regeln des Islam gebunden. Allein für diese Regeln komme es für die Beurteilung ihres Antrages an. Die Grundlage des islamischen Gebots, Schlachttiere zu schächten, ergäbe sich aus dem Koran selbst, z.B. aus der 5. Sure, Vers 4. Auf dieser Grundlage sei ein großer Teil der von ihr mit Fleisch versorgten und belieferten Moslems nach wie vor der Glaubensauffassung, daß der islamische Ritus eine Betäubung der Tiere vor dem Schlachten nicht erlaube.
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Mit Bescheid vom 24. Oktober 1988 lehnte die Beklagte die beantragte Ausnahmegenehmigung nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) ab. Zur Begründung führte sie aus, es sei nicht ersichtlich, daß zwingende religiöse Vorschriften des Islam die Betäubung der Tiere vor der Schlachtung verböten. Nach Aussagen maßgeblicher islamischer Rechtsgelehrter müsse bei einer Schlachtung nach den Geboten des Islam gewährleistet sein, daß das Tier während der Schlachtung noch Zeichen von Leben zeige. Verboten sei der Verzehr des Fleisches von Tieren, die vor der Schlachtung getötet worden oder tot gewesen seien. Diesen Anforderungen werde eine Elektrobetäubung der Tiere gerecht. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, es könne nicht auf die Auffassung islamischer Rechtsgelehrter ankommen, sondern allein darauf, das diejenigen Moslems, die von ihr mit Fleisch- und Wurstwaren beliefert würden, eine Betäubung der Tiere vor dem Schlachten nach dem Koran für verboten hielten.
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Klage, Berufung und Revision der Klägerin blieben ohne Erfolg.
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§ 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG läßt die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung von dem in § 4 a Abs. 1 TierSchG ausgesprochenen Verbot des betäubungslosen Schlachtens nur insoweit zu, als es erforderlich ist, den Bedürfnissen von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften im Geltungsbereich des Tierschutzgesetzes zu entsprechen, denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemeinschaft als Schächten vorschreiben oder den Genuß von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen. Von den beiden im letzten Halbsatz dieser Vorschrift alternativ aufgeführten Fällen kommt hier, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nur der zweite als Grundlage für das Begehren der Klägerin in Betracht. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin die Ausnahmegenehmigung beantragt, weil die von ihr mit Fleisch- und Wurstwaren versorgten und belieferten Moslems eine Betäubung der Tiere, vor dem Schlachten nach dem Koran für verboten hielten. Daran hat sie auch in den Vorinstanzen festgehalten. Das damit verfolgte Ziel ist mithin die Versorgung ihrer Kunden mit Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs, bei deren Erzeugung das nach ihrer Ansicht im Islam geltende und als verbindlich angesehene Verbot der Betäubung vor dem Schlachten eingehalten worden ist. Es geht um die Bedürfnisse von Personen, denen nach dem Vortrag der Klägerin aus religiösen Gründen der Genuß von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagt ist.
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Im Revisionsverfahren hat die Klägerin ihr Begehren auch darauf gestützt, durch das Schächtverbot würden ihre Kunden gehindert, das Opferfest, für das der Islam eine rituelle Schlachtung ohne vorhergehende Betäubung wie auch bei anderen Gelegenheiten vorschreibe, entsprechend den Bestimmungen ihrer Religion zu begehen. Das beinhaltet den Vortrag, die Ausnahmegenehmigung sei notwendig, weil den Kunden der Klägerin das Schächten aus religiösen Gründen zwingend vorgeschrieben sei, und zielt auf die Anwendung der ersten Alternative des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG. Dieses Vorbringen kann jedoch im vorliegenden Rechtsstreit keine Berücksichtigung finden. Es beruht auf - von der Klägerin behaupteten - Tatsachen, die vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden sind und die der Senat daher nach § 137 Abs. 2 VwGO nicht verwerten darf. Mit ihrem neuen Vorbringen ändert die Klägerin zudem den Klagegrund, denn sie legt ihrem Begehren einen anderen als den ursprünglichen Sachverhalt zugrunde. Das wird schon daran deutlich, daß der Antrag der Klägerin auf eine generelle Ausnahmegenehmigung für ihren Geschäftsbetrieb gerichtet ist, während die Berufung auf rituelle Vorschriften für bestimmte Feste allenfalls - wenn überhaupt - eine Ausnahmegenehmigung für diese Gelegenheiten in Betracht kommen ließe. Der Sache nach handelt es sich dabei um eine Klageänderung (§ 142 Abs. 1 VwGO).
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Da die Klägerin jedoch auch an ihrem früheren Vorbringen festgehalten hat, bleibt das ursprüngliche Begehren Gegenstand der Entscheidung.
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Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. TierSchG sind nicht erfüllt. Die Vorschrift läßt Ausnahmen vom Schächtverbot nur zu, soweit zwingende Vorschriften einer Religionsgemeinschaft deren Mitgliedern der Genuß von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen. Das trifft auf die Kunden der Klägerin, auf deren Bedürfnisse sich die Klägerin beruft, nicht zu.
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Die Kunden der Klägerin gehören keiner Religionsgemeinschaft an, die ihren Mitgliedern durch zwingende Vorschriften den Genuß von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagt.
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Unter einer Religionsgemeinschaft wird im Staatskirchenrecht ein Verband verstanden, der die Angehörigen ein und desselben Glaubensbekenntnisses - oder mehrerer verwandter Glaubensbekenntnisse - zu allseitiger Erfüllung der durch das gemeinsame Bekenntnis gestellten Aufgaben zusammenfaßt (Obermayer, BK-GG, 1971, Art. 140 Rdnrn. 39-41; von Mangoldt/Klein/von Campenhausen, GG 3. Aufl., Art. 140 Rdnr. 17; Muk kel, DÖV 1995 S. 311, 312). Es bedarf hier keiner Erörterung, ob an dieser Begriffsbestimmung im Rahmen des § 4 a Abs. 2 TierSchG in jeder Hinsicht festzuhalten ist. Der Begriff der Religionsgemeinschaft unterliegt jedenfalls der staatlichen Beurteilung nach aktueller Lebenswirklichkeit, Kulturtradition und allgemeinem wie auch religionswissenschaftlichem Verständnis (vgl. BVerfG, Beschluß vom 5. Februar 1991 - BVerfGE 83, 341, 353 - "Bahai" -). Bei dieser letztlich den Gerichten zugewiesenen Prüfung ergibt sich aus § 4 a Abs. 2 TierSchG, daß es sich bei der dort genannten Religionsgemeinschaft um eine Gemeinschaft handeln muß, die sich nach außen eindeutig abgrenzt und nach innen in der Lage ist, ihre Mitglieder zwingenden Vorschriften zu unterwerfen.
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Als Religionsgemeinschaft in diesem Sinne sieht die Klägerin selbst den sunnitischen Zweig des Islam an. Eine andere Religionsgemeinschaft, der die Kunden der Klägerin angehören könnten und deren zwingende Vorschriften im Rahmen des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG Bedeutung gewinnen könnten, ist weder von der Klägerin benannt oder sonst ersichtlich. Insbesondere bilden die Kunden der Klägerin - wie sie selbst in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat ausdrücklich bestätigt hat - keine gegenüber den Sunniten eigenständigen Religionsgemeinschaft; ihnen fehlt sowohl die klare Abgrenzung nach außen als auch die notwendige innere Kohärenz.
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§ 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG verlangt die objektive Feststellung zwingender Vorschriften einer Religionsgemeinschaft über das Betäubungsverbot beim Schlachten. Erforderlich ist das eindeutige Vorliegen von Normen der betreffenden Religionsgemeinschaft, die nach dem staatlicher Beurteilung unterliegenden Selbstverständnis der Gemeinschaft als zwingend zu gelten haben.
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In der Literatur wird vereinzelt eine einengende Auslegung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG vertreten mit der Begründung, sie dürfe nicht dazu führen, daß Andersgläubige den Angehörigen einer Religionsgemeinschaft deren Vorschriften im Rahmen des Verfahrens über die Ausnahmegenehmigung interpretierten (vgl. Lorz, TierSchG, 4. Aufl. 1992, § 4 a Rdnr. 23; Kuhl/Unruh, DÖV 1991, 94, 98). In ähnlicher Richtung geht die Argumenta tion der Klägerin, die Erteilung der Ausnahmegenehmigung dürfe überhaupt nicht von der Ansicht irgendwelcher Autoritäten über den Inhalt der islamischen Glaubensvorschriften abhängen; entscheidend sei allein, daß ihre Kunden von einem zwingend im Koran angeordneten Betäubungsverbot ausgingen.
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Eine solche individuelle Sicht, die allein auf die jeweilige subjektive - wenn auch als zwingend empfundene - religiöse Überzeugung der Mitglieder einer Religionsgemeinschaft abstellt, ist mit dem Regelungsgehalt des Gesetzes nicht vereinbar. Das belegt schon der Wortlaut des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG. Die Vorschrift des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG lautet eben nicht, daß eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen sei, wenn Angehörige einer Religionsgemeinschaft aus religiösen Gründen den Genuß von Fleisch nicht geschächteter Tiere für unerlaubt halten. Vielmehr ist dort von zwingenden Vorschriften bestimmter Religionsgemeinschsaften die Rede, die deren Angehörigen ein Verhalten gebieten oder untersagen. Dem liegt erkennbar die Vorstellung zugrunde, daß die Religionsgemeinschaft als solche bestimmte Anordnungen mit dem Anspruch unbedingter Verbindlichkeit getroffen hat oder von einer ihr übergeordneten - transzendenten - Instanz als getroffen ansieht. Für eine Relativierung im Sinne der Maßgeblichkeit individueller religiöser Überzeugungen läßt dieser Wortlaut keinen Raum.
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Für die hier vetretene Auslegung spricht entscheidend auch der Sinn und Zweck des Gesetzes, wie er in § 1 TierSchG ausdrücklich niedergelegt ist. Danach zielt das Gesetz darauf ab, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen und zu verhindern, daß einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden. Dieser Zielsetzung dient ersichtlich auch das grundsätzliche Verbot des betäubungslosen Schlachtens in § 4 a Abs. 1 TierSchG. Der Gesetzgeber geht - in Übereinstimmung mit dem Europäischen Übereinkommen über den Schutz von Schlachttieren vom 10. Mai 1979 (BGBl. II 1983 S. 771) - davon aus, daß die Betäubung die Leiden der Tiere bei der Schlachtung gegenüber dem betäubungslosen Schlachten verringert. Für eine Fehlerhaftigkeit dieser Einschätzung ist nichts ersichtlich (vgl. Kunkel, Eine Analyse des Schlachtproblems..., Diss. Hannover 1962, S. 112). Das tierschützerische Anliegen des grundsätzlichen Schächtverbots würde in weitem Umfange verfehlt, wenn seine Einhaltung durch eine extensive Auslegung der Ausnahmeregelung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG letztlich dem Belieben einzelner überlassen würde. Das aber wäre der Fall, wenn schon die einer zuverlässigen Überprüfung kaum zugängliche individuelle Glaubensüberzeugung im Rahmen der zweiten Alternative des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG ausreichen würde, eine Freistellung vom allgemeinen Schächtverbot herbeizuführen.
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Die Auslegung wird bestätigt durch die Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift ist durch das Änderungsgesetz vom 12. August 1986 (BGBl. I S. 1309) in das Tierschutzgesetz eingefügt worden. Bei den Gesetzesberatungen hatte der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages gefordert, eine Ausnahmegenehmigung für das betäubungslose Schlachten nur dann zuzulassen, wenn für Mitglieder einer Religionsgemeinschaft das Schächten zwingend vergeschrieben sei. Der federführende Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten lehnte in seinem Bericht die Forderung ab mit der Begründung, die mit dem Wort "zwingend" verbundene Notwendigkeit, die Vorschriften der betroffenen Religionsgemeinschaft von staatlichen Stellen interpretieren zu lassen, sei in einem religiös neutralen demokratischen Rechtsstaat nicht akzeptabel (vgl. BT-Drucks. 10/5259 S. 33, 38). Gegen den entsprechenden Gesetzesbeschluß des Bundestages rief der Bundesrat den Vermittlungsausschuß an mit dem Ziel, Ausnahmen vom Schächtungsverbot nur zuzulassen für "Schlachtungen, die Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften zwingend vorgeschrieben sind". Dazu führte er aus, das Schächten sollte nur in den durch Art. 4 GG zwingend gebotenen Fällen ermöglicht werden. Es sei zu bedenken, daß das Schächten in manchen Ländern als die Schlachtmethode schlechthin angesehen werde. Nur in einigen Fällen sei das Schächten zum echten Bestandteil des religiösen Bekenntnisses und damit zu einer Handlung geworden, die als solche weltanschaulichen Charakter besitze. Im Gegensatz dazu würden Handlungen, die zwar Ausdruck einer religiösen Grundhaltung seien, selbst aber keine religiöse Betätigung beinhalteten, nicht vom Grundrechtsschutz des Art. 4 GG erfaßt (vgl. BT-Drucks. 10/5523 S. 1).
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Mit diesem Anliegen konnte sich der Bundesrat zwar nicht in vollem Umfang durchsetzen. Neben den Fällen der religiös gebotenen Schächtung blieb es bei der Priviligierung derjenigen, denen ihre Religion den Genuß von Fleisch vor der Schlachtung betäubter Tiere untersagt. Es wurde aber das Erfordernis eingefügt, daß es sich um "zwingende" Vorschriften der Religionsgemeinschaft handeln müsse. Angesichts der zuvor vom federführenden Bundestagsausschuß gegen diesen Begriff erhobenen Bedenken konnte kein Zweifel bestehen, daß diese Ergänzung auf eine Objektivierung der Ausnahmevoraussetzungen einschließlich der sich daraus ergebenen Überprüfungsmöglichkeiten abzielte.
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In dieser Auslegung steht die genannte Vorschrift nicht im Widerspruch zur Verfassung. Sie verletzt insbesondere nicht das in Art. 4 Abs. 1 und 2 GG garantierte Grundrecht der Religionsfreiheit.
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Diese Freiheit umfaßt zwar nicht nur die (innere) freiheit zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch die äußere Freiheit, seine religiöse Überzeugung zu manifestieren, zu bekennen und zu verbreiten. Dazu gehört auch das Recht des einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seiner Religion auszurichten und seiner inneren religiösen Überzeugung gamäß zu handeln (vgl. BVerfGE 32, S. 98, 106f.). In dieses recht wird jedoch durch die Versagung einer Ausnahme vom Schächtungsverbot nicht eingegriffen, wenn die religiöse Überzeugung dem Betroffenen lediglich den Genuß von Fleisch nicht geschächteter Tiere zu verbieten. Die in der zweiten Alternative des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG getroffene Ausnahmeregelung ist, wie der Rechtsausschuß des Bundestages und der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren zu Recht geltend gemacht haben, kein notwendiger Ausfluß der grundsätzlich gewährleisteten Religionsfreiheit. Daher berührt auch die Beschränkung dieser Ausnahmemöglichkeit auf Fälle, in denen zwingende Vorschriften einer Religionsgemeinschaft den Genuß von Fleisch nicht geschächteter Tiere verbieten, nicht den Schutzbereich des Grundrechts (ebenso OVG Münster, Urteil vom 21. Oktober 1993 - 20 A 3287/92 -; Zippelius in Bonner Kommentar, 1989, Art. 4 Rdnr. 105; Brandhuber, NVwZ 1994, 561, 563; a.A. Kuhl/Unruh, DÖV 1994, 644, 645).
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Gegenübder dem aus der religiösen Überzeugung abgeleiteten Verbot, das Fleisch nicht geschächteter Tiere zu verzehren, enthält das Schächtungs verbot keinen Eingriff in die Möglichkeit der aktiven Verwirklichung religiöser Verbote. Der Genuß von Fleisch geschächteter Tiere stellt in diesen Fällen keinen Akt religiöser Betätigung dar. Der Verzicht auf diesen Genuß bedeutet daher keine Verletzung irgendwelcher religiös bedingter Pflichten.
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Verbietet die Religion lediglich den Genuß von Fleisch nicht geschächteter Tiere, so hindert das Verbot betäubungslosen Schlachtens die Anhänger dieser Religion nicht an einer ihrer Religion entsprechenden Lebensgestaltung. Sie sind weder rechtlich noch tatsächlich gezwungen, entgegen ihrer religiösen Überzeugung Fleisch nicht geschächteter Tiere zu verzehren. Mit dem Schächtungsverbot wird nicht der Verzehr des Fleisches geschächteter Tiere verboten. Sie können sowohl auf Nahrungsmittel pflanzlichen Ursprungs und auf Fisch ausweichen als auch auf Fleischimporte zurückgreifen, die aus Ländern ohne Schächtungsverbot stammen. Zwar mag Fleisch heute ein in unserer Gesellschaft allgemein übliches Nahrungsmittel sein. Der Verzicht auf dieses Nahrungsmittel stellt jedoch keine unzumutbare Beschränkung der persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten dar. Diese an Art. 2 Abs. 1 GG zu messene Erschwernis in der Gestaltung des Speiseplans ist aus Gründen des Tierschutzes zumutbar.
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Auch zu anderen Bestimmungen des Grundgesetzes steht die in § 4 a Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. des Tierschutzgesetzes getroffene Regelung nicht in Widerspruch. Der Erörterung bedarf dies nur noch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 GG, wonach niemand wegen seines Glaubens oder seiner religiösen Anschauungen bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Die Vorschrift verbietet mithin eine Ungleichbehandlung wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauungen. Eine solche Ungleichbehandlung enthält die fragliche Regelung nicht.
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Anzugehen ist insoweit zunächst von der Feststellung, daß das Verbot betäubungslosen Schlachtens in § 4 a Abs. 1 TierSchG grundsätzlich für jedermann gilt. Soweit in Absatz 2 dieser Vorschrift keine Ausnahme zugelassen ist, liegt mithin keine Abweichung vom Regelfall und somit diesem gegenüber keine Ungleichbehandlung vor. Auch innerhalb der Regelung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG liegt keine unzulässige Differenzierung aus Gründen der religiösen Anschauung vor. Zwar gewährt die - hier allein interessierende - zweite Alternative dieser Vorschrift eine Ausnahme vom Schächtungsverbot nur bei Vorliegen zwingender Vorschriften einer Religionsgemeinschaft, während sie ohne solche Vorschriften die Ausnahmemöglichkeit versagt. Dies stellt jedoch keine unzulässige Diskreminierung dar, da die Regelung nicht auf den jeweiligen Inhalt der religiösen Überzeugung abstellt und das Kriterium der objektiv feststellbaren zwingenden Vorschriften - wie oben dargelegt - notwendig ist, um eine dem Gesetzeszweck gerecht werdende Abgrenzung zu ermöglichen. Die zweite Alternative knüpft nicht an die Religionsausübung und ihre Bewertung an, sondern an die aus religiösen Überzeugungen fließenden Bedürfnisse einer besonderen Art in der Gestaltung der allgemeinen Lebensverhältnisse. Die Bedürfnisse darf der Staat auf Intensität, Beständigkeit, Verbreitung und Evidenz bewerten, unter anderem auch, um dem Tierschutz Rechnung zu tragen.
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Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gibt es für die Sunniten ebenso wie für die Moslems insgesamt keine zwingenden Glaubensvorschriften, die ihnen den Genuß des Fleisches von Tieren verbieten, die vor dem Schlachten betäubt worden sind. Die Feststellungen des Berufungsgerichts sind auch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Insbesondere hat das Berufungsgericht nicht verkannt, daß für das Vorhandensein zwingender Vorschriften der Religionsgemeinschaft deren Selbstverständnis von entscheidender Bedeutung ist.
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Das Berufungsgericht hat nicht nur festgestellt, daß der Koran, auf den die Klägerin sich beruft, seinem Wortlaut nach kein generelles Betäubungsverbot enthält. Es hat darüber hinaus zahlreiche sachverständige Äußerungen islamischer und speziell auch sunnitischer Stellen herangezogen, die sämtlich in der Verneinung eines zwingenden Betäubungsverbots übereinstimmen. Schließlich hat es berücksichtigt, daß selbst das eigene Vorbringen der Klägerin und ihr tatsächliches Verhalten im Widerspruch zu dem behaupteten zwingenden Verbot stehen. Ihre Einlassung, daß den Moslems in der Diaspora der Genuß von Fleisch nicht geschächteter Tiere erlaubt sei, widerspricht der Annahme eines absoluten Betäubungsverbotes.
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