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Bearbeitung, zuletzt am 04.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 2C_373/2022 vom 24.05.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
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2C_373/2022
 
 
Urteil vom 24. Mai 2022
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
 
Gerichtsschreiber Kocher.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Kantonales Steueramt Zürich,
 
Bändliweg 21, 8090 Zürich.
 
Gegenstand
 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Zürich sowie direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2011,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 21. März 2022 (RG.2022.00002).
 
 
1.
1.1. A.________ (geb. 1971; nachfolgend: die Steuerpflichtige) hat steuerrechtlichen Wohnsitz in der Gemeinde U.________/ZH. Mit Verfügung vom 28. Februar 2017 auferlegte das Steueramt des Kantons Zürich (KStA/ZH) der Steuerpflichtigen Nachsteuern für die Steuerperiode 2011 in Höhe von Fr. 48'540.90 (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 14'145.-- (direkte Bundessteuer), je inklusive Zins. Die dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos (zuletzt mit Entscheid SR.2018.00009 / SR.2018.00010 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. Dezember 2018). Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten trat das Bundesgericht nicht ein (Urteil 2C_105/2019 vom 7. Februar 2019).
1.2. Mit Eingabe vom 17. März 2022 ersuchte die Steuerpflichtige das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich um "Feststellung der Nichtigkeit und Löschung" des Entscheids SR.2018.00009 / SR.2018.00010 vom 5. Dezember 2018. Mit Präsidialverfügung vom 21. März 2022 setzte das Verwaltungsgericht der Steuerpflichtigen eine einmalige, nicht erstreckbare Nachfrist von 20 Tagen an, um eine verbesserte Beschwerdeschrift einzureichen, da die Eingabe vom 17. März 2022 nicht begründet sei. Zudem forderte das Verwaltungsgericht die Steuerpflichtige auf, innerhalb derselben Frist einen Kostenvorschuss von Fr. 2'000.-- zu leisten. Beide Aufforderungen waren mit der Androhung verbunden, dass im Unterlassungsfall auf die Eingabe nicht eingetreten werde. Der Verfügung ist keine Rechtsmittelbelehrung beigegeben.
1.3. Mit Eingabe vom 13. Mai 2022 erhebt die Steuerpflichtige beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt sinngemäss, die Verfügung sei zufolge Nichtigkeit aufzuheben und die Sache zum Erlass einer rechtsgültigen Verfügung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter scheint der Antrag dahin zu gehen, dass die Präsidialverfügung vom 21. März 2022 aufzuheben sei, dies weil die Eingabe vom 17. März 2022 entgegen der Auffassung der Vorinstanz hinreichend begründet und ein Kostenvorschuss nicht angebracht sei.
1.4. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat das Bundesgericht am 18. Mai 2022 (Datum des Poststempels) mit der einzelrichterlichen Verfügung vom 26. April 2022 im Verfahren RG.2022.00002 bedient. Daraus ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht auf die Eingabe vom 17. März 2022, die es als Revisionsgesuch entgegennahm, nicht eingetreten ist.
1.5. Die Abteilungspräsidentin als Instruktionsrichterin (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR 173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen, insbesondere von einem Schriftenwechsel gemäss Art. 102 Abs. 1 BGG, abgesehen.
 
Erwägung 2
 
2.1. Dem Bundesgericht liegt ein Zwischenentscheid vor, der die Leistung eines Gerichtskostenvorschusses zum Inhalt hat. Die beschwerdeführende Person, die einen Entscheid bezüglich eines Kostenvorschusses anficht, der im Gesetz vorgesehen ist, und die sich darauf beruft, der Zugang zum Gericht sei ihr verwehrt, muss in der Beschwerdebegründung aufzeigen, dass ihr dieser Nachteil tatsächlich droht, da sie finanziell nicht in der Lage ist, den Kostenvorschuss oder die Sicherheiten zu leisten (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 142 III 798 E. 2.3). Im vorliegenden Fall bringt die Steuerpflichtige keine derartigen Einwände vor. Es kann offenbleiben, ob der Zwischenentscheid damit selbständig anfechtbar ist. Wie zu zeigen bleibt, ist auf die Beschwerde ohnehin nicht einzutreten. Ebenso wenig zu entscheiden ist, ob die Steuerpflichtige (noch) über ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse verfügt, nachdem die Vorinstanz in der Sache bereits entschieden hat (vorne E. 1.4).
2.2. Der Zwischenentscheid beruht auf kantonalem Verfahrensrecht, namentlich § 54 Abs. 1 (Begründungspflicht) und § 15 Abs. 2 (Kostenvorschusspflicht) des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (des Kantons Zürich) vom 24. Mai 1959 (VRG/ZH; LS 175.2). Rein kantonales oder kommunales Recht überprüft das Bundesgericht, von hier nicht entscheidwesentlichen Ausnahmen abgesehen (Art. 95 lit. b-e BGG), nur daraufhin, ob dessen Auslegung und/oder Anwendung zur Verletzung von Bundesrecht führe (Art. 95 lit. a BGG; BGE 147 I 173 E. 4.2.2). Bei der Überprüfung stehen regelmässig die verfassungsmässigen Individualrechte im Vordergrund (BGE 146 I 11 E. 3.1.3), insbesondere die Verletzung des allgemeinen Willkürverbots (Art. 9 BV; zur Willkür in der Rechtsanwendung namentlich BGE 145 I 108 E. 4.4.1; zum Ganzen: Urteil 2C_152/2022 vom 15. Februar 2022 E. 2.1.1).
2.3. Im Unterschied zum Bundesgesetzesrecht geht das Bundesgericht der Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (einschliesslich der Grundrechte) nur nach, falls und soweit eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 194 E. 3.4). Die beschwerdeführende Person hat daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 147 I 478 E. 2.4 Ingress). Fehlt es an einer derartigen Begründung, so ist auf die Rüge nicht einzutreten (BGE 148 IV 39 E. 2.3.5).
2.4. Die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von Amtes wegen zu berücksichtigen. Fehlerhafte Verwaltungsakte sind in der Regel aber nur anfechtbar (und nicht nichtig). Entsprechend werden sie durch Nichtanfechtung rechtsgültig. Nichtigkeit herrscht nur, wenn der ihnen anhaftende Mangel besonders schwer ist, wenn er sich als offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar erweist und die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Materielle (inhaltliche) Mängel einer Entscheidung führen nur ausnahmsweise zur Nichtigkeit. Als Nichtigkeitsgründe fallen vorab formelle Mängel (funktionelle und sachliche Unzuständigkeit, krasse Verfahrensfehler) in Betracht (BGE 147 IV 93 E. 1.4.4).
 
Erwägung 3
 
3.1. Die Steuerpflichtige erachtet die Verfügung vom 21. März 2022 als nichtig, da dieser keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt worden sei. Die tatsächliche Feststellung der Steuerpflichtigen ist zutreffend; die streitbetroffene Verfügung enthält keine Rechtsmittelbelehrung, was mit Blick auf die selbständige Anfechtbarkeit nicht auf der Hand liegt. Dennoch kann nicht von Nichtigkeit gesprochen werden, wie zu zeigen ist.
3.1.1. Aus dem verfassungsrechtlichen Prinzip von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV) und aus den verfassungsmässigen Verfahrensgarantien (Art. 29 Abs. 1 und 2 BV) folgt der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass einer rechtsuchenden Person aus einer unrichtigen oder einer fehlenden Rechtsmittelbelehrung, wo eine solche vorgeschrieben wäre, kein Rechtsnachteil erwachsen darf (Urteil 4A_475/2018 vom 12. September 2019 E. 5.1, nicht publ. in: BGE 145 III 469; BGE 138 I 49 E. 8.3.2; 129 II 125 E. 3.3). Die Adressatin oder der Adressat einer Verfügung ohne Rechtsmittelbelehrung darf diese freilich nicht kurzerhand ignorieren. Aufgrund von Art. 9 BV ist die rechtsunterworfene Person vielmehr gehalten, die Verfügung innerhalb der gewöhnlichen Rechtsmittelfrist anzufechten oder sich innerhalb nützlicher Frist zumindest nach den infrage kommenden Rechtsmitteln zu erkundigen, wenn die Adressatin oder der Adressat den Entscheid nicht gegen sich gelten lassen will (BGE 138 I 49 E. 8.3; 129 II 125 E. 3.3; Urteile 2C_570/2018 vom 25. Februar 2019 E. 3.2; 2C_1157/2014 vom 3. September 2015 E. 4.3).
3.1.2. Der blosse Hinweis auf die fälschlicherweise fehlende Rechtsmittelbelehrung in der Verfügung vom 21. März 2022 lässt diese nicht als nichtig erscheinen. Auch wenn es sich bei der Steuerpflichtigen um eine Laiin handelt, ist doch notorisch, dass diese aufgrund der in grosser Zahl geführten Verfahren über vertiefte Rechtskenntnisse verfügt, auch was die Verfahrensführung anbelangt. Entsprechend hat sie sich innerhalb der gesetzlichen Rechtsmittelfrist denn auch an das Bundesgericht gewandt. Durch die fehlende Rechtsmittelbelehrung ist ihr kein Rechtsnachteil erwachsen. Ausschlaggebend ist aber, ob die rechtsunterworfene Person im konkreten Fall durch die mangelhafte Eröffnung tatsächlich irregeführt und benachteiligt wurde (BGE 132 I 249 E. 6; 122 I 97 E. 3a/aa). Dies trifft hier nicht zu.
3.2. Soweit die Steuerpflichtige um Aufhebung der angefochtenen Verfügung ersucht und dies einerseits mit der ihres Erachtens hinreichenden Begründung und anderseits mit der fehlenden Gebotenheit eines Kostenvorschusses erklärt, vermag die Steuerpflichtige nicht durchzudringen. Bei § 54 Abs. 1 und § 15 Abs. 2 VRG/ZH handelt es sich um rein kantonales, nicht harmonisiertes Verfahrensrecht (vorne E. 2.2), weshalb die Steuerpflichtige im bundesgerichtlichen Verfahren der qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit unterliegt. Ihre Vorbringen tragen höchstens appellatorische Züge. Die Steuerpflichtige macht zwar eine Verletzung von Art. 9 BV geltend, ohne ihren Willkürvorwurf aber in irgendeiner hinreichenden Weise zu begründen. Damit ist auf die Rügen nicht weiter einzugehen (vorne E. 2.3).
3.3. Mangels hinreichender Begründung ist auf die Beschwerde nicht einzutreten, soweit das Verfahren nicht gegenstandslos geworden ist, was durch einzelrichterlichen Entscheid der Abteilungspräsidentin als Instruktionsrichterin im vereinfachten Verfahren zu geschehen hat (Art. 42 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 und Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG).
4.
Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Steuerpflichtigen aufzuerlegen (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Dem Kanton Zürich, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
Demnach erkennt die Präsidentin:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten, soweit das Verfahren nicht gegenstandslos geworden ist.
 
2.
 
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, mitgeteilt.
 
Lausanne, 24. Mai 2022
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher