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Bearbeitung, zuletzt am 04.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 8C_43/2022 vom 24.05.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
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8C_43/2022
 
 
Urteil vom 24. Mai 2022
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
 
Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Abrecht,
 
Gerichtsschreiberin Durizzo.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Marko Mrljes,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Vaudoise Allgemeine Versicherungs-Gesell schaft AG, Place de Milan, 1007 Lausanne,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 3. Dezember 2021 (VBE.2021.373).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
A.________, geboren 1959, war seit Januar 2017 Inhaber und Angestellter der B.________ GmbH und dadurch bei der Vaudoise Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft AG (nachfolgend: Vaudoise) obligatorisch gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert. Gemäss Unfallmeldung vom 15. September 2020 hatte er sich am 16. Juli 2020 beim Umstellen seines Motorrades in der Garage eine Schulterverletzung zugezogen. Er sei ausgerutscht, habe versucht, das Motorrad vor dem Umfallen zu bewahren und dabei einen Schlag in die Schultern erlitten. A.________ begab sich am 18. Juli 2020 in die Notfallstation des Spitals C.________. Der Hausarzt Dr. med. D.________ veranlasste eine bildgebende Untersuchung der rechten Schulter am 24. Juli 2020. In der Folge konsultierte A.________ am 4. August 2020 Dr. med. E.________, Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates. Dieser diagnostizierte eine Supraspinatussehnenruptur und operierte die rechte Schulter am 19. Oktober 2020 (Schulterarthroskopie mit Supraspinatussehnennaht und Acromioplastik). Die Vaudoise holte Berichte ihres beratenden Arztes Dr. med. F.________, Facharzt Chirurgie FMH, vom 16. Dezember 2020 und vom 7. Juni 2021 ein. Mit Verfügung vom 22. Dezember 2020 und Einspracheentscheid vom 29. Juni 2021 lehnte sie eine Leistungspflicht ab.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 3. Dezember 2021 ab.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sei die Sache an die Vorinstanz oder an die Vaudoise zurückzuweisen zu weiteren medizinischen Abklärungen.
Die Vaudoise schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen).
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
2.
Streitig ist, ob die Vorinstanz eine Leistungspflicht der Vaudoise mangels natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen dem Ereignis vom 16. Juli 2020 und den in der Folge festgestellten Verletzungen der Rotatorenmanschette an beiden Schultern zu Recht verneinte.
3.
Das kantonale Gericht hat die Grundsätze zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers nach Art. 6 Abs. 1 UVG vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang (BGE 142 V 435 E. 1; 129 V 177 E. 3.1) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt hinsichtlich der Regeln über den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a), insbesondere von versicherungsinternen beziehungsweise von vertrauensärztlichen Feststellungen (BGE 139 V 225 E. 5.2; 135 V 465 E. 4.4; 125 V 351 E. 3b/ee; 122 V 157 E. 1d; Urteile 8C_646/2019 vom 6. März 2020 E. 4.3; 9C_634/2019 vom 12. November 2019 E. 4.3; 8C_71/2016 vom 1. Juli 2016 E. 5.2) sowie von Aktengutachten (SVR 2010 UV Nr. 17 S. 63, 8C_239/2008 E. 7.2; SZS 2008 S. 393, I 1094/06 E. 3.1.1 a.E.; Urteil U 10/87 vom 29. April 1988 E. 5b, nicht publ. in: BGE 114 V 109, aber in: RKUV 1988 Nr. U 56 S. 366; Urteile 8C_750/2020 vom 23. April 2021; 8C_780/2016 vom 24. März 2017 E. 6.1). Es wird darauf verwiesen.
 
Erwägung 4
 
4.1. Gemäss Vorinstanz stehen die vom Beschwerdeführer geklagten beidseitigen Schulterbeschwerden gestützt auf die voll beweiskräftige Beurteilung des beratenden Arztes der Beschwerdegegnerin Dr. med. F.________ nicht in einem natürlichen Kausalzusammenhang mit dem Ereignis vom 16. Juli 2020, sondern sind degenerativ bedingt. Das kantonale Gericht schloss daher eine Leistungspflicht aus Unfall ebenso aus wie aus unfallähnlicher Körperschädigung (Art. 6 Abs. 2 UVG).
4.2. Der Beschwerdeführer macht sinngemäss im Wesentlichen geltend, sein behandelnder und der beratende Arzt der Beschwerdegegnerin hätten unterschiedliche Auffassungen vertreten, was in eine Diskussion mit je mehrfachen Stellungnahmen ausgemündet sei. Zur Beurteilung des natürlichen Kausalzusammenhangs hätte unter diesen Umständen ein versicherungsexternes Gutachten eingeholt werden müssen.
 
Erwägung 5
 
5.1. Nach der Vorinstanz führt eine akute Zusammenhangstrennung einer Sehne der Rotatorenmanschette gestützt auf den Bericht des Dr. med. F.________ zu stärksten Schmerzen und zu einer sofortigen Funktionseinbusse des Gelenks. Entsprechende unverzüglich nach dem Ereignis vom 16. Juli 2020 aufgetretene Symptome, insbesondere auch eine Arbeitsunfähigkeit, seien jedoch nicht dokumentiert. Inwiefern diese Feststellungen unrichtig sein sollten, ist nicht erkennbar. Zwar begab sich der Beschwerdeführer zwei Tage nach dem Vorfall in die Notfallstation des Spitals C.________. In dessen Bericht vom 11. August 2020 wurden Schmerzen über dem Akromion sowie beim Deltoideusansatz, aber keine Beweglichkeitseinschränkung vermerkt. Zudem wurde in der Unfallmeldung keine Arbeitsunfähigkeit angegeben. Dass die Vorinstanz die Unfallkausalität mangels Nachweises des für eine traumatische Verursachung einer Rotatorenmanschettenläsion typischen Merkmals der sofortigen erheblichen Funktionseinbusse (Urteil 8C_253/2021 vom 2. Juli 2021 E. 5.3) ausschloss, ist nicht zu beanstanden.
5.2. Der Beschwerdeführer beruft sich insbesondere auf den vom behandelnden Arzt erwähnten Verfettungsgrad (I), der für ein traumatisches Geschehen spreche. Gemäss Dr. med. F.________ ist daraus aber hinsichtlich der Genese der Läsion nichts Schlüssiges abzuleiten. Der Verfettungsgrad lasse Hinweise hinsichtlich der zeitlichen Komponente zu, also Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Verletzung. Die zwischen dem geltend gemachten Unfallereignis vom 16. Juli 2020 und der Untersuchung vom 24. Juli 2020 liegenden acht Tage genügten aber jedenfalls nicht für die Entwicklung einer Verfettung wie der damals bildgebend gezeigten. Auch aus diesem Grund schloss der beratende Arzt den Vorfall als Ursache der Läsion aus. Weitere Gründe für die vom behandelnden Arzt vertretene traumatische Genese der Rotatorenmanschettenläsion werden in seinen Stellungnahmen nicht genannt. Inwiefern das kantonale Gericht zu Unrecht davon ausgegangen wäre, es liessen sich damit keine hinreichenden Zweifel an der Schlüssigkeit der vertrauensärztlichen Stellungnahmen begründen, und damit die zu beachtenden Beweiswürdigungsregeln verletzt haben sollte, ist nicht erkennbar. Daran kann im Übrigen weder etwas ändern, dass der beratende Arzt zunächst vorab aufgrund des Alters des Beschwerdeführers auf eine degenerative Ursache schloss, noch der Umstand, dass der Einwand des behandelnden Arztes die Beschwerdegegnerin zur erneuten Konsultation des Dr. med. F.________ veranlasste.
6.
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 24. Mai 2022
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Wirthlin
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo