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BGer 5A_1053/2021 vom 14.06.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
[img]
 
 
5A_1053/2021
 
 
Urteil vom 14. Juni 2022
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
 
Gerichtsschreiber Levante.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Betreibungsamt Zürich 10,
 
Wipkingerplatz 5, Postfach, 8037 Zürich.
 
Gegenstand
 
Steigerungszuschlag,
 
Beschwerde gegen den Beschluss und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 6. Dezember 2021 (PS210211-O/U).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. Am 7. Oktober 2021 versteigerte das Betreibungsamt Zürich 10 in den Betreibungen Nr. xxx und Nr. yyy die gepfändete Attika-Wohnung samt Keller und drei Parkplätzen in der Liegenschaft an der B.________strasse zzz in U.________, welche im hälftigen Miteigentum von A.________ und C.________ stand. Der Zuschlag ging für Fr. 2'920'000.-- an die Meistbietenden D.________ und E.________.
A.b. Mit Eingabe vom 18. Oktober 2021 wandte sich A.________ an das Bezirksgericht Zürich als untere kantonale Aufsichtsbehörde über Betreibungsämter und verlangte die Aufhebung des Steigerungszuschlags. Die Beschwerde wurde am 16. November 2021 abgewiesen, soweit darauf einzutreten war.
A.c. Das Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs wies die von A.________ gegen den erstinstanzlichen Zirkulationsbeschluss erhobene Beschwerde mit Urteil vom 6. Dezember 2021 ebenfalls ab, soweit es darauf eintrat. Mit gleichzeitigem Beschluss wurde das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgeschrieben.
B.
A.________ ist mit Beschwerde in Zivilsachen vom 20. und 28. Dezember 2021 an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und Beschlusse s. In der Sache verlangt er die Aufhebung des Steigerungszuschlages. Am 20. Februar 2022 hat er dem Bundesgericht eine erneute Eingabe zukommen lassen.
Das Betreibungsamt verlangt die Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Der Beschwerdeführer hat daraufhin repliziert.
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen.
Mit Verfügung vom 22. Januar 2022 ist der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Der angefochtene Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde ist eine Schuldbetreibungs- und Konkurssache und unterliegt unabhängig eines Streitwertes der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 Abs. 1 BGG).
1.2. Der im kantonalen Verfahren unterlegene Beschwerdeführer ist als Miteigentümer der zwangsverwerteten Liegenschaft und als Schuldner vom Steigerungszuschlag besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung. Insoweit ist er zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nur soweit zulässig, als erst der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher auszuführen ist (BGE 133 III 393 E. 3).
1.5. Der Beschwerdeführer ficht den gleichzeitig ergangenen Beschluss (betreffend aufschiebende Wirkung) der Vorinstanz an, ohne jedoch eine konkrete Rüge dagegen zu erheben und diese zu begründen. Darauf ist nicht einzutreten.
2.
Anlass zur Beschwerde gibt die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft. Strittig sind insbesondere die Reihenfolge der in der vorangegangenen Pfändung erfassten Vermögenswerte und der Aufschub der Verwertung.
2.1. Das Betreibungsamt hat bei der Pfändung die gesetzliche Reihenfolge zu beachten. In erster Linie wird das bewegliche Vermögen mit Einschluss der Forderungen und der beschränkt pfändbaren Ansprüche gepfändet. Das unbewegliche Vermögen wird nur gepfändet, soweit das bewegliche zur Deckung der Forderung nicht ausreicht. Dabei werden die entbehrlicheren Vermögensgegenstände jedoch vor den weniger entbehrlichen gepfändet (Art. 95 Abs. 1 Abs. 2 BGG). Mit dieser Regelung soll einerseits die Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte unkompliziert und rasch erfolgen und andererseits die Interessen des Gläubigers und Schuldners angemessen gewahrt werden (FOËX/MARTIN-RIVARA, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 2 zu Art. 95). Die Verletzung der gesetzlichen Reihenfolge kann mit Beschwerde nach Art. 17 SchKG bei der Aufsichtsbehörde gerügt werden. Erweist sich die betreibungsamtliche Anordnung hingegen als nichtig, so kann die Aufsichtsbehörde nach Ablauf der Beschwerdefrist von zehn Tagen nur mehr deren Ungültigkeit gemäss Art. 22 Abs. 1 SchKG feststellen (FOËX/MARTIN-RIVARA, a.a.O., N. 71 zu Art. 95; DE GOTTRAU, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 39 zu Art. 95).
2.2. Im vorliegenden Fall wurde am 7. September 2017 unter anderem der hälftige Miteigentumsanteil des Beschwerdeführers an der Familienwohnung von ihm und seiner Ehegattin in U.________ gepfändet. Vom Eigentum an einer Ferienwohnung in V.________/GR hatte das Betreibungsamt zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Reihenfolge der Pfändung nicht bereits nach Erhalt der Pfändungsurkunde mit Beschwerde nach Art. 17 SchKG bei der Aufsichtsbehörde hätte gerügt werden müssen. Die Erstinstanz hatte dies bejaht und die entsprechenden Einwendungen des Beschwerdeführers als offensichtlich verspätet erachtet. Die Vorinstanz hat sich darauf beschränkt, auf die veränderten Verhältnisse seit der Pfändung einzugehen und solche zu verneinen.
2.2.1. Der Schuldner ist bei Straffolge verpflichtet, der Pfändung beizuwohnen oder sich vertreten zu lassen. Zudem hat er all seine Vermögensgegenstände anzugeben, soweit dies zu einer genügenden Pfändung nötig ist (Art. 91 Abs. 1 SchKG). Dazu hätte im konkreten Fall auch die Ferienwohnung der Ehegatten in V.________/GR gehört, welche der Beschwerdeführer gegenüber dem Betreibungsamt zu diesem Zeitpunkt nicht erwähnt hatte. Zwar findet sich diese Liegenschaft in der Steuererklärung des Beschwerdeführers, wie er vor Bundesgericht betont. Dieser Umstand entlastet ihn indes nicht von seiner Mitwirkungspflicht bei der Pfändung. Gleichzeitig hat der Schuldner das Recht, angehört zu werden, insbesondere um die zur Pfändung geeigneten Vermögensobjekte anzugeben (SIEVI, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 9 zu Art. 95). Weder die Auskunftspflicht noch das Anhörungsrecht entlasten ihn von der grundsätzlichen Beachtung der Beschwerdefrist (gemäss Art. 17 SchKG), um sich über Gesetzwidrigkeit oder Unangemessenheit betreffend die Reihenfolge der Pfändung zu beschweren.
2.2.2. Es mag zutreffen, dass eine Ferienwohnung entbehrlicher ist als die Familienwohnung, die nach Angaben des Beschwerdeführers zudem rollstuhlgängig ausgebaut wurde. Dass sich inzwischen die Mobilität der Ehefrau verschlechtert habe und sie daher auf die Familienwohnung angewiesen sei und die Ferienwohnung als neuer Wohnsitz angesichts des einzigen Zugangs über eine lange Treppe nicht in Frage komme, wie der Beschwerdeführer betont, ist keineswegs belegt. Dass die Vorinstanz den Sachverhalt in diesem Punkt offensichtlich falsch gewürdigt oder diesbezüglich in anderer Weise Recht verletzt habe (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG), begründet der Beschwerdeführer nicht.
2.2.3. Wenn sich die Verhältnisse nach der Pfändung geändert haben sollten, stellt sich die Frage (MEIER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 139 vor Art. 17-21), inwieweit auf die Verwertung der gepfändeten Liegenschaft nachträglich verzichtet und diese durch einen anderen Vermögenswert ersetzt werden könnte. Der Beschwerdeführer strebt dies an und betont dabei, dass der materiellen Rechtskraft im Zwangsvollstreckungsrecht nur eine beschränkte Bedeutung zukomme. Sein Hinweis auf BGE 133 III 580 E. 2 erweist sich allerdings nicht als hilfreich. Das Bundesgericht hielt im genannten Urteil einzig in Bezug auf die Berechnung des Existenzminimums fest, dass ein konkreter Sachverhalt nur für das laufende Vollstreckungsverfahren gelte und bei veränderten Verhältnissen die Bedarfspositionen in einem weiteren Verfahren zu berücksichtigen seien. Damit ist nicht gesagt, dass bereits getroffene Anordnungen des Betreibungsamtes ohne weiteres an neue Bedürfnisse angepasst werden können. Dies gilt umso mehr, wenn dem Betreibungsamt - wie im vorliegenden Fall - die erforderlichen Auskünfte durch den Schuldner vorenthalten wurden und es auf dieser Grundlage tätig geworden ist, und der Schuldner nicht behauptet, er hätte bei der Pfändung nicht selber darauf hinweisen können.
2.2.4. Da sich die Reihenfolge der Pfändung nicht als nichtig erweist und die Abänderbarkeit der Verfügung betreffend die Pfändung und Verwertung nicht weiter zu erörtern ist, besteht ingesamt kein Anlass, die Versteigerung wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
2.3. Das Obergericht hat sodann erwogen, dass die Voraussetzungen der Glaubhaftmachtung, wonach der Beschwerdeführer die Schuld ratenweise tilgen und damit Aufschub erlangen könne, nicht erfüllt seien.
2.3.1. Macht der Schuldner glaubhaft, dass er die Schuld ratenweise tilgen kann, und verpflichtet er sich zu regelmässigen und angemessenen Abschlagszahlungen, so kann das Betreibungsamt nach Erhalt der ersten Rate die Verwertung der Liegenschaft um höchstens 12 Monate aufschieben (Art. 123 i.V.m. Art. 143a SchKG). Ein Gesuch kann frühestens nach Einreichung des Verwertungsbegehrens durch den Gläubiger und spätestens vor Durchführung der Verwertung gestellt werden (Urteil 5A_387/2019 vom 14. August 2019 E. 6.2; KUHN, in: Kurzkommentar VZG, 2011, N. 1 f. zu Art. 32). Ist die Verwertung angeordnet, so darf ein Aufschub nur bewilligt werden, wenn der Schuldner ausser dem festgesetzten Bruchteil der Betreibungssumme die Kosten der Anordnung und des Widerrufs der Verwertung sofort bezahlt (Art. 32 Abs. 1 VZG).
2.3.2. Nach Eingang der Verwertungsbegehren erteilte das Betreibungsamt dem Beschwerdeführer auf dessen Ersuchen hin verschiedene Aufschubsbewilligungen. Am 28. Februar 2019 stellte der Beschwerdeführer seine Zahlungen an das Betreibungsamt gänzlich ein. Daraufhin nahm das Betreibungsamt die Vorbereitungsarbeiten für die Versteigerung in Angriff. Am 6. August 2021 wurde die auf den 7. Oktober 2021 angesetzte Versteigerung publiziert. Am 3., 6. und 7. Oktober 2021 stellte der Beschwerdeführer ein erneutes Gesuch um Verschiebung der Versteigerung, welchem das Betreibungsamt keine Folge gab.
2.3.3. Der Beschwerdeführer vertritt nach wie vor die Ansicht, dass der Aufschub der Versteigerung angebracht gewesen sei. Er weist auf die Bereitschaft und Machbarkeit von Teilzahlungen hin. Zudem erwarte er die noch ausstehenden Corona-Härtefallgelder. Mit diesen Vorbringen wiederholt er lediglich seine im kantonalen Verfahren gemachten Argumente, welche bereits von der Vorinstanz mit Blick auf eine ratenweise Tilgung der Schuld als nicht glaubhaft erachtet wurden. Darauf ist mangels Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid nicht einzugehen.
2.4. Soweit der Beschwerdeführer schliesslich pauschale Vorwürfe gegen die Arbeitsweise des Betreibungsamtes erhebt und Kritik gegen die Schätzung sowie die Ausschreibung der Versteigerung erhebt, ist darauf nicht einzutreten. Sie bilden nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
3.
Nach dem Gesagten erweist sich die Versteigerung der Wohnung in U.________ nicht als bundesrechtswidrig. Es sind auch keine Gründe erkennbar, welche die Reihenfolge der Pfändung als nichtig erscheinen lassen. Der Beschwerde gegen das obergerichtliche Urteil ist kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, mitgeteilt.
 
Lausanne, 14. Juni 2022
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Herrmann
 
Der Gerichtsschreiber: Levante