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BGer 6B_653/2022 vom 22.06.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
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6B_653/2022
 
 
Urteil vom 22. Juni 2022
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied,
 
Gerichtsschreiberin Frey Krieger.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft See/Oberland,
 
Weiherallee 15, Postfach, 8610 Uster,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Nichtanhandnahme (Freiheitsberaubung); Nichteintreten,
 
Beschwerde gegen die Verfügung und den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 12. Mai 2022 (UE210199-O/U/HEI).
 
 
Das präsidierende Mitglied zieht in Erwägung:
 
 
1.
 
1.1. Am 12. Juli 2017 erliess das Landesgericht Korneuburg (Republik Österreich) eine Festnahmeanordnung gegen den Beschwerdeführer. Mit Schreiben vom 7. August 2017 teilte das österreichische Bundesministerium für Justiz dem eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement mit, dass gegen den Beschwerdeführer beim Landesgericht Korneuburg ein Verfahren wegen des Verdachts des schweren und gewerbsmässigen Betrugs sowie der Urkundenfälschung und Veruntreuung hängig sei und übermittelte die Festnahmeanordnung. Am 23. August 2017 erliess das Bundesamt für Justiz einen Auslieferungshaftbefehl gegen den Beschwerdeführer, woraufhin dieser am 25. Oktober 2017 im Anschluss an eine staatsanwaltschaftliche Einvernahme in Uster festgenommen, in Auslieferungshaft versetzt und am 3. November 2017 nach Österreich ausgeliefert wurde. Dort befand er sich bis am 7. Dezember 2017 in Untersuchungshaft.
 
In der Folge erstattete der Beschwerdeführer in Zusammenhang mit seiner Festnahme und Auslieferungshaft am 10. Juni 2018 und 3. November 2018 Strafanzeige gegen (unbekannte) Mitarbeitende der Kantonspolizei Zürich sowie gegen Unbekannt wegen Drohung, Nötigung, Freiheitsberaubung, "Verschwindenlassens", Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord, einfacher fahrlässiger Körperverletzung und Amtsmissbrauchs bzw. "allen anderen infrage kommenden Straftatbeständen". Mit Beschlüssen vom 16. August 2018 und 31. Januar 2019 erteilte die Beschwerdekammer des Obergericht des Kantons Zürich jeweils keine Ermächtigung zur Strafverfolgung.
 
Am 24. und 28. Januar 2019 sowie 4. Februar 2019 erstattete der Beschwerdeführer Strafanzeigen gegen den Staatsanwalt B.________. Wiederum wurde keine Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt.
 
Am 12. März 2021 erstattete der Beschwerdeführer Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Freiheitsberaubung, wiederum im Zusammenhang mit seiner im Jahr 2017 gestützt auf einen österreichischen Haftbefehl in Uster erfolgten Verhaftung und anschliessenden Auslieferung nach Österreich. Am 21. April 2021 verfügte die Staatsanwaltschaft See/Oberland die Nichtanhandnahme.
 
1.2. Am 28. Juni 2021 erstattete der Beschwerdeführer erneut Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Freiheitsberaubung. Am 2. Juli 2021 verfügte die Staatsanwaltschaft See/Oberland wiederum die Nichtanhandnahme. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, mit Beschluss vom 12. Mai 2022 ab. Damit einhergehend verfügte es die Abweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Gesuchs um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
 
Mit Beschwerde vom 15. Mai 2022 wendet sich der Beschwerdeführer an das Bundesgericht. Er moniert im Wesentlichen, dass die Zuständigkeit der schweizerischen Strafjustizbehörden (Art. 8 StGB) zu Unrecht verneint worden sei. Mit Eingabe vom 27. Mai 2022 ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
 
2.
 
Anfechtbar ist nur der letztinstanzliche kantonale Entscheid (Art. 80 Abs. 1 BGG). Somit kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden, soweit der Beschwerdeführer sich darin zu anderen Verfahren äussert als zu demjenigen, das zum angefochtenen Entscheid geführt hat.
 
3.
 
Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zu begründen (Art. 42 Abs. 1 BGG). In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2 und 1.3). Die Begründung muss sachbezogen sein und erkennen lassen, dass und weshalb nach Auffassung des Beschwerdeführers Recht verletzt ist (BGE 142 I 99 E. 1.7.1; 140 III 86 E. 2; 139 I 306 E. 1.2). Die beschwerdeführende Partei kann in der Beschwerdeschrift nicht bloss erneut die Rechtsstandpunkte bekräftigen, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, sondern hat mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz anzusetzen (BGE 140 III 115 E. 2). Die Bestimmungen von Art. 95 ff. BGG nennen die vor Bundesgericht zulässigen Beschwerdegründe. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten besteht eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2).
 
4.
 
Die Nichtanhandnahmeverfügung vom 2. Juli 2021 stützt sich einerseits auf den Grundsatz "ne bis in idem"; andererseits erklärt sich die Staatsanwaltschaft weder örtlich noch sachlich zuständig, insoweit sich die Strafanzeige gegen ausländische Strafverfolgungs- oder Justizbehörden richte.
 
Die Vorinstanz erwägt, dass die Beteiligung inländischer Beamter (Polizisten, Staatsanwaltschaft) an der Verhaftung und Auslieferung bereits beurteilt worden sei, und dass sich die neuerliche Strafanzeige einzig gegen Beamte der österreichischen Strafverfolgungsbehörden bzw. Justizorgane im Zusammenhang mit der Ausstellung des Haftbefehls sowie der Orientierung der Schweiz hierüber richtet. Der fragliche österreichische Haftbefehl sei am 12. Juli 2017 von einer Richterin eines österreichischen Gerichts erlassen worden. Aus den vom Beschwerdeführer auszugsweise eingereichten Unterlagen ergebe sich ohne Weiteres, dass die österreichischen Behörden die schweizer Behörden wegen des Wohnsitzes des Beschwerdeführers in der Schweiz um dessen Verhaftung und Auslieferung ersucht hätten. Damit sei nicht ersichtlich, inwiefern die schweizerischen Behörden durch die "ausländische Täterschaft" über den seit dem Jahr 2016 aktenkundigen Wohnsitz des Beschwerdeführers in Luzern getäuscht worden sein sollten. Ein Anwendungsfall der Zuständigkeit betreffend eine Auslandtat im Sinne von Art. 4-7 StGB liege nicht vor.
 
Unter Hinweis auf Art. 47 Abs. 1 IRSG führt die Vorinstanz aus, dass die schweizerischen Behörden das Anliegen der österreichischen Behörden einzig im Rahmen des Erlasses des Haftbefehls im Hinblick auf die Auslieferung prüfen würden und dass der Beschwerdeführer gegen den Auslieferungsbefehl der schweizerischen Behörden ein Rechtsmittel beim Bundesstrafgericht hätte erheben können, worauf er verzichtet habe.
 
Schliesslich erwägt die Vorinstanz, dass selbst wenn die Verhaftung als ein in der Schweiz eingetretener "Erfolg" betrachtet würde, dies keine Zuständigkeit der Schweiz für eine strafrechtliche Beurteilung eines ausländischen Akts gestützt auf Art. 8 StGB begründe. Stattdessen bzw. entsprechend der Rechtsmittelbelehrung auf Seite 4 des auszugsweise vorliegenden Haftbefehls vom 12. Juli 2017 hätte der Beschwerdeführer seine Rügen gegen den Haftbefehl im gegen ihn in Österreich geführten Strafverfahren, mithin in entsprechenden Rechtsmittelverfahren vorbringen müssen (angefochtener Beschluss S. 8-10).
 
 
5.
 
5.1.
 
Dass und inwiefern die Vorinstanz mit ihrem Entscheid in Willkür verfallen sein soll oder sonstwie schweizerisches Recht im Sinne von Art. 95 BGG verletzt haben könnte, vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen. Eine substanziierte Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Erwägungen lässt sich der Beschwerdeeingabe nicht entnehmen. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass "das Verbrechen vom 12. Juli 2017" darauf ausgerichtet gewesen sei, den Taterfolg i.S.v. Art. 8 StGB in der Schweiz eintreten zu lassen, bzw., dass dieser Erfolg am 25. Oktober 2017 im Kanton Zürich eingetreten sei. Die "österreichische Täterschaft" habe seit Oktober 2016 gewusst, dass sein fester Wohnsitz und sein Arbeitsort in Luzern gewesen seien; damit sei arglistig und wider besseres Wissen "- ohne mir jemals eine Ladung in Luzern zugestellt zu haben -", die Lüge seines "unbekannten Aufenthaltes" aufgestellt worden bzw. dass er sich "weiterhin verborgen" halte. Diese erwiesene qualifizierte Lüge und das darauf aufbauende arglistig errichtete Lügengebäude sei "denklogisch" im Sinne von Art. 8 StGB darauf ausgerichtet gewesen, ihn in der Schweiz unter Vortäuschung falscher Tatsachen der Freiheit zu berauben. Dass mit der Straftat vom 12. Juli 2017 eine Täuschungshandlung verneint werde, deute darauf hin, dass sich die "Zürcher Behörden" von der österreichischen Täterschaft hätten arglistig täuschen lassen und nun versuchten, Aufklärung und Wahrheitsfindung zu behindern.
 
Damit wiederholt der Beschwerdeführer nur, was er bereits erfolglos vor Vorinstanz vorgebracht hat (vgl. angefochtener Beschluss S. 8), ohne indessen substanziiert darzutun, inwiefern deren Erwägungen im angefochtenen Entscheid offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG oder bundesrechtswidrig sein könnten. Er setzt sich - vorbehältlich einer anderen Argumentation, dazu nachfolgend - mit keinem Wort mit deren Begründung auseinander, dass keine gegenüber den schweizerischen Behörden begangene Täuschungshandlung ersichtlich sei; ebenso wenig damit, dass er seine Vorbringen mit Rechtsmitteln gegen den von den schweizerischen Behörden erlassenen Auslieferungshaftbefehl und im gegen ihn in Österreich geführten Strafverfahren bzw. in entsprechenden Rechtsmittelverfahren - namentlich gegen den von der ausländischen Behörde erlassenen Haftbefehl - hätte geltend machen müssen.
 
Nicht nachvollziehbar ist, inwiefern sich die Vorinstanz auf ein Auslieferungsbegehren vom 7. August 2017 "als Ursache des Verbrechens" beziehen bzw. konsequent verkennen soll, dass die (angebliche) Straftat am 12. Juli 2017 erfolgte. Sie nimmt in ihren Erwägungen explizit auf den Haftbefehl vom 12. Juli 2017 bzw. darauf Bezug, dass der Beschwerdeführer dessen Inhalt dahingehend kritisiert, dass er nicht unbekannten Aufenthaltes gewesen sei und die österreichischen Behörden trotz Kenntnis seines Wohnortes nicht versucht hätten, ihn vorzuladen (angefochtener Beschluss S. 8). Demgegenüber schliesst die Vorinstanz aus dem Schreiben vom 7. August 2017, dass die schweizerischen Behörden entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers nicht getäuscht worden sind, konkret, dass die schweizerischen Behörden um den Wohnsitz des Beschwerdeführers in der Schweiz wussten (angefochtener Beschluss S. 9). Mit diesen Erwägungen setzt sich der Beschwerdeführer indes, wie hiervor aufgezeigt, nicht ansatzweise auseinander. Mithin genügt die Beschwerde nicht den Begründungsanforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG.
 
Insoweit der Beschwerdeführer an anderer Stelle in seiner Beschwerde vorbringt, dass es keine Rolle spiele, ob sich Schweizer Behörden "aus Österreich arglistig [hätten] täuschen" lassen, da die "ausländische Täterschaft" einfach mal drauf los gelogen" habe, "um ihn unter Vortäuschung falscher Tatsachen arglistig in der Schweiz der Freiheit für mehr als zehn Tage zu berauben", setzt er sich wiederum nicht substanziiert mit den Erwägungen der Vorinstanz auseinander, gemäss welcher eine in der Schweiz (gestützt auf einen ausländischen Haftbefehl) erfolgte bzw. vollzogene Verhaftung, mithin ein solcher "Erfolg" (vgl. angefochtener Beschluss S. 9) keine schweizerische Gerichtsbarkeit für die strafrechtliche Beurteilung bzw. die Beurteilung der Rechtmässigkeit des ausländischen hoheitlichen Aktes begründet. Die Beschwerde genügt wiederum nicht den Begründungsanforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG.
 
5.2. Insoweit der Beschwerdeführer schliesslich geltend machen will, von ihm offerierte Beweise (Befragung des Staatsanwaltes B.________) seien nicht abgenommen worden, zielt dieses Vorbringen auf eine Überprüfung in der Sache selbst ab, was unzulässig ist (BGE 141 IV E. 1.1).
 
6.
 
Auf die Beschwerde ist mangels einer tauglichen Begründung im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist bei der Kostenfestsetzung Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
 
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 22. Juni 2022
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Denys
 
Die Gerichtsschreiberin: Frey Krieger