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Bearbeitung, zuletzt am 05.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 2C_20/2022 vom 07.07.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
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2C_20/2022
 
 
Urteil vom 7. Juli 2022
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
 
Bundesrichterin Hänni,
 
Bundesrichterin Ryter,
 
Gerichtsschreiber Quinto.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Nicolas von Wartburg,
 
gegen
 
Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern (ABEV),
 
Ostermundigenstrasse 99B, 3011 Bern,
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID), Kramgasse 20, 3011 Bern.
 
Gegenstand
 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung infolge Schuldenwirtschaft,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung,
 
vom 22. November 2021 (100.2020.12U).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
A.a. A.________ (geboren 1976), pakistanischer Staatsangehöriger, reiste am 24. November 2002 in die Schweiz ein und ersuchte erfolglos um Asyl. Nachdem er einer Wegweisung keine Folge geleistet hatte und zwischenzeitlich untergetaucht war, heiratete er am 24. Mai 2005 in Bern eine Schweizerin und erhielt gestützt darauf eine Aufenthaltsbewilligung, welche zuletzt bis am 23. Mai 2011 verlängert wurde. Das Ehepaar trennte sich allerdings bereits im Juli 2007 und die kinderlos gebliebene Ehe wurde am 13. März 2012 geschieden.
A.b. Im Juni 2008 war A.________ beim Betreibungsamt Bern-Mittelland mit Betreibungen im Umfang von Fr. 33'431.50 und Verlustscheinen im Betrag von Fr. 8'947.55 verzeichnet. Im April 2010, kurz vor der ausländerrechtlichen Verwarnung (vgl. unten), war er beim selben Betreibungsamt mit Betreibungen im Umfang von Fr. 17'214.20 und Verlustscheinen im Betrag von Fr. 26'796.50 registriert. Die Verschuldung von A.________ erhöhte sich in den folgenden Jahren stetig. Im Oktober 2019 war er bei diversen Betreibungsämtern in verschiedenen Kantonen wie folgt verzeichnet: Beim Betreibungsamt Bern-Mittelland mit Betreibungen im Betrag von Fr. 1'933.50 sowie 34 Verlustscheinen im Umfang von (insgesamt) Fr. 78'215.01, beim Betreibungsamt (Berner) Oberland mit Verlustscheinen im Umfang von Fr. 8'425.80, beim Betreibungsamt Luzern mit Betreibungen im Betrag von Fr. 459.35 und Verlustscheinen im Umfang von Fr. 19'510.60 und beim Betreibungsamt des Saanebezirks (Kanton FR) mit Verlustscheinen im Umfang von Fr. 27'632.30.
Bereits ab dem Jahr 2008 wurde A.________ mehrfach von den Migrationsbehörden aufgefordert, seine Schuldensituation zu verbessern, insbesondere seine Schulden abzubauen. Am 2. Juni 2010 verwarnten ihn die (damals zuständigen) Einwohnerdienste der Stadt Bern wegen seiner Verschuldung ausländerrechtlich und stellten ihm die Wegweisung aus der Schweiz in Aussicht.
Von 2006 bis 2010 arbeitete der Beschwerdeführer gelegentlich bei einer Fastfood-Kette in Bern bzw. Freiburg, ab Juli 2011 mit Unterbrüchen bei einer Fastfood-Kette in Luzern. Sein zuletzt dokumentierter Bruttomonatslohn (vom November 2019) betrug Fr. 3'470.--. In der Zeitspanne 2010 bis 2018 bezog er sechs Mal über mehrere Monate Arbeitslosenentschädigung.
In gesundheitlicher Hinsicht leidet der Beschwerdeführer an einem schweren "Morbus Bechterew" (entzündliche Wirbelsäulenversteifung), welcher jedoch durch eine geeignete Therapie und entsprechende Medikamente, welche auch in Pakistan verfügbar sind, erfolgreich behandelt werden kann, sodass der Beschwerdeführer voll arbeitsfähig ist.
B.
Nach der ausländerrechtlichen Verwarnung (vom 2. Juni 2010) hielt sich A.________ teilweise ausserhalb des Kantons Bern oder im Ausland auf, ohne sich in jedem Fall abgemeldet zu haben. Mit Schreiben vom 29. November 2016 gewährte ihm das kantonale Amt für Migration und Personenstand des Kantons Bern im Hinblick auf die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung das rechtliche Gehör. Anschliessend verweigerte es ihm mit Verfügung vom 11. April 2017 die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, und zwar im Wesentlichen wegen seiner anhaltenden Verschuldung, und wies ihn per 15. Juni 2017 aus der Schweiz weg. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos (Rekursentscheid der Polizei- und Militärdirektion [heute: Sicherheitsdirektion] des Kantons Bern vom 11. Dezember 2019; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 22. November 2021).
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 10. Januar 2022 beantragt A.________ (Beschwerdeführer) die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils. Die Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (Sicherheitsdirektion) sei anzuweisen, seine Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Ferner sei die Vorinstanz anzuweisen, dem Beschwerdeführer für das vorinstanzliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und ihm in der Person des Unterzeichnenden einen unentgeltlichen Rechtsbeistand zu bestellen. Eventualiter sei die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ausserdem ersucht der Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Die Vorinstanz und die Sicherheitsdirektion beantragen vernehmlassungsweise die Abweisung der Beschwerde, verzichten jedoch auf einen Antrag bezüglich des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege (für das bundesgerichtliche Verfahren). Der Migrationsdienst des Amtes für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern und das Staatssekretariat für Migration (SEM) haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. Der Beschwerdeführer repliziert mit Eingabe vom 25. Februar 2022.
Mit Präsidialverfügung vom 12. Januar 2022 wurde der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
 
1.
Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Bewilligungen ausgeschlossen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Der Beschwerdeführer beruft sich jedoch vorliegend in vertretbarer Weise auf einen potentiellen Aufenthaltsanspruch gestützt auf Art. 8 EMRK (Schutz des Privatlebens), was für das Eintreten genügt. Ob die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt sind, ist praxisgemäss eine Frage der materiellen Beurteilung (BGE 147 I 268 E. 1.2.7; 139 I 330 E. 1.1).
Da die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 BGG), ist auf die im Übrigen frist- und formgerecht (Art. 42, Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten.
2.
2.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). Der Eingriff in kantonales Recht bildet - soweit vorliegend interessierend - nur insofern einen eigenständigen Beschwerdegrund, als die Verletzung kantonaler verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht wird (Art. 95 lit. c BGG). Abgesehen davon kann das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung kantonalen Rechts lediglich daraufhin überprüfen, ob dadurch Bundes-, Völker- oder interkantonales Recht verletzt wird (Art. 95 lit. a, b und e BGG). In der Praxis steht die Verletzung verfassungsmässiger Rechte, insbesondere des Willkürverbots (Art. 9 BV), im Vordergrund (BGE 142 V 94 E. 1.3; 138 I 162 E. 3.3; 136 I 241 E. 2.5.2). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht, d.h. es ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids aufzuzeigen, inwiefern die entsprechenden Rechtsnormen verletzt worden sein sollen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.1; 139 I 229 E. 2.2 mit Hinweisen).
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung und damit auch der Beweiswürdigung ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich, wobei das Bundesgericht nur bei einer willkürlichen oder rechtsverletzenden vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung, deren Korrektur entscheidrelevant sein kann, eingreift (Art. 95, Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6). Entsprechende Rügen unterstehen der qualifzierten Rüge- und Begründungspflicht (vgl. E. 2.1 oben). Auf rein appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 I 73 E. 2.2; 140 III 264 E. 2.3; 139 II 404 E. 10.1).
2.3. Soweit der Beschwerdeführer die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung bezüglich drei Referenzschreiben von Freunden und seiner Integration beanstandet, sind seine Ausführungen appellatorischer Natur, denn er negiert lediglich die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung, ohne substanziiert aufzuzeigen, weshalb diese offensichtlich unhaltbar bzw. willkürlich sein soll. Darauf ist deshalb nicht weiter einzugehen. Den nachfolgenden, bundesgerichtlichen Erwägungen ist demnach der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt zugrunde zu legen.
3.
Rechtsprechungsgemäss ist das bisherige materielle Recht gemäss Art. 126 Abs. 1 AIG (bis 31. Dezember 2018: AuG) auf alle Verfahren anwendbar, welche erstinstanzlich vor Inkrafttreten des neuen Rechts eingeleitet wurden. Als Verfahrenseinleitung gilt zudem bei migrationsrechtlichen Widerrufsverfahren die Gewährung des rechtlichen Gehörs (dazu ausführlich Urteil 2C_222/2021 vom 12. April 2022 E. 2.1 f., insbes. E. 2.2.5, was sinngemäss auch vorliegend gelten muss). Da dem Beschwerdeführer in casu das rechtliche Gehör am 29. November 2016 gewährt wurde (vgl. Bst. B oben), ist vorliegend das AuG in seiner bis am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung anwendbar (AS 2007 5437 mit den seitherigen, bis am 1. Oktober 2016 in Kraft getretenen Änderungen, vgl. zuletzt AS 2016 2329).
4.
Vorliegend ist unbestritten, dass die Ehegemeinschaft des Beschwerdeführers weniger als drei Jahre bestanden hat (vgl. Bst. A.a oben), weshalb sich der Beschwerdeführer bezüglich Aufenthaltsanspruch nicht auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG berufen kann. Ein nachehelicher Härtefall im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG wird zudem vorliegend weder behauptet noch begründet. Da der Beschwerdeführer in der Schweiz nicht über potentiell durch Art. 8 EMRK geschützte familiäre Beziehungen verfügt, beruft er sich einzig auf ein Anwesenheitsrecht gestützt auf den Schutz des Privatlebens gemäss Art. 8 EMRK. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet folglich die Frage, ob der Beschwerdeführer gestützt auf das entsprechende Recht auf Achtung des Privatlebens über ein Anwesenheitsrecht in der Schweiz verfügt. Die Vorinstanz hat dies im Rahmen einer Interessenabwägung gemäss Art. 8 EMRK, insbesondere wegen der hohen Verschuldung des Beschwerdeführers, verneint.
5.
5.1. In vorgenanntem Zusammenhang rügt der Beschwerdeführer zunächst eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. BV). Er macht diesbezüglich im Wesentlichen geltend, im Rahmen der Interessenabwägung gemäss Art. 8 EMRK könne nur dann in das Recht auf Privatleben eingegriffen werden, wenn seine Verschuldung als mutwillig zu qualifizieren, d. h. der Widerrufsgrund von Art. 62 Abs. 1 lit. c AuG erfüllt sei. Diesbezüglich habe sich die Vorinstanz mit verschiedenen vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumenten, welche gegen die Mutwilligkeit sprächen, nicht auseinandergesetzt.
5.2. Entgegen dem Beschwerdeführer gebietet der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) bzw. die Begründungspflicht als dessen Teilgehalt nicht, dass sich das Gericht mit sämtlichen vorgebrachten Sachverhaltselementen bzw. Argumenten, Beweismitteln und Rügen auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann es sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Urteilsbegründung muss so abgefasst sein, dass der Betroffene das Urteil sachgerecht anfechten kann (vgl. dazu BGE 143 III 65 E. 5.2). Letzteres ist vorliegend der Fall, nimmt doch die Vorinstanz in der Urteilsbegründung ausdrücklich auf die mutwillige Verschuldung Bezug, wenn auch nicht im Sinne des Beschwerdeführers (vgl. E. 5.3 angefochtenes Urteil). Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erweist sich deshalb als unberechtigt.
6.
6.1. In der Hauptsache rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens gemäss Art. 8 EMRK und von Art. 36 Abs. 3 BV (wonach Einschränkungen von Grundrechten verhältnismässig sein müssen). Er macht im Wesentlichen geltend, er halte sich nun seit bald 17 Jahren rechtmässig in der Schweiz auf. Seine Verschuldung sei entgegen der Vorinstanz nicht mutwillig erfolgt und er sei in der Schweiz gut integriert, weshalb es an einer rechtlichen Grundlage für einen Eingriff in das Recht auf Privatleben fehle. In der Interessenabwägung überwiege sein privates Interesse am Verbleib in der Schweiz das öffentliche Interesse an seiner Wegweisung nach Pakistan, weshalb der Eingriff in Art. 8 EMRK unverhältnismässig sei.
6.2. Unbestritten ist zunächst, dass es vorliegend nicht darum geht, ob ein Aufenthaltsanspruch des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 51 Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 50 Abs. 1 AuG erloschen ist, da kein entsprechender Aufenthaltsanspruch - der erlöschen könnte - besteht (vgl. E. 4 oben). Es geht vielmehr darum, ob Gründe vorliegen, welche gemäss Art. 8 EMRK einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens rechtfertigen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass sich der Beschwerdeführer entgegen seinen Ausführungen - wie von der Vorinstanz korrekt erwogen (vgl. E. 5.4 angefochtenes Urteil) - seit rund 12 Jahren (und nicht seit bald 17 Jahren) rechtmässig in der Schweiz aufhält (ab dem Jahr der Erteilung der Aufenthaltsbewilligung bzw. 2005 [vgl. Bst. A.a oben] bis zur Verweigerung der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung im Jahr 2017 [vgl. Bst. B oben]; dem prozeduralen Aufenthalt ab Mitte April 2017 kommt rechtsprechungsgemäss - wenngleich nicht bedeutungslos - nicht derselbe Stellenwert zu wie einem bewilligten Aufenthalt, vgl. Urteil 2C_638/2018 vom 15. Juli 2019 E. 3.3).
6.3. Die EMRK verschafft keinen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt oder auf einen Aufenthaltstitel in einem bestimmten Staat. Nach einem gefestigten Grundsatz des Völkerrechts haben die Staaten das Recht, die Einwanderung und den Aufenthalt von Nicht-Staatsangehörigen auf ihrem Territorium zu regeln. Art. 8 EMRK hindert die Konventionsstaaten nicht daran, den Aufenthalt ausländischer Personen auf ihrem Staatsgebiet gemäss ihrer Regelung unter Beachtung überwiegender Interessen des Familien- und Privatlebens gegebenenfalls auch wieder zu beenden (BGE 144 I 266 E. 3.2 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR).
6.4. Unter Berufung auf Art. 8 Ziff. 1 EMRK (Achtung des Privatlebens) kann allerdings nach einer rechtmässigen Aufenthaltsdauer von rund zehn Jahren regelmässig davon ausgegangen werden, dass die sozialen Beziehungen in diesem Land so eng geworden sind, dass es für die Aufenthaltsbeendigung besonderer Gründe bedarf; im Einzelfall kann es sich freilich anders verhalten und die Integration zu wünschen übrig lassen. Ob Art. 8 EMRK im Ergebnis verletzt ist, ist im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu prüfen (BGE 144 I 266 E. 3.8 f.; vgl. Urteil 2C_614/2021 vom 18. März 2022 E. 5.3 ff.). Letztere entspricht der Verhältnismässigkeitsprüfung im Sinne von Art. 96 Abs. 1 AuG (Urteil 2C_965/2021 vom 5. April 2022 E. 4.2).
Schuldenwirtschaft bzw. mutwillige Verschuldung stellt ein legitimes öffentliches Interesse im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK dar, um einer ausländischen Person den weiteren Aufenthalt zu verweigern (vgl. Urteil 2C_834/2021 vom 24. Februar 2022 E. 5.6; 2C_370/2021 vom 28. Dezember 2021 E. 5.2.4 mit Hinweisen). Sie liegt gestützt auf Art. 62 Abs. 1 lit. c AuG (seit 1. Januar 2019: AIG) i.V.m. Art. 80 Abs. 1 lit. b aVZAE (in der im November 2016 geltenden Fassung, AS 2007 5497; heute Art. 77a Abs. 1lit. b VZAE) vor, wenn die Verschuldung selbstverschuldet und qualifiziert vorwerfbar ist, d.h. ein von Absicht, Böswilligkeit oder qualifizierter Fahrlässigkeit getragenes Verhalten vorliegt (Urteile 2C_834/2021 vom 24. Februar 2022 E. 3.2 mit Hinweisen; 2C_410/2021 vom 4. November 2021 E. 2.3). Wurde bereits eine ausländerrechtliche Verwarnung (Art. 96 Abs. 2 AuG) ausgesprochen, ist entscheidend, ob die ausländische Person danach weiterhin mutwillig Schulden angehäuft hat (bezüglich Einfluss der Lohnpfändung und des quantitativen Umfangs der Verschuldung vgl. Urteil 2C_834/2021 vom 24. Februar 2022 E. 3.3). Entscheidend ist, welche Anstrengungen zur Sanierung der finanziellen Situation unternommen worden sind. Positiv zu würdigen ist ein Schuldenabbau, negativ die weitere Anhäufung von Schulden in vorwerfbarer Weise (Urteile 2C_834/2021 vom 24. Februar 2022 E. 3.3; 2C_410/2021 vom 4. November 2021 E. 2.4).
6.5. Die Vorinstanz hat erwogen, der Beschwerdeführer sei mit Betreibungen im Betrag von Fr. 2'400.-- und Verlustscheinen im Umfang von über Fr. 133'000.-- hoch verschuldet. Die Schulden seien trotz früher Intervention der Migrationsbehörden und ausländerrechtlicher Verwarnung stetig gestiegen. Ein Schuldenabbau habe dagegen über die Jahre nur im Umfang von total Fr. 700.-- stattgefunden und sei im Verhältnis zu den gesamten Schulden vernachlässigbar. Es sei im Verantwortungsbereich des Beschwerdeführers gelegen, seine Fixkosten möglichst tief zu halten. Sein Handeln sei als qualifiziert leichtfertig zu beurteilen und stelle eine mutwillige Nichterfüllung der finanziellen Verpflichtungen bzw. einen Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 62 Abs. 1 lit. c AuG i.V.m. Art. 80 Abs. 1 lit. b aVZAE dar. Angesichts der Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers sei zukünftig keine massgebliche Schuldenreduktion zu erwarten, weshalb ein namhaftes öffentliches Interesse an der Wegweisung des Beschwerdeführers bestehe. Auch wenn er sich bereits seit 12 Jahren rechtmässig in der Schweiz aufhalte, sei seine wirtschaftliche Integration aufgrund seiner hohen Verschuldung misslungen. In der hiesigen Kultur und Gesellschaft sei der Beschwerdeführer nicht stark verankert.
Seine Rückkehr nach Pakistan sei ihm zumutbar, denn er sei erst im Erwachsenenalter in die Schweiz eingereist und habe die ersten 26 Jahre in Pakistan verbracht bzw. sei dort aufgewachsen und sozialisiert worden. Er habe sich bis in die jüngste Vergangenheit regelmässig für längere Zeit in Pakistan aufgehalten, sei mit der dortigen Sprache und Kultur nach wie vor vertraut und könne dort auf ein familiäres Netz zurückgreifen. Die Behandlung seiner Krankheit und die dafür nötigen Medikamente (vgl. Bst. A.b in fine oben) seien auch in Pakistan möglich bzw. verfügbar. Anlässlich seiner Rückkehr könne ihm zudem ein Vorrat an Medikamenten mitgegeben werden. Ausserdem sei er arbeitsfähig und könne in Pakistan ein Erwerbseinkommen erzielen.
Insgesamt überwiege vorliegend das öffentliche Interesse an der Wegweisung des Beschwerdeführers dessen privates Interesse am Verbleib in der Schweiz, weshalb dessen Wegweisung mit Art. 8 EMRK vereinbar sei.
6.6. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, überzeugt nicht: Er macht es sich zu einfach, wenn er vorbringt, aufgrund seines tiefen Lohnes habe er nicht sämtliche Lebenshaltungskosten bezahlen können; ausserdem habe er zeitweise in Luzern gearbeitet und dort (neben seinem Wohnsitz in Bern) eine zusätzliche Wohnung mieten müssen. Es war und ist Sache des Beschwerdeführers, seine Ausgaben seinen Einkommensverhältnissen anzupassen. Zudem war der Beschwerdeführer nicht gezwungen, in Luzern zu arbeiten, sondern hätte seine Tätigkeit - welche praktisch durchwegs als Servicemitarbeiter im Gastrobereich stattfand - auch in Bern ausüben können; abgesehen davon wäre es ihm auch möglich gewesen, nach Luzern zu pendeln. Eine konkrete, den Beschwerdeführer belastende Lohnpfändung wird von Letzterem weder behauptet noch ist eine solche ersichtlich. Vielmehr kann bei einer Schuldentilgung von total bloss Fr. 700.-- von einem Schuldenabbau nicht die Rede sei. Letzterer fand trotz ausländerrechtlicher Verwarnung nicht statt, sondern die Schulden von zu diesem Zeitpunkt rund Fr. 44'000.-- haben sich in der Folge nochmals verdreifacht (vgl. Bst. A.b oben). Der Schuldenberg ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass der Beschwerdeführer konsequent einen Teil seiner Rechnungen über Jahre nicht bezahlt hat, was mindestens als qualifiziert fahrlässig zu gelten hat. In quantitativer Hinsicht liegt klarerweise eine mutwillige Verschuldung vor. Die Vorinstanz hat deshalb zu Recht erwogen, dass der Beschwerdeführer den Tatbestand der mutwilligen Verschuldung erfüllt und deshalb im Rahmen der Interessenabwägung gemäss Art. 8 EMRK ein erhebliches öffentliches Interesse an dessen Wegweisung besteht.
Hinsichtlich seines privaten Interesses am Verbleib in der Schweiz ist nach dem Gesagten und auf der Basis der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung die Vorinstanz zu Recht von einer misslungenen wirtschaftlichen und sozialen Integration des Beschwerdeführers in der Schweiz ausgegangen. Auch der Einwand des Beschwerdeführers, wegen seiner Krankheit sei eine Rückkehr für ihn nach Pakistan nicht zumutbar, wurde von der Vorinstanz gestützt auf ein medizinisches Consulting des SEM bereits zutreffend widerlegt mit dem Hinweis, dass die vom Beschwerdeführer benötigte Therapie und die erforderlichen Medikamente grundsätzlich auch in Pakistan verfügbar seien (vgl. E. 5.6 angefochtenes Urteil; vgl. statt vieler Urteile 2C_306/2021 vom 20. September 2021 E. 2.4.4 und 2.5.3; 2C_940/2020 vom 9. August 2021 E. 3.3). Im Übrigen hat die Vorinstanz die Zumutbarkeit bzw. Verhältnismässigkeit der Wegweisung des Beschwerdeführers zutreffend beurteilt (vgl. E. 5.5 f. angefochtenes Urteil).
6.7. Die vorinstanzliche Schlussfolgerung, wonach vorliegend ein gegenüber dem privaten Interesse des Beschwerdeführers (am Verbleib in der Schweiz) überwiegendes öffentliches Interesse an dessen Wegweisung bestehe, welche demnach mit Art. 8 EMRK vereinbar sei, lässt sich nach dem Gesagten nicht beanstanden. Vielmehr erweist sich der Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens vorliegend als gerechtfertigt und verhältnismässig und demzufolge als konventions- und bundesrechtskonform.
7.
7.1. Im Weiteren rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege (Art. 29 Abs. 3 BV) in Bezug auf das vorinstanzliche Verfahren. Er macht im Wesentlichen geltend, aufgrund des Umstandes, dass die Vorinstanz eine Interessenabwägung bzw. Verhältnismässigkeitsprüfung vorgenommen habe, sei die Sache nicht von vornherein aussichtslos gewesen, weshalb die Vorinstanz die unentgeltliche Rechtspflege hätte gewähren müssen.
7.2. Die Vorinstanz hat das entsprechende Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgelehnt und diesbezüglich im Wesentlichen erwogen, die Sicherheitsdirektion habe in ihrem Rekursentscheid die vorliegend massgebliche Praxis zutreffend wiedergegeben und einlässlich begründet, weshalb die Aufenthaltsbeendigung auch im Lichte von Art. 8 EMRK zulässig sei. Der Beschwerdeführer habe vor der Vorinstanz hauptsächlich die Unverhältnismässigkeit gerügt, unter anderem mit dem Argument, die Schulden seien nicht mutwillig angehäuft worden, die Darlegungen der Sicherheitsdirektion jedoch nicht ernsthaft in Frage gestellt. Demnach sei es nicht so gewesen, dass sich bei Gesuchseinreichung die Gewinn- und Verlustaussichten ungefähr die Waage gehalten hätten oder jene nur geringfügig kleiner gewesen seien als diese. Vielmehr sei die Beschwerde an die Vorinstanz aussichtslos gewesen (vgl. E. 8.3 angefochtenes Urteil).
7.3. Nach Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind als aussichtslos Begehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie - zumindest vorläufig - nichts kostet. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich aufgrund einer vorläufigen und summarischen Prüfung der Prozessaussichten, wobei die Verhältnisse im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs massgebend sind (BGE 142 III 138 E. 5.1; 139 III 475 E. 2.2).
7.4. Vorliegend hat die Vorinstanz aufgrund der Sachverhaltsbasis, welche bereits im vorinstanzlichen Verfahren im Wesentlichen - insbesondere in Bezug auf die Verschuldung - unbestritten war, eine summarische Prüfung der Prozessaussichten vorgenommen. Sie ist aufgrund der Ausgangslage aus zureichenden Gründen zum Schluss gekommen, dass die Gewinnaussichten beträchtlich geringer waren als die Verlustgefahren. Dass die Vorinstanz eine Interessenabwägung bzw. Verhältnismässigkeitsprüfung vorgenommen hat, war primär dem Umstand geschuldet, dass der Beschwerdeführer sich bereits seit mehr als zehn Jahren rechtmässig in der Schweiz aufhielt, die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung verlangte und demzufolge eine allfällige Verletzung des Schutzes des Privatlebens gemäss Art. 8 EMRK zu prüfen war. Das Vorgehen und die Schlussfolgerung der Vorinstanz, wonach die unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit der Begehren abzulehnen sei, erweist sich deshalb als verfassungskonform.
Ausserdem hat der Beschwerdeführer die willkürliche Anwendung von kantonalem Recht, welches einen über Art. 29 Abs. 3 BV hinausgehenden Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege gewähren würde, weder behauptet noch begründet (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG und E. 2.1 oben).
Der Antrag auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das vorinstanzliche Verfahren ist deshalb abzuweisen.
8.
8.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet und ist abzuweisen. Aufgrund der bundesgerichtlichen Erwägungen besteht auch für den Eventual- bzw. Rückweisungsantrag kein Raum, weshalb dieser abzuweisen ist.
8.2. Die Überlegungen, aufgrund welcher die Rechtsbegehren des vorinstanzlichen Verfahrens in verfassungskonformer Weise als aussichtslos qualifiziert wurden, gelten auch in Bezug auf das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. Auch diesbezüglich erweisen sich die Anträge als aussichtslos, weshalb das entsprechende Gesuch abzuweisen ist (vgl. Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind demzufolge dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens im Betrag von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
 
Lausanne, 7. Juli 2022
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
 
Der Gerichtsschreiber: C. Quinto