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Bearbeitung, zuletzt am 05.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 8C_192/2022 vom 07.07.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
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8C_192/2022
 
 
Urteil vom 7. Juli 2022
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
 
Gerichtsschreiber Jancar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Franz Hollinger,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Aargau,
 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung
 
(Arbeitsunfähigkeit; Invalidenrente),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 10. Februar 2022 (VBE.2021.401).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. Der 1966 geborene A.________ war zuletzt vom 1. Januar 2008 bis 2. Oktober 2009 Produktionsmitarbeiter bei der B.________ AG. Am 30. Mai 2011 meldete er sich bei der IV-Stelle des Kantons Aargau zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 21. September 2011 verneinte diese einen Leistungsanspruch mangels Vorliegens einer Invalidität.
A.b. Am 16. Januar 2018 meldete sich A.________ bei der IV-Stelle erneut zum Leistungsbezug an. Diese holte u.a. ein polydisziplinäres (internistisches, pneumologisches, chirurgisches und psychiatrisches) Gutachten der PMEDA, Polydisziplinäre Medizinische Abklärungen, Zürich, vom 13. Januar 2020 und ein bidisziplinäres (pneumologisches und psychiatrisches) Gutachten der Swiss Medical Assessment- and Business-Center AG (SMAB), Bern, vom 1. März 2021 mit Ergänzung der SMAB vom 7. Juni 2021 ein. Zudem zog die IV-Stelle Stellungnahmen des Psychiaters C.________ vom 28. Juni 2021 und des Dr. med. D.________, Facharzt Arbeitsmedizin und Allgemeinmedizin, vom 7. Juli 2021, beide Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD) der IV-Stelle, bei. Mit Verfügung vom 13. Juli 2021 verneinte die IV-Stelle den Rentenanspruch.
B.
Die hiergegen von A.________ erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 10. Februar 2022 ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, in Aufhebung des kantonalen Urteils sei sein Anspruch auf eine Invalidenrente gutzuheissen. Es sei ihm eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Eventuell sei die Sache zur Festsetzung des Invaliditätsgrades an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die IV-Stelle schliesst auf Beschwerdeabweisung. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).
Als Rechtsfrage gilt, ob die rechtserheblichen Tatsachen vollständig festgestellt und ob der Untersuchungsgrundsatz bzw. die Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG beachtet wurden. Gleiches gilt für die Frage, ob den medizinischen Gutachten und Arztberichten im Lichte der rechtsprechungsgemässen Anforderungen Beweiswert zukommt (BGE 134 V 231 E. 5.1). Bei den aufgrund dieser Berichte getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit und bei der konkreten Beweiswürdigung geht es um Sachverhaltsfragen (nicht publ. E. 1 des Urteils BGE 141 V 585).
 
Erwägung 2
 
2.1. Streitig ist, ob die vorinstanzlich bestätigte Verneinung des Rentenanspruchs bundesrechtskonform ist.
2.2. Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen und die Rechtsprechung betreffend die Voraussetzungen des Rentenanspruchs (Art. 28 IVG), die Invaliditätsbemessung nach der Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) und den Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 135 V 465 E. 4.4, 134 V 231 E. 5.1, 125 V 351 E. 3a) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
Zu ergänzen ist, dass bei der Neuanmeldung der versicherten Person bei der IV-Stelle die Revisionsregeln analog anwendbar sind (Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 87 Abs. 3 IVV; BGE 141 V 585 E. 5.3 in fine; Urteil 8C_84/2022 vom 19. Mai 2022 E. 2.2.).
3.
Die Vorinstanz erwog in medizinischer Hinsicht im Wesentlichen, das SMAB-Gutachten vom 1. März und 7. Juni 2021 erfülle die praxisgemässen Anforderungen an eine beweiskräftige medizinische Beurteilungsgrundlage, weshalb darauf abzustellen sei. Gestützt darauf sei in psychischer und pneumologischer Hinsicht von einer vollen Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers in einer angepassten Tätigkeit auszugehen, wobei in der angestammten Tätigkeit aufgrund des Asthma bronchiale eine Einschränkung von 25 % bestehe. Im Übrigen habe die IV-Stelle zu Recht auf das PMEDA-Gutachten vom 13. Januar 2020 abgestellt, wonach der Beschwerdeführer aus internistischer Sicht zu 100 % (auch) in einer Verweisungstätigkeit und aus chirurgischer Sicht zu 70 % in einer angepassten Tätigkeit arbeitsfähig gewesen sei.
4.
Soweit der Beschwerdeführer auf seine Vorbringen in der vorinstanzlichen Beschwerde bloss verweist, ist dies unzulässig (BGE 143 V 168 E. 5.2.3, 134 II 244; Urteil 8C_542/2021 vom 26. Januar 2022 E. 6).
5.
Umstritten ist als Erstes, ob die Vorinstanz aus chirurgischer Sicht zu Recht von einer 70 %igen Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers in leidensangepassten Tätigkeiten ausging.
5.1. Der Beschwerdeführer wendet im Wesentlichen ein, gemäss dem PMEDA-Gutachten vom 13. Januar 2020 sei ihm eine maximale Präsenz von sechs Stunden bzw. 70 % möglich. Seine Arbeitsunterbrüche bis zu 60 Minuten nach jedem Stuhlgang führten zwangsläufig zu erheblichen Arbeitszeitverlusten. Bei durchaus zwei möglichen Stuhlgängen pro Tag und einem jeweiligen Unterbruch von 60 Minuten resultiere eine Arbeitsfähigkeit von (höchstens) 50 %. Die Vorinstanz habe sich hiermit nicht einlässlich auseinandergesetzt, sondern lediglich festgehalten, die genannten Unterbrechungen seien bereits mit der Reduktion der Arbeitsfähigkeit um 30 % aus chirurgischer Sicht berücksichtigt worden. Die vorinstanzliche Feststellung einer 70 %igen Arbeitsfähigkeit sei somit offensichtlich unrichtig.
5.2. Die Vorinstanz erwog, die vom Beschwerdeführer genannten Arbeitsunterbrechungen seien bereits mit der Reduktion der Arbeitsfähigkeit um 30 % aus chirurgischer Sicht berücksichtigt worden. Damit hat sie ihre Begründungspflicht erfüllt (hierzu vgl. BGE 143 III 65 E. 5.2).
5.3. Im chirurgischen PMEDA-Gutachten vom 13. Januar 2020 wurde festgehalten, in der bisherigen Tätigkeit sei der Beschwerdeführer seit etwa 2010 zu 100 % arbeitsunfähig. Seine Arbeit müsse eine geringe körperliche Belastung beinhalten. Ausserdem müsste eine Toilette in der Nähe sein. Der Beschwerdeführer müsste die Möglichkeit haben, nach jedem Stuhlgang zirka 30 bis 60 Minuten die Arbeit zu unterbrechen. In einer solchen Tätigkeit wäre eine maximale Präsenz von sechs Stunden bzw. ein Pensum von 70 % möglich. Während dieser Anwesenheitszeit bestehe keine Leistungseinschränkung. Die Arbeitsfähigkeit betrage 70 % bezogen auf ein 100 %iges Pensum. Diese Bewertung dürfe etwa seit 2010 gelten.
Im Lichte dieser gutachterlichen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die im Zusammenhang mit dem Stuhlgang des Beschwerdeführers erforderlichen Arbeitspausen im definierten Zumutbarkeitsprofil mit einer Arbeitsfähigkeit von 70 % bereits enthalten sind. Umstände, die einen gegenteiligen Schluss nahe legen würden, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ist zu beachten, dass der RAD-Arzt Dr. med. D.________ in der Stellungnahme vom 7. Juli 2021 ausführte, gesamthaft bestehe in angepasster Tätigkeit seit 2010 eine Arbeitsfähigkeit von 70 %. Die Einschränkungen seien in angepasster Tätigkeit massgeblich auf die Analfistelproblematik zurückzuführen (zur Aufgabe des RAD, die funktionelle Leistungsfähigkeit der versicherten Person zu beurteilen vgl. Art. 59 Abs. 2 und 2 bis IVG; Art. 49 IVV; BGE 137 V 210 E. 1.2.1, 135 V 254 E. 3.3.2). Von zusätzlichen zeitlichen Einschränkungen ging somit auch Dr. med. D.________ nicht aus. Nach dem Gesagten ist es weder offensichtlich unrichtig noch anderweitig bundesrechtswidrig, wenn die Vorinstanz zum Schluss kam, der Beschwerdeführer sei in einer leidensangepassten Tätigkeit zu 70 % arbeitsfähig.
6.
Umstritten ist weiter die arbeitsmarktliche Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers.
 
Erwägung 6.1
 
6.1.1. Gestützt auf Art. 16 ATSG (in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 ATSG) bildet Referenzpunkt bei der Invaliditätsbemessung im erwerblichen Bereich der hypothetisch als ausgeglichen unterstellte Arbeitsmarkt (BGE 147 V 124 E. 6.2), dies im Gegensatz zum effektiven. Das Abstellen auf den ausgeglichenen Arbeitsmarkt gemäss Art. 16 ATSG dient auch dazu, den Leistungsbereich der Invalidenversicherung von jenem der Arbeitslosenversicherung abzugrenzen (BGE 141 V 351 E. 5.2). Der ausgeglichene Arbeitsmarkt ist ein theoretischer und abstrakter Begriff. Er berücksichtigt die konkrete Arbeitsmarktlage nicht, umfasst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auch tatsächlich nicht vorhandene Stellenangebote und sieht von den fehlenden oder verringerten Chancen gesundheitlich Beeinträchtigter ab, tatsächlich eine zumutbare und geeignete Arbeitsstelle zu finden. Er umschliesst einerseits ein bestimmtes Gleichgewicht zwischen dem Angebot von und der Nachfrage nach Stellen; anderseits bezeichnet er einen Arbeitsmarkt, der von seiner Struktur her einen Fächer verschiedenartiger Stellen offen hält (BGE 134 V 64 E. 4.2.1 mit Hinweis; 110 V 273 E. 4b; vgl. Urteil 8C_131/2019 vom 26. Juni 2019 E. 4.2.2). Der ausgeglichene Arbeitsmarkt umfasst auch sogenannte Nischenarbeitsplätze, also Stellen- und Arbeitsangebote, bei welchen Behinderte mit einem sozialen Entgegenkommen seitens des Arbeitgebers rechnen können. Von einer Arbeitsgelegenheit kann aber dort nicht gesprochen werden, wo die zumutbare Tätigkeit nur in so eingeschränkter Form möglich ist, dass sie der ausgeglichene Arbeitsmarkt praktisch nicht kennt oder sie nur unter nicht realistischem Entgegenkommen eines durchschnittlichen Arbeitgebers möglich und das Finden einer entsprechenden Stelle daher zum vornherein als ausgeschlossen erscheint (BGE 148 V 174 E. 9.1). Das Bundesgericht lehnte es in diesem Urteil mit Blick auf die am Begriff des ausgeglichenen Arbeitsmarktes geübte Kritik ausdrücklich ab, die zitierte Rechtsprechung zu ändern (vgl. auch Urteil 8C_55/2022 vom 19. Mai 2022 E. 4.3).
6.1.2. Der Einfluss des Lebensalters auf die Möglichkeit, das verbliebene Leistungsvermögen auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt zu verwerten, lässt sich nicht nach einer allgemeinen Regel oder starren Altersgrenze bemessen, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. SVR 2021 IV Nr. 26 S. 80, 8C_416/2020 E. 4; Urteil 8C_535/2021 vom 25. November 2021 E. 5.3.1).
Das fortgeschrittene Alter stellt einen invaliditätsfremden Faktor dar. Dennoch kann es rechtsprechungsgemäss zusammen mit weiteren persönlichen und beruflichen Gegebenheiten dazu führen, dass die einer versicherten Person verbliebene Resterwerbsfähigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt realistischerweise nicht mehr nachgefragt wird, und dass ihr deren Verwertung auch gestützt auf die Selbsteingliederungslast nicht mehr zumutbar ist (vgl. BGE 145 V 2 E. 5.3.1, 138 V 457 E. 3.1 f.). Massgebend können dabei die Art und Beschaffenheit des Gesundheitsschadens und seiner Folgen, der absehbare Umstellungs- und Einarbeitungsaufwand und in diesem Zusammenhang auch Persönlichkeitsstruktur, vorhandene Begabungen und Fertigkeiten, Ausbildung, beruflicher Werdegang oder Anwendbarkeit von Berufserfahrung aus dem angestammten Bereich sein (BGE 145 V 2 E. 5.3.1; Urteil 8C_535/2021 vom 25. November 2021 E. 5.3.2).
6.1.3. Es stellt eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage dar, ob der versicherten Person die Verwertung ihrer Restarbeitsfähigkeit auf dem massgebenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt nach allgemeiner Lebenserfahrung noch zumutbar ist (BGE 140 V 267 E. 2.4; Urteil 8C_55/2022 vom 19. Mai 2022 E. 4.1). An die Konkretisierung von Arbeitsgelegenheiten und Verdienstaussichten sind jedoch keine übermässigen Anforderungen zu stellen (BGE 138 V 457 E. 3.1; SVR 2016 IV Nr. 58 S. 190, 8C_910/2015 E. 4.2.1; Urteil 8C_369/2021 vom 28. Oktober 2021 E. 6.1).
6.2. Der Beschwerdeführer machte bereits vorinstanzlich geltend, seine Restarbeitsfähigkeit sei auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nicht realisierbar. Zu diesem Einwand nahm die Vorinstanz nicht Stellung. Von einer Rückweisung der Sache an sie ist dennoch abzusehen. Denn die Prüfung der Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit ist - wie gesagt - eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage, und die Rückweisung würde einen formalistischen Leerlauf und damit unnötige Verzögerungen nach sich ziehen, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse des Beschwerdeführers an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren sind (vgl. BGE 137 I 195 E. 2.3.2; Urteile 9C_109/2020 vom 17. November 2020 E. 4 und 8C_133/2019 vom 20. August 2019 E. 4.3.2).
 
Erwägung 7
 
7.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, bei seiner Arbeit müsse eine Toilette in der Nähe sein und er müsse die Möglichkeit haben, nach jedem Stuhlgang ca. 30 bis 60 Minuten die Arbeit zu unterbrechen. Kein Arbeitgeber werde ihn für das Herumsitzen nach den Stuhlgängen bezahlen. Im Weiteren dürfe die angepasste Tätigkeit gemäss dem pneumologischen Gutachten vom 16. Februar 2021 keine Exposition von Inhaltsnoxen (Rauch, Stäube, Dämpfe, Hitze, Kälte, starke Gerüche) zur Folge haben und sollte körperlich leicht bis höchstens mittelschwer (Tragen von Lasten/Heben über 10 kg nicht dauernd) und am besten mehrheitlich sitzend sein, aber nicht permanent stehend ausgeübt werden können. Gemäss dem chirurgischen PMEDA-Gutachten vom 13. Januar 2020 müsse die Arbeit sogar nur eine geringe körperliche Belastung beinhalten. Es liege auf der Hand, dass für ihn keine konkreten Arbeitsmöglichkeit existierten bzw. kein potenzieller Arbeitgeber ihn einstellen würde. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass er eine mangelhafte Schulbildung und keine Ausbildung (Lehre) absolviert habe, seit über zehn Jahren nicht mehr erwerbstätig sowie bereits 56 Jahre alt sei. Dies sei zwar ein invaliditätsfremder Faktor, könne aber trotzdem rechtserheblich sein. Denn die Ausbildung gehöre praxisgemäss zu jenen Eigenschaften, die zusammen mit den weiteren persönlichen und beruflichen Gegebenheiten dazu führen könne, dass die verbliebene Restarbeitsfähigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt realistischerweise nicht mehr gefragt und deren Verwertung auch gestützt auf die Selbsteingliederungspflicht nicht mehr zumutbar sei. Verwaltung und Vorinstanz hätten seine mangelhafte Schulbildung und Ausbildung gewichten müssen, was sie jedoch unterlassen hätten.
 
Erwägung 7.2
 
7.2.1. Der Zeitpunkt, in welchem die Frage nach der Verwertbarkeit der (Rest-) Arbeitsfähigkeit bei vorgerücktem Alter beantwortet wird, richtet sich nach dem Feststehen der medizinischen Zumutbarkeit einer (Teil-) Erwerbstätigkeit. Als ausgewiesen gilt die medizinische Zumutbarkeit einer (Teil-) Erwerbstätigkeit, sobald die medizinischen Unterlagen diesbezüglich eine zuverlässige Sachverhaltsfeststellung erlauben (BGE 146 V 16 E. 7.1 mit Hinweisen; Urteil 8C_535/2021 vom 25. November 2021 E. 4.1).
Zieht man die SMAB-Stellungnahme vom 7. Juni 2021 als Zeitpunkt des Feststehens der medizinischen Zumutbarkeit heran, verblieben dem am 5. Oktober 1966 geborenen Beschwerdeführer noch rund zehn Jahre bis zum Erreichen des ordentlichen Pensionsalters. Diese Aktivitätsdauer reicht grundsätzlich - selbst bei einer Restarbeitsfähigkeit im Umfang von 70 % (vgl. E. 5.3 hiervor) - aus, um eine neue einfache Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sich einzuarbeiten und die Arbeit auszuüben (vgl. Urteil 8C_535/2021 vom 25. November 2021 E. 5.4.1). Insbesondere erfordert das von der Vorinstanz im Rahmen des Einkommensvergleichs (siehe E. 8 hiernach) zur Bestimmung des trotz Gesundheitsschadens erzielbaren Invalideneinkommens herangezogene Kompetenzniveau 1 (einfache und repetitive Tätigkeiten) im Wirtschaftszweig "Total" gemäss der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) meist keine lange Einarbeitungszeit (vgl. auch Urteil 8C_482/2010 vom 27. September 2010 E. 4.3).
7.2.2. Auch die vom Beschwerdeführer geltend gemachte mangelhafte Schulbildung und fehlende Ausbildung in Form einer Lehre wirken sich bei den ihm zumutbaren Tätigkeiten im Kompetenzniveau 1 nicht negativ aus (vgl. auch Urteil 8C_48/2021 vom 20. Mai 2021 E. 4.3.4).
7.2.3. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er habe seit über zehn Jahren nicht mehr gearbeitet, ist zu beachten, dass er gemäss den Stellungnahmen der RAD-Ärzte C.________ vom 28. Juni 2021 und Dr. med. D.________ sowie gemäss den Gutachten der SMAB vom 1. März/7. Juni 2021 und der PMEDA vom 13. Januar 2020 seit dem Jahr 2010 in einer leidensangepassten Tätigkeit zu 70 % arbeitsfähig gewesen wäre. Unter diesen Umständen kann er im Hinblick auf seine Schadenminderungspflicht (vgl. BGE 141 V 642 E. 4.3.2) aus seiner langjährigen Nichterwerbstätigkeit nichts zu seinen Gunsten ableiten (vgl. auch Urteile 8C_704/2018 vom 31. Januar 2019 E. 6.2 und 8C_96/2014 vom 23. Mai 2014 E. 6.3).
7.2.4. Nicht stichhaltig ist weiter die Berufung des Beschwerdeführers auf seine notwendigen Arbeitsunterbrechungen im Rahmen des Stuhlgangs (vgl. E. 5.3 und E. 7.1 hiervor). Denn der ausgeglichene Arbeitsmarkt bietet durchaus Stellen, an denen die erwerbstätige Person bei ausgewiesenem Bedarf Pausen einlegen kann (Urteil 9C_366/2021 vom 3. Januar 2022 E. 4.3 mit Hinweis).
Auch unter Berücksichtigung des im pneumologischen Gutachten vom 16. Februar 2021 erstellten Zumutbarkeitsprofils, das vom Beschwerdeführer richtig wiedergegeben wurde (vgl. E. 7.1 hiervor), ist die ihm verbliebene Leistungsfähigkeit nicht derart eingeschränkt, dass ihm auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nur noch unrealistische Betätigungsmöglichkeiten offen stehen würden.
7.2.5. Nach dem Gesagten ist die Restarbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers auf dem massgebenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt verwertbar.
8.
Gegen den vorinstanzlichen Einkommensvergleich, der einen rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 30 % ergab, bringt der Beschwerdeführer keine Einwände vor. Weiterungen hierzu erübrigen sich somit.
9.
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege kann ihm gewährt werden (Art. 64 BGG). Er hat der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. Rechtsanwalt Franz Hollinger wird als unentgeltlicher Anwalt des Beschwerdeführers bestellt.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.
 
4.
 
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2800.- ausgerichtet.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und der Stiftung Auffangeinrichtung BVG, Zürich, schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 7. Juli 2022
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Wirthlin
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar