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BGE 1 I 95 - Eherecht trotz liederlichen Lebenswandels


Sachverhalt
A.
B.
C.
D.
E.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Erwägung 1
Erwägung 2
Erwägung 3
Demnach hat das Bundesgericht
erkannt:
Bearbeitung, zuletzt am 02.08.2022, durch: Loic Stucki, A. Tschentscher
 
BGE 1 I 43 (43)10. Urtheil
 
vom 22. März 1875 in Sachen Blumer.
 
 
Sachverhalt
 
 
A.
 
Durch Beschluß der Haushaltungskommission des Kantons Glarus vom 1. September 1871 ist das steuerpflichtige Vermögen des F. Blumer von 300,000 Fr. auf 250,000 Fr. reduzirt worden, weil sich ergab, daß derselbe als Antheilhaber der Firma Blumer & Comp. in Mailand die Hälfte einer Einkommensteuer von 3000 Fr. zu bezahlen habe.
 
B.
 
Im Jahre 1873 wurde das steuerpflichtige Vermögen des Petenten auf 300,000 Fr. angesetzt und diese Taxation von der Steuerkommission am 16. September 1873 bestätigt. Hiegegen ergriff derselbe Rekurs an die Obersteuerkommission und verlangte, daß sein steuerbares Vermögen auf 210,000 Fr. reduzirt werde, weil er 1) in Mailand nunmehr 6000 Fr. Einkommensteuer zu bezahlen habe, was mit der Versteuerung eines Vermögens von 100,000 Fr. gleichwerthig sei und 2) als Mitglied der Central-Colorado-Inprovement-Compagnie in Amerika einen Grundbesitz von 40,000 Fr. versteuern müsse. Durch Beschluß vom 16./18. Oktober 1873 wies jedoch die Obersteuerkommission den Rekurs ab und beharrte auf erneuerte Vorstellung des Petenten bei dieser Abweisung, weil, wie es in dem Bescheid vom 4. November 1873 heißt, Petent unterlassen habe, das durch §. 17 des Steuergesetzes geforderte Vermögensinventar innert der gesetzlichen Frist einzureichen.BGE 1 I 43 (43)
 
BGE 1 I 43 (44)C.
 
Im Jahre 1874 erneuerte Petent seine Beschwerde über die Taxation, wurde aber wiederum durch Beschluß der Obersteuerkommission vom 28. September und 22. Oktober 1874 abgewiesen, weil derselbe den Nachweis nicht geleistet habe, daß sein Vermögensbestand seit einigen Jahren sich geändert habe, beziehungsweise er auswärts mehr versteuere als früher und das eingereichte Inventar theils unvollständig, theils offenbar unrichtig sei.
 
D.
 
Friedrich Blumer hat nun den Rekurs an das Bundesgericht ergriffen und das Begehren gestellt, daß unter Aufhebung der Verfügungen der Obersteuerkommission anerkannt werde:
I. Er, Rekurrent, sei nicht pflichtig, dasjenige Vermögen, welches in Italien der staatlichen Einkommensteuer und im Territorium Colorado der staatlichen Grundsteuer unterworfen sei, auch im Kanton Glarus zu versteuern, ohne Rücksicht darauf, wie viel jenes Vermögen betrage und unter welcher Firma dasselbe versteuert werde, und
II. er sei auch nicht gehalten, das bezeichnete Vermögen auf das Inventar des im Kanton Glarus steuerbaren Vermögens aufzutragen.
Zur Begründung dieses Begehrens beruft Petent sich auf Art. 46 der Bundesverfassung, welcher die Doppelbesteuerung im Prinzipe verbiete. Er behauptet, eine Doppelbesteuerung liege unzweifelhaft vor, wenn das gleiche Vermögen, welches in einem auswärtigen Staate besteuert werde, auch im Kanton Glarus versteuert werden müsse, nicht blos dann, wenn ein und dasselbe Vermögensobjekt in verschiedenen Kantonen der Schweiz zur Steuer herangezogen werde. -- Dieser Ansicht huldige auch das glarnerische Steuergesetz, dessen §. 6 von der Steuerpflicht ausdrücklich ausnehme:
    "Das Vermögen glarnerischer Einwohner, welches nach bestehendem Bundesstaatsrecht oder anerkannten internationalen Rechtsgrundsätzen an einem andern Orte versteuert werden muß und dort erwiesenermaßen einer staatlichen Vermögens-, Einkommen- oder Grundsteuer unterworfen ist."BGE 1 I 43 (44)
 
BGE 1 I 43 (45)E.
 
Die Standeskommission von Glarus bemerkt in ihrer Antwort, da der Art. 46 der Bundesverfassung noch nicht in Kraft getreten sei, so müssen für das Bundesgericht diejenigen Grundsätze maßgebend sein, welche vorher in der Praxis der Bundesbehörden gegolten haben und erscheine dasselbe daher nur in solchen Fällen kompetent, in denen kraft jener Grundsätze bisher der Bundesrath, beziehungsweise die Bundesversammlung, einzuschreiten gehabt hätte. Nun sei es aber vollständig klar, daß die Bundesversammlung ihre Kompetenz nur als bestehend erachtet habe, wenn sich ein Doppelbesteuerungsfall als ein Konflikt zwischen zwei Kantonen dargestellt habe. Dieser Gesichtspunkt treffe aber im vorliegenden Falle offenbar nicht zu und sei daher anzunehmen, daß derselbe nicht zur Kognition des Bundesgerichtes gehöre.
Die Obersteuerkommission des Kantons Glarus erwidert auf die Beschwerde, daß es sich im vorliegenden Falle nicht sowohl darum handle, ob Petent denjenigen Theil seines Vermögens, welcher angeblich im Ausland liege, im Kanton Glarus zu versteuern habe, als vielmehr um die Frage, ob Friedrich Blumer ein im Kanton Glarus versteuerbares Vermögen von 300,000 Fr. besitze oder nicht. Trotz der vielen Skripturen und Auslassungen desselben habe sie sich nicht davon überzeugen können, daß das im Kanton zu versteuernde Vermögen weniger betrage, zumal Friedrich Blumer, trotzdem er ausdrücklich auf den §. 17 des Steuergesetzes verwiesen worden sei, sich nie dazu herbeigelassen habe, ein vollständiges Inventar seines Vermögens vorzulegen.
 
 
Erwägung 1
 
1. Ungeachtet der Art. 46 der Bundesverfassung zur Zeit noch nicht in Kraft getreten ist, hat das Bundesgericht sich schon wiederholt kompetent erklärt, wenn es sich um Doppelbesteuerung handelte und insoweit gegen dieselbe Schutz gewährt, als nach bisherigem Bundesrechte eine Doppelbesteuerung der nämlichen Person und für die gleichen Vermögensobjekte nicht zugelassen worden ist. In diesem Sinne haben auch im vorliegenden Falle beide Parteien die Zuständigkeit des Bundesgerichtes anerkannt.BGE 1 I 43 (45)
 
2. Nun haben die Bundesbehörden schon zur Zeit der frühern Bundesverfassung in einem Falle (Entscheid der Bundesversammlung in Sachen der Erben der Luise Braun vom 17/23. Januar 1863) sich dahin ausgesprochen, daß das Grundeigenthum eines hiesigen Einwohners, welches im Auslande liege und dort steuerpflichtig sei, in der Schweiz nicht besteuert werden dürfe. Mit Bezug auf das bewegliche Vermögen eines in der Schweiz wohnhaften Bürgers hat dagegen das bisherige Bundesrecht fortwährend anerkannt, daß dasselbe am Wohnorte des Inhabers zu versteuern sei und nur insofern eine unzulässige Doppelbesteuerung angenommen, als die Steuergesetze zweier oder mehrerer Kantone auf denselben anwendbar waren und daher ein Konflikt zwischen der Steuerhoheit verschiedener Kantone sich ergab.
 
Erwägung 3
 
3. Hievon ausgegangen erscheint die vorliegende Beschwerde unbegründet. Denn Rekurrent hat nicht nachgewiesen, daß er persönlich in Amerika Grundeigenthum besitze und zu versteuern habe und was sein bewegliches Vermögen, welches im Auslande angelegt ist, betrifft, so kann Petent seine Beschwerde weder auf das bisherige Bundesrecht, noch auf einen Staatsvertrag stützen.
 
Demnach hat das Bundesgericht
erkannt:
 
Die Beschwerde ist als unbegründet abgewiesen.