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BGE 1 I 95 - Eherecht trotz liederlichen Lebenswandels


Sachverhalt
A.
B.
C.
Erwägungen
Erwägung 1
1. Da sowohl der Kanton Schaffhausen als das Reich Oeststreich-Un ...
Erwägung 2
2. Der bisherigen bundesrechtlichen Praxis liegt nämlich unv ...
Erwägung 3
3. Dieselbe müßte aber auch abgewiesen werden, wenn Re ...
Erwägung 4
4. Endlich kann sich Rekurrent auch nicht auf den zwischen der Sc ...
Dispositiv
Demnach hat das Bundesgericht
erkennt:
Bearbeitung, zuletzt am 02.08.2022, durch: Evan Emerson, A. Tschentscher
 
BGE 2 I 383 (383)89. Urtheil
 
vom 11. November 1876 in Sachen Karsten.
 
 
Sachverhalt
 
 
A.
 
Rekurrent, Inhaber einer österr. Pension von 3000 fl. ö. W., wohnt seit 1872 in der Stadt Schaffhausen. Bis zum Jahre 1875 war er lediglich Aufenthalter; in letzterm Jahre wurde er aber angehalten, die Niederlassung zu erwerben und daraufhin von der Steuerkommission auf 4000 Fr. steuerpflichtiges Einkommen taxirt. Dr. Karsten beschwerte sich hierüber beim Stadtrathe von Schaffhausen, indem er seine Pension schon in OestBGE 2 I 383 (383)BGE 2 I 383 (384)reich versteuern müsse und es daher sowohl unbillig, als auch dem Art. 46 der Bundesverfassung zuwider sei, wenn er von derselben auch in Schaffhausen Steuern bezahlen müsse. Allein der Stadtrath von Schaffhausen wies die Beschwerde ab, und das gleiche Schicksal hatte der von Dr. Karsten an den dortigen Regierungsrath ergriffene Rekurs, indem letztere Behörde durch Beschluß vom 17. Mai v.J. fand, daß Dr. Karsten als Niedergelassener in Schaffhausen dem dortigen Steuergesetze, welches in Art. 11 den jährlichen Ertrag von Pensionen als steuerpflichtiges Einkommen erkläre, unterworfen sei und eine Verletzung des Art. 46 deßhalb nicht vorliege, weil derselbe noch nicht in Kraft erwachsen sei und überdieß auf Ausländer keine Anwendung finde.
 
B.
 
Hierüber beschwerte sich Dr. Karsten beim Bundesgerichte und verlangte, daß ihm gemäß Art. 46 der Bundesverfassung Schutz gewährt und der Entscheid des Regierungsrathes von Schaffhausen aufgehoben werde. Zur Begründung brachte er vor: Er sei k.k. österr. Staatsbürger und habe dargethan, daß von seiner Pension von 3000 fl. in seiner Heimat jeweilen die dort gesetzlichen Steuern, nämlich 117 fl. Einkommenssteuer und 10 fl. Stempelsteuer abgezogen werden. Er glaube nun um so eher berechtigt zu sein, sich von der geforderten Staats- und Gemeindesteuer befreit zu sehen, als auch bisher im Kanton Schaffhausen das im Auslande liegende und dortseits erwiesenermaßen schon besteuerte Vermögen von Schaffhausern nicht mehr zur Steuer herangezogen werde, ohne Rücksicht darauf, ob Staatverträge ausdrücklich eine solche Befreiung aussprechen oder nicht. Ueberdieß habe er amtlich konstatiren lassen, daß von Schweizern in Oestreich keine Steuer von denjenigen Vermögensstücken gefordert werde, welche schon in der Schweiz der Besteuerung unterliegen, also den Schweizern in Oestreich keinerlei Doppelbesteuerung auferlegt werde. Dieses Verfahren habe auch seine Bestätigung gefunden in dem Vertrage zwischen der Schweiz und Oestreich vom 7. Dezember 1875, resp. 7. April 1876, und endlich haben verschiedene Entscheide des Bundesgerichtes in Sachen Doppelbesteuerung ihn in der Ansicht bestärkt, daß das Verfahren der Schaffhauser Behörden unzulässig sei.BGE 2 I 383 (384)
 
BGE 2 I 383 (385)C.
 
Die Regierung von Schaffhausen trug auf Abweisung der Beschwerde an, indem sie auf dieselbe entgegnete: Allerdings befreie Art. 10 des schaffhauser Steuergesetzes das auswärts liegende Kapitalvermögen, sofern es erwiesenermaßen auswärts steuerpflichtig sei, von der dortigen Besteuerung; allein hier handle es sich nicht um Kapitalvermögen, sondern um eine Pension, auf welche Art. 11 jenes Gesetzes Anwendung finde, welcher vorschreibe:
    "Steuerpflichtig ist alles Einkommen, welches das Ergebniß einer Berufsthätigkeit ist, sowie jeder jährliche Ertrag von Pensionen und Renten nach ihrem Betrage, woher immer sie auch bezogen werden mögen."
Aber auch auf Grund der Bundesverfassung sei das Begehren des Rekurrenten ein ungerechtfertigtes; denn abgesehen davon, daß Art. 46 der Bundesverfassung noch nicht in Kraft bestehe, könnte Rekurrent sich wegen Doppelbesteuerung nur insofern beschweren, als er Schweizerbürger wäre. Da er jedoch ein Ausländer sei und zudem einem Staate angehöre, welcher zur Zeit der Steuerforderung mit der Schweiz noch in keinem Vertragsverhältnisse gestanden habe, könne von einer Doppelbesteuerung hier nicht wohl die Rede sein.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
Erwägung 1
 
 
Erwägung 2
 
2. Der bisherigen bundesrechtlichen Praxis liegt nämlich unverkennbar die Erwägung zu Grunde, daß das Wesen des Bundesstaates und die in der Bundesverfassung sanktionirten Prinzipien des allgemeinen Schweizerbürgerrechtes und derBGE 2 I 383 (385) BGE 2 I 383 (386)freien Niederlassung eine Beschränkung der Steuerhoheit der Kantone insoweit erfordern, daß nicht in Folge gleichzeitiger Anwendung verschiedener kantonaler Steuergesetzgebungen das gleiche Vermögensstück einer Person im Gebiete der Schweiz einer doppelten Besteuerung unterworfen werden könne. Ein Fall unzulässiger Doppelbesteuerung wurde demnach immer nur dann als vorhanden erachtet, wenn die Steuergesetzgebungen zweier oder mehrerer Kantone auf die Besteuerung des gleichen Objektes Anspruch machten, und es sind solche Konflikte stets dahin gelöst worden, daß das unbewegliche Vermögen da versteuert werden müsse, wo das Grundeigenthum liege, das bewegliche dagegen da, wo der Eigenthümer seinen Wohnsitz habe. Was dagegen das im Auslande befindliche Vermögen oder das aus dem Auslande herrührende Einkommen eines Einwohners der Schweiz betrifft, so ist insbesondere mit Bezug auf das bewegliche Vermögen das Recht der Kantone zu dessen Besteuerung stets unbedingt anerkannt worden, und es ist auch ohne Weiters klar, daß die ratio der bisherigen bundesrechtlichen Praxis auf denjenigen Fall nicht zutrifft, wo, wie in concreto, eine ausländische und eine inländische Steuergesetzgebung die gleiche Sache der Besteuerung unterwerfen und in Folge dieses Umstandes eine Doppelbesteuerung eintritt. Die Beschwerde erscheint also schon von diesem Gesichtspunkte aus als unbegründet.
 
Erwägung 3
 
 
Erwägung 4
 
 
Dispositiv
 
 
Demnach hat das Bundesgericht
erkennt:
 
Die Beschwerde ist als unbegründet abgewiesen.BGE 2 I 383 (387)